Eishockey-WM

ÖEHV-Team gelingt historischer Coup

Österreichs Nationalmannschaft hat bei der Eishockey-WM in Tampere nach dem sensationellen Punkt gegen die USA einen historischen Erfolg nachgelegt. Das Team von Roger Bader setzte sich am Dienstag gegen den sechsfachen Weltmeister Tschechien mit 2:1 im Penaltyschießen durch und feierte damit im 20. Versuch den ersten Sieg seit der Unabhängigkeit des Nachbarn 1993. Peter Schneider verwertete den entscheidenden Penalty, nachdem sich Österreich wenige Sekunden vor dem Schluss zum Ausgleich gekämpft hatte.

Vor 3.264 Zuschauern zeigten die Österreicher am Ende jenes „perfekte Spiel“, das sich Teamchef Bader vor der Partie gewünscht hatte. Ein Stellungsfehler der österreichischen Abwehr hatte Roman Cervenka im ersten Drittel (18.) zwar die tschechische Führung ermöglicht, doch mit aufopferndem Kampf erzwangen die Österreicher exakt 37,6 Sekunden vor der Schlusssirene dank Brian Lebler noch den verdienten Ausgleich. Im Shootout wurde Schneider zum Matchwinner.

Dank der historischen zwei Punkte gegen Tschechien und dem nicht weniger sensationellen Zähler gegen die USA ist der Klassenerhalt für Österreich zum Greifen nahe. Die Chance, den nächsten Riesenschritt dahin zu machen, haben Bader und seine Mannschaft bereits weniger als 24 Stunden nach dem kräftezehrenden Duell mit den Tschechen. Am Mittwoch (Übertragung ab 15.15 Uhr, live in ORF1) wartet Norwegen: ein an einem guten Tag schlagbarer Gegner, der allerdings seit Jahren Stammgast in der A-Gruppe ist.

Österreich schlägt Tschechien

Österreichs Eishockeyteam hat am Dienstag in seinem dritten Spiel bei der WM in Finnland für eine Überraschung gesorgt. Die Mannschaft von Teamchef Roger Bader gewann in der Nokia Arena von Tampere sensationell gegen den sechsfachen Weltmeister Tschechien im Penaltyschießen mit 2:1. Die rot-weiß-rote Auswahl holte damit zwei Punkte.

„Ich bin stolz auf zwei Dinge, erstens auf die sehr gute Leistung und zweitens, dass wir auch die Auszahlung in Form des Sieges erhalten haben. Wir haben nach 40 Minuten beim Stand von 0:1 auch gesagt, wir wollen keine ehrenvolle Niederlage, sondern wir wollen dieses Spiel noch gewinnen“, sagte Teamchef Bader im ORF-Interview. Der Blick des Schweizers war aber auch gleich wieder nach vorne gerichtet: „Norwegen ist für uns ein wichtiges Spiel, wenn wir gewinnen, können wir einen großen Schritt machen.“

Später Ausgleich durch Brian Lebler

Der Torjäger stochert eine halbe Minute vor Spielende den Puck über die Linie und bringt Österreich damit in die Verlängerung

Baumgartner-Ausfall mischt Linien durch

Aufgrund des Ausfalls von Benjamin Baumgartner sahen Baders Sturmreihen doch deutlich anders aus als zuvor. Einzig die Linie mit Lebler, Lukas Haudum und Marco Kasper hatte hohen Wiedererkennungswert. Paul Huber, Benjamin Nissner und Schneider bildeten ebenso einen Block wie Manuel Ganahl, Ali Wukovits und Nico Feldner. Debütant Simeon Schwinger und Oliver Achermann standen mit Nico Brunner – einem gelernten Verteidiger – als vierte Linie auf dem Spielbericht. Brunner konnte im Sturm einspringen, weil Clemens Unterweger erstmals einsatzbereit war.

Wenig überraschend durften die mitgereisten österreichischen Fans diesmal wieder Bernhard Starkbaum eine sichere Fanghand und schnelle Reflexe wünschen. Der 36-jährige Routinier löste David Kickert im Tor ab, der diesmal freihatte und sich wohl geistig auf einen Einsatz gegen Norwegen am Mittwoch vorbereiten durfte. Das galt auch für Thomas Raffl. Der Kapitän bekam in Hinblick auf die erste Schlüsselpartie im Kampf um den Klassenerhalt ebenfalls einen Tag mehr Ruhe.

Österreich hält lange die Null

Der Respekt, den sich die Österreicher in den ersten beiden Spielen erarbeitet hatten, war auch gegen Tschechien zu sehen. Der Favorit übernahm zwar wenig überraschend sofort das Kommando und stieg aufs Gas, agierte jedoch mit einer gewissen Vorsicht in seinen Angriffen. Offensiv brannte das rot-weiß-rote Spiel auf der Gegenseite gegen die technisch versierte Abwehr der Tschechen zwar auf Sparflamme, Nissner fand trotzdem zwei gute Einschussgelegenheiten vor, verfehlte aber einmal das Tor (7.) und einmal die Scheibe knapp (10.).

