„Ni hao.“ – „Hallo.“ Der Tag beginnt mit einem Lächeln, das selbst unter den dicken Schutzanzügen der Damen in der Coronavirus-Teststraße in der Lobby zu erkennen ist. Der täglich vorgeschriebene PCR-Test am Morgen im Hotel in Zhangjiakou gehört mittlerweile zur Routine, so wie Zähneputzen. Man gewöhnt sich an den Rachenabstrich. Alles halb so wild.
Selbst die Ängste vor einem möglichen positiven Ergebnis und der damit verbundenen harten Quarantäne schwinden mit der Zeit. Das Leben im „Closed Loop“, dem geschlossenen Kreislauf also, der eigens für diese ganz besonderen Spiele eingerichtet wurde, erinnert an Science-Fiction. Es gibt Checkpoints und hohe Zäune. Was sich dahinter befindet, kann man nur erahnen.
Kein Kontakt zur Außenwelt
Denn der Kontakt mit der Außenwelt ist strengstens verboten. Unser Spielraum ist begrenzt, sehr begrenzt. Wir befinden uns in einer strikt abgeriegelten „Olympiablase“. Eine unwirkliche Scheinwelt, matrixmäßig. Doch in Zeiten des Coronavirus wohl alternativlos. Und alle, die hier sind, haben sich freiwillig darauf eingelassen.
Die Anziehungskraft von Olympia funktioniert selbst in einem Überwachungsstaat. Olympia „made in China“ bedeutet perfekte Organisation. Olympia in China bedeutet allerdings auch, dass alles, wirklich alles, seine Ordnung haben muss. So ist es verboten, die 100 Meter vom Mountain Press Center zur Sprungschanze zu Fuß zu gehen, weil es dafür eine eigene Buslinie gibt.
Ein Formular für die Frühstücksente
Der Bus fährt dann eine fünfminütige Schleife. Sinnlos, das zu hinterfragen. Es ist, wie es ist. Noch ein Beispiel, wie China funktioniert: das Frühstücksbuffet. Da biegen sich die Tische. Von der Frühlingsrolle bis zur Pekingente ist alles vorhanden, was das Herz begehrt.
Wer so frech ist, Speisen in den Rucksack zu packen, weil die Ente am frühen Morgen möglicherweise zu schwer ist, muss ein Formular unterschreiben und bestätigen, dass alles auf eigene Verantwortung passiert und die Nahrungsmittel ordnungsgemäß gelagert werden.
Vergleiche mit früheren Winterspielen, mit vollen Rängen und grenzenloser Freiheit, führen zu nichts. Aber wenn man die seltsamen Rahmenbedingungen ausblendet, kann man ihn auch hier spüren, den Geist von Olympia. Langsam nähern wir uns einander an, die Chinesen und wir. Im „Closed Loop“ sind nämlich alle gleich.