Ole Einar Bjorndalen
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Hintergrund

Björndalens Mission mit Chinas Biathleten

Der beste Biathlet der Geschichte betreut seit Herbst 2019 die Olympiagastgebernation. Ole Einar Björndalen ist als Trainer der Chinesen in Peking dabei – und wird dafür kritisiert. Von Medaillen gekrönt wird das angeblich fürstlich entlohnte Projekt des Norwegers in Asien nicht sein. Bei den Wettkämpfen sind seine Schützlinge höchstens für eine Nebenrolle gut.

Björndalen und seine Ehefrau Darja Domratschewa bringen es zusammen auf stolze zehn Olympiasiege, 22 WM-Titel und sieben Gesamtweltcup-Erfolge. Kaum jemand weiß besser als die beiden, wie man sich auf einen Höhepunkt vorbereitet, sich schindet und dem Erfolg alles unterordnet.

All das ihren Schützlingen zu vermitteln, ist aber eine Aufgabe, die schwer umzusetzen ist, wie das Cheftrainer Björndalen und die für die Frauen verantwortliche Domratschewa feststellen mussten. Nur mit mehreren Dolmetschern ist die Verständigung mit den Sportlern gut möglich. Trainiert wurde in den vergangenen Jahren mit mäßigem Erfolg nicht nur in China, sondern auch in Björndalens norwegischer Heimat oder in den Alpen.

Darya Domracheva (BLR) bei den Olympischen Spielen 2018
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Als Aktive holte Domratschewa 31 Weltcup-Siege und vier Olympiagoldmedaillen

„Olympia schreibt eigene Geschichten“

Wer die Gesamtweltcup-Liste durchforstet, findet Chu Yuanmeng als beste Frau auf Platz 60 und bei den Männern Cheng Fangming auf Rang 64. Cheng lief heuer aber auch schon dreimal in die Top 20, was den früheren China-Cheftrainer Markus Fischer eine Überraschung zumindest nicht ausschließen lässt. „Olympia schreibt eigene Geschichten“, meinte der nunmehrige Trainer der österreichischen Frauen mit einem Augenzwinkern.

Vor mittlerweile zehn Jahren begann auch Fischers zweijährige Tätigkeit als Nationaltrainer der Volksrepublik China. Er betreute damals 15-Jährige, die nun vor ihren größten Karriererennen stehen. „Damals war alles ein bissl offener“, sagte Fischer. „Derzeit ist auch wegen der Coronavirus-Situation alles sehr streng.“

Domratschewa glaubt an Überraschung

Doch auch im totalitären Regime sind Erfolge für ein Nachzüglerland im Biathlon nicht planbar. „Biathlon ist ein sehr unberechenbarer Sport. Man braucht ein hohes Maß an Vertrauen in den Moment. Aber wir glauben beide, dass es möglich ist, gute Ergebnisse zu erzielen“, sagte die Belarussin Domratschewa, die wie ihr Ehemann 2018 zurücktrat.

Sie wurde in Pyeongchang noch Olympiasiegerin mit der Staffel, Björndalen war damals Teil des Trainerteams von Belarus, weil er sich selbst im starken norwegischen Team nicht mehr qualifizieren konnte. Die Belarussen übrigens setzen auch nach Trainer Alfred Eder auf österreichisches Know-how durch den ehemaligen ÖSV-Trainer Reinhard Gösweiner und Materialexperten Benjamin Eder.

Kritik an Björndalen in Norwegen

Björndalen ist nun zum achten Mal bei Olympia dabei. Allerdings in einer Funktion, die in seiner skandinavischen Heimat kritisch gesehen wird. „Wenn du ein wichtiges Amt in einem totalitären Staat übernimmst, musst du dir deiner Entscheidung bewusst sein. Unsere Aufgabe ist es zu erzählen, wie schlimm die Menschenrechtslage in China ist“, sagte John Peder Egenaes, der Chef von Amnesty International Norwegen.

Der einstige Ausnahmeathlet werde nur für die Zwecke Chinas benutzt, heißt es von Amnesty. Björndalen weist diese Vorwürfe von sich: „Ich konzentriere mich auf die Athleten und mache keine Gespräche über Propaganda mit irgendeinem Führer.“ Sein Engagement erklärt der Rekordolympiasieger lieber so: „Natürlich nutzen wir gerne die Chance und helfen unserem Lieblingssport, sich weltweit zu entwickeln, in Ländern, in denen Biathlon und alle Wintersportarten ein enormes Potenzial haben.“