Ski alpin

Puchner erobert im Super-G Silber

Mirjam Puchner hat am siebenten Tag der Olympischen Winterspiele von Peking die österreichische Medaillenserie fortgesetzt und das 14. Edelmetall für die rot-weiß-rote Abordnung erobert. Die Salzburgerin musste sich am Freitag im Super-G nur der Schweizer Weltmeisterin Lara Gut-Behrami geschlagen geben und durfte sich über ihre erste Medaille bei Großereignissen freuen. Michelle Gisin sicherte dahinter auch Bronze für die Schweiz – um einen Hauch vor Tamara Tippler.

Am Ende fehlten Puchner nur 0,22 Sekunden auf Gut-Behrami, die sich nach bisher zweimal Bronze – 2014 in der Abfahrt und vor wenigen Tagen im Riesentorlauf – über ihren ersten Olympiasieg freuen durfte. Zudem sorgte die 30-Jährige für die erste Goldmedaille einer Schweizerin bei Winterspielen im Super-G. Gisin, vor vier Jahren Olympiasiegerin in der Kombination, rundete mit 0,30 Sek. Rückstand auf ihre Teamkollegin das erfreuliche Ergebnis aus eidgenössischer Sicht ab.

Gisins Freud war Tipplers Leid, denn die Steirerin verpasste als Vierte die Bronzemedaille um lächerliche drei Hundertstel. Cornelia Hütter konnte die durch den Sieg bei der Olympiageneralprobe in Garmisch-Partenkirchen geschürten Hoffnungen nicht ganz erfüllen und musste sich mit dem achten Platz begnügen (+ 0,68 Sek.). Ariane Rädler, die das Rennen mit Startnummer eins eröffnet hatte, spielte als 20. (+ 1,82) im Kampf um die Spitzenplätze keine Rolle.

Gut-Behrami krönt sich zur Olympiasiegerin

Die regierende Weltmeisterin aus der Schweiz erfüllte sich in ihrer Spezialdisziplin Super-G nun auch den Traum vom Olympiasieg

Puchner übertrifft ihre Erwartungen

Neben Gut-Behrami strahlte aber dafür Puchner nach ihrer ersten Medaille bei einem Großereignis wie eine Siegerin. „Ich bin megahappy. Ich hätte mir das nie erwartet. Dass das heute so gut aufgeht, unglaublich. Ich habe gewusst, dass ich es draufhabe, es muss aber auch aufgehen“, sagte die Salzburgerin im ORF-Interview.

Gold: Lara Gut-Behrami (SUI)
Silber: Mirjam Puchner (AUT)
Bronze: Michelle Gisin (SUI)

Die Medaille sei auch der Lohn für die Willenskraft, die sie nach ihrem vor der WM 2017 in St. Moritz erlittenen komplizierten Beinbruch aufgebracht hatte, um sich zurückzukämpfen: „Die letzten Jahre war es so schwer, ich war schon am Ende. Letztes Jahr und heuer habe ich die Freude wieder zurückbekommen. Das ist die Belohnung.“

„Idealer Schlussteil“ bringt Silber

Trotz ihres ersten Starts bei Olympia habe sie kaum Nervosität verspürt. „Am Start war ich voll ruhig“, sagte die 29-Jährige. Die entscheidende Zeit auf die Olympiasiegerin verlor sie vor allem im technischen Mittelteil. „Der Mittelteil war von mir nicht gut, unten habe ich es dann ideal erwischt“, sagte Puchner, die der Olympiasiegerin im Schlussteil immerhin vier Zehntel abnehmen konnte.

Puchner sorgte damit nach Katharina Liensberger für die zweite Medaille für Österreichs Ski-Damen bei den Spielen in Peking. Die Vorarlbergerin hatte sich vor zwei Tagen im Slalom ebenfalls zu Silber gekämpft. Für den Österreichischen Skiverband war es zudem die fünfte Medaille im sechsten alpinen Rennen. Die nächste Chance auf Edelmetall bietet sich Puchner und Co. in der Abfahrt am Dienstag (4.00 Uhr live in ORF1).

