Ski alpin

Mayer auf Augenhöhe mit Olympialegenden

Mit Gold im Super-G in Yanqing hat sich Matthias Mayer auf Augenhöhe zu den erfolgreichsten alpinen Olympiateilnehmern aufgeschwungen. Acht Jahre nach Abfahrtsgold in Sotschi und vier Jahre nach dem ersten Super-G-Gold in Pyeongchang legte er bei den Winterspielen in China sein zweites Super-G-Gold nach. In der Abfahrt davor hatte der Kärntner Bronze geholt.

Mit insgesamt nun vier Olympiamedaillen überholte Mayer sogar Toni Sailer, der in Cortina 1956 drei Goldmedaillen erobert hatte, und auch Hermann Maier und Marcel Hirscher. Maier brachte es einst auf zwei Goldene und je einmal Silber und Bronze. Hirscher schaut auf zweimal Gold und einmal Silber in seiner Erfolgskarriere zurück. Mit nun dreimal Speed-Gold bei Olympischen Spielen schloss Mayer zum norwegischen Rekordhalter Kjetil Andre Aamodt auf, der im Super-G drei Goldene abgeholt hatte.

Während es in 14 Rennen bei fünf Weltmeisterschaften noch nicht zu einer einzigen Medaille gereicht hat, scheint der olympische Vierjahresrhythmus wie geschaffen für Mayer zu sein. „Er ist einfach ein Großer und für so ein Ereignis geschafften. Das ist man, oder ist man nicht“, sagte Abfahrtstrainer Sepp Brunner. Mayer selbst gab der mentalen Einstellung viel Gewicht: „Dass man geistig voll am Höhepunkt ist, damit man mit der Lockerheit reingeht, mit der man am Ende auch schnell sein kann.“

Interview mit Matthias Mayer

Mit Gold im olympischen Super-G hat Matthias Mayer am Dienstag österreichische Sportgeschichte geschrieben. Im Interview spricht er über seinen legendären Sieg.

Gelassenheit und mentale Stärke

Ein Puzzlestein ist auch die Gelassenheit, die der 31-Jährige an den Tag legt. „Diese Ruhe, die hatte er schon beim ersten Olympiasieg in Sotschi“, sagte ÖSV-Herren-Cheftrainer Andreas Puelacher. „Heute war ich locker am Start, ich habe gewusst, wenn es sich ausgeht, geht es sich aus. Wenn nicht, dann nicht. So bin ich auch gefahren“, sagte Mayer, über den Brunner weiters meinte: „Er ist wirklich entspannt und sehr stark in seinem Kopf.“

Der Norweger Kjetil Jansrud, der in Sotschi 2014 zu Gold im Super-G gefahren war, sagte über Mayer: „Es ist unglaublich. Es zu machen, wenn es am meisten zählt. Ich bin ein bisschen sprachlos. Er ist schon seit so vielen Jahren dominant, aber er ist auch einer der wenigen, die wirklich bei den Großereignissen noch einmal eine Stufe drauflegen.“

Rückschläge begleiten Karriere

Jedoch nicht immer lief es so geschmeidig in Mayers Karriere: Zwischen den Goldmedaillen 2014 und 2018 lag eine lange Zwangspause. Im Dezember 2015 hatte er sich bei einem Abfahrtssturz in Gröden schwer verletzt – Bruch des siebenten Brustwirbels, Eindellung des sechsten Wirbels und 18-gradige Fehlstellung der instabilen Wirbelsäule lautete die Diagnose.

Es war seine zweite große Leidensgeschichte. Im April 2012 ließ Mayer eine Sprunggelenksverletzung und einen alten Zehenbruch therapieren, was sich als Klacks zu dem herausstellte, was danach folgte: Eine „reaktive Arthritis“ wurde diagnostiziert, die durch Darmbakterien nach dem Verzehr von verdorbenem Fleisch ausgelöst worden war. Mayer fühlte sich erschöpft, bekam Fieber, entzündete Gelenke und musste ins Krankenhaus. 15 Kilogramm verlor er.

Nicht am Ende der Erfolgsleiter

Puelacher sieht Mayer aktuell in absoluter Topform, und das könne noch lange so weitergehen. „Warum soll er nicht mit 41 noch eine Medaille machen?“ Matthias arbeite konsequent, habe viel Freude am Skifahren und vielleicht immer noch mehr. Er werde auch noch seine Medaillen bei Weltmeisterschaften machen („Die Rennen müssen auch zu dir kommen ein bisschen“) und eine Weltcup-Kugel holen. Im Weltcup hält Mayer bei elf Siegen, sieben in der Abfahrt, drei im Super-G und einen in der Kombination.

23 Jahre war Mayer, als er vor acht Jahren in Sotschi (2014) seine erste olympische Goldmedaille gewann, davor war er noch nie im Weltcup auf dem Abfahrtspodest gestanden. Die technisch anspruchsvolle Abfahrt in Krasnaja Poljana war ihm von Anfang an fast wie auf den Leib geschneidert gewesen. Und auch vier Jahre später in Südkorea (2018) war ihm klar, dass die Strecke in Jeongseon etwas für ihn sein könnte. Ähnliche Gefühle für Gelände und Schnee hegte er auch bald nach seiner Ankunft heuer in Yanqing, zudem wurde eigens ein weicherer Skischuh für die kalten Temperaturen entwickelt.

Die Familie Mayer, Matthias ist der Sohn von Helmut Mayer, der 1988 im ersten olympischen Super-G die Silbermedaille gewann, hat auch eine große soziale Ader. 2015 kümmerte sie sich zusammen mit Freunden in Afritz um zwei irakische Familien, die es nach sechsmonatiger Flucht in Schlauchbooten und zu Fuß bis nach Österreich geschafft hatten. In Yanqing darauf angesprochen, meinte der Olympiasieger: „Das war eine spezielle Ausnahmesituation und mein Beitrag, den ich leisten wollte. Eine Familie ist noch da, da gibt es noch Kontakt.“