Defensiv machten die Österreicher dem Favoriten das Leben wieder so schwer wie möglich und hatten auch lange das Glück des Tüchtigen. So wurde in der achten Minute das vermeintliche 1:0 nach einem erfolgreichen Einspruch von Teamchef Bader aberkannt. Tomas Hertl hatte Starkbaum vor dem Abstauber von Matej Stransky eindeutig von den Beinen geholt. Dann bewahrte die Stange Österreich bei einem mächtigen Schlagschuss von Filip Hronek vor dem Rückstand (14.).

Zum Achtungserfolg eines 0:0 nach 20 Minuten fehlten letztlich genau 2:01 Minuten. Denn einer jener Fehler, der einer Mannschaft wie Österreich gegen ein Weltklasseteam zwangsläufig immer wieder passiert, brachte den Tschechen die Führung. Im Kampf um die Scheibe an der Bande überzuckerte Matej Blümel, das die Abwehr Cervenka in der Mitte völlig vergessen hatte. Der Routinier ließ sich nicht zweimal bitten und ließ Starkbaum aus kurzer Distanz keine Chance (18.).

1:0 durch Roman Cervenka

Der tschechische Routinier nutzt den freien Raum und lässt Starkbaum keine Chance

Mitteldrittel auf Augenhöhe

Der späte Treffer der Tschechen hatte aber anders als noch in der Vergangenheit keine verheerenden Auswirkungen auf den Zustand der ÖEHV-Truppe. Denn die Österreicher kamen sogar gestärkter aus der Kabine, zumindest drängte sich der Eindruck auf. Der Außenseiter verbiss sich regelrecht in den Gegner und hielt die Tschechen mit allen erlaubten Mitteln vom Tor weg. Dazu präsentierte sich auch Goalie Starkbaum hellwach. Begleitet von „Immer wieder Österreich“-Gesängen sahen die Fans in der Nokia Arena einen ausgeglichenen Mittelabschnitt, der eigentlich nicht zur Papierform passte.

Torwart Bernhard Starkbaum in Aktion
AP/Lehtikuva/Vesa Moilanen
Starkbaum hielt in Kombination mit der Stange den Rückstand bis zum Schluss bei einem Tor

Die Österreicher hielten nicht nur mit, sondern kamen auch zu Torchancen, wie 12:16 Schüsse bewiesen. Den größten Sitzer vergab dabei Lebler, bei dessen Schuss nach einem Abpraller gerade noch ein Schläger dazwischen war (29.). Dann haute auch „Ersatzstürmer“ Brunner nach einem Konter über die Scheibe anstatt diese ins Tor (36.). Es wäre aber nur der Anschlusstreffer zum 1:2 gewesen, denn unmittelbar davor rettete die Stange bei einem Schlagschuss des langjährigen Stars der Boston Bruins, David Krejci, den Österreichern erneut die Haut (35.).

Lebler stochert Österreich ins Glück

Den Tschechen war eine gewisse Ratlosigkeit anzusehen, den Arbeitstag gegen den Underdog hatte man sich sicher deutlich stressfreier vorgestellt. Denn auch im letzten Abschnitt wehrten sich die Österreicher mit Einsatz und Fortuna – Starkbaum hatte Glück, dass nach einer Abwehr gegen Jakub Flek kein weiterer Tscheche einschussbereit war (46.) – gegen einen höheren Rückstand. Die Chance auf eine neuerliche Sensation blieb damit am Leben.

Trotz des Wissens, in weniger als 24 Stunden mit Norwegen den nächsten Gegner vor der Brust zu haben, kämpften die Österreicher bis zur Schlusssirene verbissen um den Ausgleich und zumindest einen Zähler. Und exakt 37,6 Sekunden vor dem Schluss wurde Rot-Weiß-Rot dann belohnt. Lebler stocherte den Puck nach einem Schuss von Schneider zum umjubelten Ausgleich über die Linie. Weil dieser Treffer auch dem Videocheck standhielt und die Österreicher die Konzentration nicht schleifen ließen, war zumindest ein Punkt Gewissheit – der erste gegen Tschechien bei einer WM überhaupt.