Tippler geht im Finish Tempo aus

Tippler verlor hingegen bei der Einfahrt in das letzte Flachstück vor dem Ziel die entscheidende Zeit und letztlich auch eine Medaille. „Prinzipiell bin ich glücklich mit meinem Skifahren. Unten habe ich von Miri (Mirjam Puchner, Anm.) sechs Zehntel bekommen, dann bist nicht dabei“, sagte die Steirerin, die angesichts der Erfolgs der Teamkollegin mit gemischten Gefühlen auf das Ergebnis blickte: „Für das sind wir nicht da, dass man Vierte wird. Cool für die Miri, für mich ist es bitter.“

Auch Hütter musste sich mit dem Erfolg ihrer Teamkollegin trösten. Ein Missgeschick am Start hatte die Steirerin etwas aus dem Tritt gebracht. „Am Start ist mir der Rennanzug gerissen, das war komisch. Ich habe versucht, das auszublenden und habe versucht zu attackieren. Aber ich konnte das Tempo nicht mitnehmen. Ich habe versucht, den Fokus zu halten, that’s life. Am Ende zählt eins, zwei, drei, aber für Miri ist es toll.“

Rädler hatte als Testpilotin mit Nummer eins letztlich die Handbremse zu stark angezogen. „Der Schnee war extrem gut, du hast viel zurückbekommen. Wahrscheinlich hätte ich viel mehr riskieren können. Im Flachen habe ich eine extreme Packung bekommen. Mit einer höheren Nummer hätte ich vielleicht gewusst, dass es gut geht. Es ist leider in die Hose gegangen“, sagte die Vorarlbergerin nach ihrer Olympiapremiere.

Gut-Behrami genießt Premiere

Der Platz an der Sonne gehörte aber erstmals bei Olympia Gut-Behrami, die bereits im Vorjahr mit zweimal Gold im Super-G und im Riesentorlauf bei der Weltmeisterschaft in Cortina d’Ampezzo ihre „Goldsuche“ bei Großereignissen beendet hatte. Der Sieg in Yanqing raubte der 30-Jährigen auch fast die Sprache. „Ich versuche, es zu genießen. Aber ich glaube, ich werde noch ein paar Tage brauchen, um zu verstehen, was passiert ist“, sagte Gut-Behrami.

Die meist recht abgeklärt wirkende Schweizerin saß auf dem Sessel der Führenden wie auf heißen Kohlen. „Ich war im Ziel nervöser als am Start. Ich war auch nicht zu hundert Prozent überzeugt von meiner Fahrt. Mein Gefühl war, dass man noch etwas frecher hätte fahren können. Es ist Olympia, da kann man alles riskieren. Deshalb wollte ich warten, bis sich die Nummer 30 im Ziel befindet. Nicht dass plötzlich noch eine Fahrerin zwei Hundertstel vor mir ist. Ich habe lange gezittert“, sagte die neue Olympiasiegerin.

Ihre drittplatzierte Teamkollegin Gisin konnte ihr Glück ebenfalls kaum fassen. „Schlussendlich muss ich sagen, ich habe meines dafür getan, aber ich habe auch Megaglück gehabt, die Tammi (Tamara Tippler, Anm.) ist drei Hundertstel hinten. Dass es reicht, ist unglaublich schön“, sagte die Kombi-Olympiasiegerin von Pyeongchang, die ihre Emotionen, als sie sich die unerwartete Bronzemedaille im Super-G umhängte, nicht unterdrücken konnte und wollte: „Das ist kaum einzuordnen für mich, das ist verrückt. Es ist irre, dass ich überhaupt hier sein kann.“

Shiffrin erneut geschlagen

Eine Niederlage setzte es zum dritten Mal für Mikaela Shiffrin. Nach ihren frühen Ausfällen in Riesentorlauf und Slalom konnte die US-Amerikanerin, die mit dem Ziel, fünf Medaillen zu holen, nach China gereist war, auch im Super-G als Neunte keine Bäume ausreißen. Shiffrin hielt zwar oben mit den Schnellsten mit, wählte aber im technisch anspruchsvollen Mittelteil eine etwas zu runde Linie und verlor die entscheidenden Meter.

Nichts zu feiern gab es auch für andere Favoritinnen, wie Federica Brignone. Die italienische Führende im Super-G-Weltcup, die sich im Riesentorlauf noch über Silber gefreut hatte, kam im olympischen Rennen nicht über Platz sieben hinaus. Ester Ledecka, vor vier Jahren in Pyeongchang noch die Riesensensation, musste sich diesmal hinter Tippler mit Rang fünf begnügen. Die Tschechin darf sich aber mit Gold im Parallel-Riesentorlauf der Snowboarderinnen trösten.