Der österreichische Biathlet Felix Leitner
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Biathlon

Auf Enttäuschung folgt Ursachenforschung

Österreichs Biathleten sind erstmals seit Turin 2006 bei Olympischen Winterspielen ohne Medaille geblieben. Der Zielsetzung von einmal Edelmetall kamen sie nur durch Lisa Hausers Rang vier im Sprint nahe. Zwar geht nun „die Welt nicht unter“, wie Franz Berger, Leiter Biathlon im ÖSV, erinnerte. Der Ruf nach einer detaillierten Analyse in einer erneut durchwachsenen Saison ist aber auch vonseiten der Athleten zu vernehmen.

Im Weltcup stehen mit Kontiolahti, Otepää und Oslo noch drei Stationen an. Danach will Berger in Abstimmung mit ÖSV-Sportdirektor Anton Giger „sauber analysieren und uns festlegen, was wir in Angriff nehmen“. Berger steht personellen Veränderungen „eher skeptisch“ gegenüber, schließt sie aber nicht aus.

Mit den aktuellen, ausnahmslos aus Deutschland stammenden Cheftrainern Ricco Groß (Männer) sowie Markus Fischer und Gerald Hönig (Frauen) will Berger teils schon Gespräche geführt haben. In welche Richtung diese gingen, wurde nach den Massenstarts am Freitag nicht verraten, alle Verträge würden bis 30. April laufen. „Wir haben nicht gekündigt, unsere Trainer haben nicht gekündigt.“

Franz Berger, Biathlon-Leiter im ÖSV
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Für Franz Berger stehen in den nächsten Wochen wohl einige Gespräche auf dem Programm

Für Bewerbungen offen

Einer nationalen Lösung öffnete der Sportliche Leiter die Tür: „Es gibt das Angebot, wenn jemand im Ausland ist und wieder nach Österreich zurück will, dass er sich melden kann, und dann redet man darüber.“ Bewerbungen habe er immer entgegengenommen, so Berger.

Er kam auf den aktuell im belarussischen Frauen-Team tätigen Ex-ÖSV-Cheftrainer Reinhard Gösweiner zu sprechen. „Gösweiner hat das Recht, dass er wieder integriert wird, wenn er zurückkommt.“ Mit Sandra Flunger (Schweiz) oder Florian Steirer (Deutschland) arbeiten zudem Trainer im Ausland, die zu einigen ÖSV-Athleten ein Naheverhältnis pflegen.

Topnationen zeigen, wie es geht

Österreichs Team vertrug die Mischung aus Höhenlage, tiefen Temperaturen und stumpfem Schnee in Zhangjiakou schlechter als andere. Berger erinnerte, dass die weltbesten Nationen gezeigt hätten, wie es geht. 25 der 33 möglichen Medaillen schnappten sich Norwegen, Frankreich und Russland. Über Österreichs Team sagte er: „Wenn man das ganze Jahr nachverfolgt, war es auch ein Auf und Ab.“

Damit trifft er teils ins Schwarze. Das Herren-Team ging mit verhaltenen Erwartungen und nur drei Top-Ten-Platzierungen in die Spiele. Die Spitzenplatzierungen sind seit Jahren rückläufig, seit fast vier Jahren ist man sieglos. Das Team habe sich nicht zurückentwickelt, erklärte Berger, aber „vielleicht zu wenig weiterentwickelt“. „Wenn dir Zugpferde wie der Julian Eberhard abgehen, der die Mannschaft auch mitgerissen hat, dann ist man eben dezimiert.“

Der österreichische Biathlon-Trainer Ricco Gross
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Die Zukunft von Herren-Chefcoach Ricco Groß ist ungewiss

„Die Mannschaftsstärke ist natürlich auch Wellenbewegungen ausgesetzt. Wir waren da ein paar Jahre lang sehr verwöhnt“, stellte Giger fest. „Wir haben schon gesehen, dass da jetzt vielleicht ein paar schwierigere Jahre auf uns zukommen.“ Man werde nach der Analyse sicher darüber nachdenken, so der Sportdirektor, „ob man neue Dinge probieren muss, vielleicht auch Systeme abändern muss.“

„Müssen Anschluss wieder finden“

Aktuell rangiert Österreich in der Nationenwertung auf Platz neun und damit so weit hinten wie noch nie in diesem Jahrtausend. Berger baut auf „einige hoffnungsfrohe Läufer in der zweiten und dritten Reihe“, namentlich etwa Magnus Oberhauser (23) und Lucas Pitzer (23). „Wir müssen den Anschluss wiederfinden, damit unser Ziel, Platz fünf im Nationencup, wieder rausschaut.“ Zur Erreichung dieses Ziels war Groß 2018 angetreten.

Bei den Frauen überdeckt Lisa Hauser den kollektiven Rückschritt ihrer Kolleginnen. Erst bei Olympia näherte sich mit Katharina Innerhofer wieder eine Athletin regelmäßig den Plätzen um 20. Doch auch für Hauser klappte es zuletzt auf der Loipe weniger gut. „Ich glaube, das wird man nach der Saison genauer eruieren müssen“, sagte Dunja Zdouc.

Von Bedingungen überrascht

Rätselraten war bei Olympia auch im Materialbereich angesagt. Unzufrieden mit den Skiern unter ihren Füßen waren mehrere Athleten, doch niemand sagte es so gerade heraus wie Felix Leitner. Berger erinnerte daran, dass die Begebenheiten in China Neuland gewesen wären – für Athleten wie Techniker.

Anders als etwa Deutschlands Verband schickte der ÖSV keine Technikergruppe im Vorfeld der Spiele extra für Biathlon nach Zhangjiakou. Die zweite Garde der Kombinierer um Trainer Wilhelm Denifl sammelte während Testwettkämpfen Informationen – spartenübergreifend. „Die waren im November da, nur jetzt haben wir Februar. Damals waren die Bedingungen bei Weitem nicht so, wie sie jetzt sind“, meinte Berger. „Dass so ein scharfer, kalter Wind herrscht, hat uns schon ein bissl überrascht.“