Peter Schneider, Brian Lebler und Marco Kasper (AUT) jubeln
GEPA/Daniel Goetzhaber
Assistent Schneider (l.) war der erste Gratulant bei Lebler nach dessen Kraftakt

Schneider fixiert historischen Sieg

Jetzt brauchten die österreichischen Fans keine Aufforderung des Hallensprechers mehr, sie waren mehr als „bereit zu schreien“, während die tschechischen Anhänger es kaum glauben konnten, was sich abgespielt hatte. Und die Mienen verfinsterten sich noch mehr, als die Entscheidung nach torloser Verlängerung im Penaltyschießen fallen musste. Nachdem ausgerechnet der ehemalige Tschechien-Legionär Schneider Karel Vemeljka austanzte und Starkbaum alle Versuche des Favoriten entschärft hatte, waren die tschechische Ernüchterung und der rot-weiß-rote historische Erfolg perfekt.

Stimmen zum Spiel:

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Peter Schneider (Penalty-Torschütze): „Es ist ein Wahnsinn. Ich bin superstolz auf die Jungs und glücklich, weil wir uns das wirklich verdient haben. Wir haben so hart gearbeitet und unzählige Stunden damit verbracht, über unser System zu reden. Jetzt ist das heute alles zusammengekommen, und wir haben uns endlich belohnt.“

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Bernhard Starkbaum (Torhüter): „Das ist ein riesengroßer Mannschaftserfolg, wir können echt stolz sein. Heute war es wirklich eine sehr solide, kompakte Leistung über 65 Minuten. Wir haben so viele Schüsse geblockt, mit dem Körper, mit dem Schläger, den Fuß noch reingebracht, so viele Hits ausgeteilt, die Kleinigkeiten richtig gemacht. Wir hatten einen kleinen Fauxpas, den haben die Tschechen ausgenutzt. Jetzt geht es erst richtig weiter. Wir müssen uns schnell regenerieren, müssen fokussiert sein, das ist ein Schlüsselspiel.“

Manuel Ganahl (Kapitän): „Das war ein unglaublicher Tag. Das Spiel gegen die USA, wo keiner geglaubt hat, dass wir einen Punkt machen können, war schon ein Höhepunkt der Gefühle. Wir haben gesagt, wir dürfen uns nicht darauf ausruhen.“

Eishockey-A-WM 2022 in Finnland

Dienstag:

Österreich – Tschechien 2:1 n.P.

(0:1 0:0 1:0 / 0:0 / 1:0)

Tampere, 3.264 Zuschauer

Tore: Lebler (60.) bzw. Cervenka (18.)

entscheidender Penalty: Schneider

Strafminuten 4 bzw. 4

Österreich: Starkbaum – Maier, Unterweger; Zündel, Heinrich; B. Wolf, Hackl; Kirchschläger, Wimmer – Kasper, Haudum, Lebler; Schneider, Nissner, P. Huber; Feldner, Wukovits, Ganahl; Brunner, Achermann, Schwinger

Tschechien: Vejmelka – Kempny, Hronek; Scotka, Kundratek; Simek, Jirecek; Sklenicka, Jordan – Cervenka, Krejci, Blumel; Vrana, Zahorna, Hertl; Cernoch, Stransky, Smejkal; Flek, Spacek

Gruppe B in Tampere

Tabelle:
1. Finnland 7 6 0* 1** 0 25:5 19
2. Schweden 7 5 1* 1** 0 27:10 18
3. Tschechien 7 4 0* 1** 2 19:13 13
4. USA 7 3 2* 0** 2 18:12 13
5. Lettland 7 2 1* 0** 4 14:20 8
6. Österreich 7 1 1* 2** 3 16:22 7
7. Norwegen 7 1 1* 0** 5 15:29 5
8. Großbritannien 7 0 0* 1** 6 10:33 1

* Sieg nach Verlängerung/Penaltyschießen (zwei Punkte)
** Niederlage nach Verlängerung/Penaltyschießen (ein Punkt)

Top Vier im Viertelfinale - Gruppenletzter steigt ab

Spielplan:
13.05. USA Lettland 4:1
Finnland Norwegen 5:0
14.05. Österreich Schweden 1:3
Tschechien Großbritannien 5:1
Finnland Lettland 2:1
15.05. Norwegen Großbritannien 4:3 n.P.
Österreich USA 2:3 n.V.
Schweden Tschechien 5:3
16.05. Lettland Norwegen 3:2
Finnland USA 4:1
17.05. Österreich Tschechien 2:1 n.P.
Schweden Großbritannien 6:0
18.05. Österreich Norwegen 3:5
Schweden Finnland 3:2 n.P.
19.05. USA Großbritannien 3:0
Tschechien Lettland 5:1
20.05. Finnland Großbritannien 6:0
Österreich Lettland 3:4 n.P.
21.05. USA Schweden 3:2 n.V.
Österreich Finnland 0:3
Tschechien Norwegen 4:1
22.05. Lettland Großbritannien 4:3
Schweden Norwegen 7:1
23.05. Tschechien USA 1:0
Österreich Großbritannien 5:3
24.05. Schweden Lettland 1:0
USA Norwegen 4:2
Finnland Tschechien 3:0