Zur Halbzeit noch 9,0 Punkte hinter den Slowenen zurück, drehten die Österreicher bei schwierigen Windverhältnissen das Ergebnis noch um. Fettner, der bereits auf der Normalschanze Silber gewonnen hatte, fixierte mit einem Sprung auf 128,0 Meter in der Entscheidung den insgesamt dritten Olympiasieg einer österreichischen Mannschaft und die erste Medaille seit Bronze 2014 in Sotschi. Bester des österreichischen Quartetts war aber Jan Hörl mit Sprüngen auf 133,0 und 137,0 Meter.
Slowenien, das im Mixed-Bewerb Gold gewonnen hatte, lag am Ende 8,3 Punkte hinter den Österreichern, durfte sich aber über die zweite Medaille als selbstständiger Staat nach Bronze 2002 in Salt Lake City freuen. Im Kampf um Bronze entschieden letztlich 0,8 Punkte für Deutschland und gegen Norwegen. Weltcup-Spitzenreiter Karl Geiger schob die Deutschen mit einem Satz auf 128,0 Meter noch an den Norwegern vorbei. Für die Skandinavier waren 126,5 Meter von Großschanzen-Olympiasieger Marius Lindvik zu wenig.
Hörl stärkster Österreicher
Der Salzburger legt nach einem starken Sprung im ersten Versuch im zweiten Durchgang 137,0 Meter nach und bringt Österreich damit auf Goldkurs.
Dank der Goldenen im Team-Bewerb und der Silbermedaille von Fettner auf der Normalschanze beendeten Österreichs Skispringer die Bewerbe von Peking mit zweimal Edelmetall. Nach zwei medaillenlosen Tagen holten die Adler auch die insgesamt 15. bei den Winterspielen in der chinesischen Hauptstadt für das rot-weiß-rote Team. Damit haben die österreichischen Athletinnen und Athleten von der Gesamtzahl her das Ergebnis von Pyeongchang 2018 übertroffen.
„Schönster Tag meines Lebens“
„Ich glaube, der schönste Tag in meinem Leben, obwohl ich schon sehr viel gewonnen habe. Gemeinsam mit dem Team einmal bei einem Großereignis ganz oben stehen. Olympiasieger mit einem von meinen besten Freunden auch noch. Es ist so geil. Unglaublich“, jubelte Stefan Kraft, der bei schwierigen Verhältnissen mit 127,5 und 121,5 Metern die Österreicher auf Medaillenkurs hielt und sich über sein erstes Edelmetall bei Olympia freuen durfte, im ORF-Interview.
Für Fettner, mit 36 Jahren nun ältester Olympiasieger der Skisprunggeschichte, war Gold das Ergebnis einer durch die Bank konstanten Vorstellung. „Dass wir vier uns jetzt alle Olympiasieger nennen dürfen, ist richtig cool. Ich glaube, wir haben heute alle einen guten Job gemacht. Teamspringen ist sowieso immer eine eigene Geschichte, da gewinnt dann oft nicht das Team mit dem Ausreißer nach oben. Wir haben definitiv keinen (Ausreißer, Anm.) nach unten gehabt, und das war unsere große Stärke heute“, so der Tiroler, der vor zwei Jahren sogar noch an ein Karriereende gedacht hatte.
Als „unbeschreibliches Gefühl“ bezeichnete Hörl den Gewinn der Goldmedaille: „Ich habe heute echt meine besten Sprünge zeigen können. Es macht einfach richtig eine Freude, mit dem Team da oben zu stehen. Ich bin sprachlos, ich weiß gar nicht was ich sagen soll. Gefühlschaos.“ Auch Huber konnte nach dem Sieg seine Emotionen kaum in Zaum halten. „Ich habe gewusst, dass wir wirklich starke Leute noch oben haben am Schluss. Und gerade mit dem Fetti (Manuel Fettner, Anm.) da oben, der auf der Kleinen die Silberne gemacht hat. Der Jan (Hörl, Anm.), zwei Bomben. Ich glaube, wir waren heute wirklich verdiente Olympiasieger“, jubelte der Salzburger.
Cheftrainer mit Tränen
Auch Cheftrainer Andreas Widhölzl, 2006 in Turin selbst Olympiasieger mit dem Team, hielt seine Emotionen nicht zurück. „Es ist cool, ich freue mich voll. Sie haben einen super Job heute gemacht, es war wirklich schwer von den Verhältnissen. Ich meine, der Jan ist heute sensationell gut gesprungen, der Kraft hat zwar ein bisschen wackelig angefangen, aber hat sich dann super gesteigert, der Dani war auch stark, und der Fetti hat’s heimgebracht“, freute sich der Tiroler mit Tränen in den Augen.

Widhölzl hob auch die Betreuerleistung vor. „So ein Team-Bewerb ist auch die Leistung von der ganzen Mannschaft, auch von den Betreuern, die das ganze Jahr hackeln, von April bis jetzt.“ Das Mitzittern war für Widhölzl alles andere als einfach. „Ich bin schon lang dabei gewesen, als Athlet und auch als Trainer ein paar Jahre. So nervös war ich schon lange nicht mehr, und ich habe mich echt versteckt, dass ich nicht zuschauen muss. Aber ich habe voll vertraut auf die Athleten, sie haben gut gearbeitet die letzten Tage. Wir haben einen irrsinnig guten Teamspirit, sie haben es sich verdient.“
Spannender Schlagabtausch
Bei eisigen Temperaturen um minus 20 Grad im Skisprungzentrum Zhangjiakou und auch sehr wechselnden Rückenwindbedingungen hatte zunächst Auftaktspringer Kraft nicht für den erhofften Start gesorgt. Der Doppelweltmeister von Lahti 2017 und Großschanzenweltmeister des Vorjahres brachte Österreich nach dem ersten Sprung nur auf den fünften Rang. Doch schon Huber, der in den Einzel-Bewerben noch mit der Form gekämpft hatte, brachte rot-weiß-rote Equipe in die Medaillenränge, und auch Hörl hielt den dritten Rang, ehe der im Einzel „versilberte“ Fettner mit einem Sprung auf 128,0 Meter Österreich auf den zweiten Platz verbesserte.
Im Finale der besten acht Teams brachte Kraft Österreich zunächst erstmals vor den Slowenen in Führung, allerdings mit nur drei Punkten Vorsprung. Huber segelte auf 129,0 Meter und hielt sein Team auf Kurs, auch wenn die ÖSV-Adler wieder auf die zweite Stelle hinter Slowenien zurückfielen. Doch Hörl brachte die Österreicher mit seinen 137,5 Metern schließlich endgültig auf Goldkurs. In der letzten Runde brachte Fettner den Sieg ins Trockene – und krönte sich damit auch zum ältesten Olympiasieger im Skispringen.