Bilanz

ÖOC-Team schrieb in Peking Erfolgsstory

Die 24. Olympischen Winterspiele in Peking haben einen Ehrenplatz in der österreichischen Sportgeschichte. Mit sieben Goldenen, sieben Silbernen und vier Bronzemedaillen war das Event in der chinesischen Hauptstadt das zweiterfolgreichste nach den Rekordspielen von Turin 2006. Karl Stoss, der Präsident des Österreichischen Olympischen Comites (ÖOC), freute sich daher zu Recht über einen „riesigen Erfolg“.

Etwas mehr als ein halbes Jahr nach den erfolgreichen Sommerspielen von Tokio setzten Österreichs 42 Sportlerinnen und 64 Sportler im Winter wie erhofft noch eines drauf. Mit einer Ausbeute von insgesamt 18 Medaillen durfte Peking 2022 als die zweiterfolgreichsten Spiele nach jenen von Turin 2006 verbucht werden. Damals gab es insgesamt 23-mal Edelmetall und neun Olympiasiege zu feiern. Mehr Medaillen als in Chinas Hauptstadt holten die rot-weiß-roten Sportlerinnen nur noch vor 30 Jahren in Albertville mit insgesamt 21 Stück.

Schon vor der abschließenden Goldmedaille im alpinen Mixed-Teambewerb hatte sich Stoss „natürlich sehr zufrieden“ über die Ausbeute gezeigt. Auch Platz sieben im Medaillenspiegel freute den Vorarlberger: „Damit lassen wir große Sportnationen hinter uns.“ So landete etwa die Auswahl des Russischen Olympischen Komitees (ROC) trotz insgesamt 32-mal Edelmetall aufgrund der geringeren Goldausbeute von sechs hinter Österreich – und der Schweiz – „nur“ auf dem neunten Platz.

Das war Peking 2022

Die Olympischen Winterspiele 2022 sind geschlagen. Das „Olympia Studio“ fasst alle Medaillen, Highlights und besondere Szenen noch einmal zusammen.

Snowboard und Ski als „Goldesel“

Dass Österreich mehr Goldmedaillen als etwa das ROC-Team zu Buche stehen hat, lag einmal mehr an der alpinen Ski- und heuer besonders an der Snowboarder-Abteilung. Nachdem es bei den vergangenen zwei Spielen in Sotschi und Pyeongchang dank Julia Dujmovits und Anna Gasser bereits jeweils eine Goldene zu feiern gegeben hatte, legten Österreichs Snowboarder und -innen heuer nach. Zuerst krönten Benjamin Karl im Parallel-RTL und Alessandro Hämmerle im Cross-Bewerb ihre Karrieren mit einem Olympiasieg, dann wiederholte Gasser ihren Big-Air-Coup von 2018. Zudem holte Daniela Ulbing im Parallel-RTL der Damen Silber.

Im alpinen Bereich sicherte sich zunächst Matthias Mayer im Super-G und mit seinem insgesamt dritten Olympiasieg bei den dritten Spielen in Folge und Bronze in der Abfahrt den Platz an der Spitze der österreichischen Olympiastatistik. Und dann schrieb Johannes Strolz ein olympisches Märchen. 34 Jahre nach seinem Vater Hubert Strolz holte der aus den ÖSV-Kadern bereits ausgemusterte Vorarlberger Gold in der alpinen Kombination sowie wenig später Silber im Slalom und Gold im Teambewerb. Damit schwang sich der 29-Jährige zum erfolgreichsten Skifahrer und alpinen Superstar der Spiele auf.

Johannes Strolz (AUT)
GEPA/Harald Steiner
Strolz war mit zwei Goldenen und einer Silbernen der erfolgreichste heimische Sportler im Reich der Mitte

Aber nicht nur Strolz weckte große Emotionen, auch beim Triumph der Skispringer im Team-Bewerb blieb kein Auge und später keine Kehle trocken. Stefan Kraft, Daniel Huber, Jan Hörl und Manuel Fettner veredelten eine ansonsten durchwachsene Saison mit einem unerwarteten Olympiasieg. Vor allem Fettner schaffte es im Herbst seiner Karriere ins Rampenlicht. Der Routinier hatte schon davor mit Silber auf der Normalschanze überrascht und war damit neben Katharina Liensberger (Team-Gold und Slalom-Silber) der zweiterfolgreichste Athlet in Peking. Mit dem ebenfalls 36-jährigen Snowboarder Karl verewigte sich Fettner als ältester heimischer Olympiasieger bei Winterspielen in den Annalen.

ÖSV-Präsidentin darf jubeln

Der Österreichische Skiverband (ÖSV), der außer den Aktiven im Eiskanal alle Sportlerinnen und Sportler stellte, war in Peking für insgesamt 15 der 18 erzielten Medaillen verantwortlich. Kein Wunder, dass ÖSV-Präsidentin Roswitha Stadlober die Bilanz ihrer ersten Spiele als „einfach großartig“ bezeichnete: „Ich bin hochzufrieden und bin dankbar und stolz auf das gesamte Team. Es wurde hervorragend gearbeitet. Ich glaube, wir waren gut vorbereitet und daher auch diese tolle, großartige Bilanz.“

Für die Salzburgerin hatten die Spiele 2022 auch ein persönliches Highlight parat. Denn Tochter Teresa Stadlober überraschte gleich im ersten Bewerb, dem Skiathlon, mit Bronze und sorgte damit für einen historischen Erfolg. Noch nie hatte es eine österreichische Langläuferin bei einem Olympiabewerb auf das Stockerl geschafft. „Wir haben die Spiele mit der historischen Medaille von Teresa begonnen und mit Team-Gold beendet“, sagte Präsidentin Stadlober und verwies auch auf die Bronzemedaille von Kombinierer Lukas Greiderer: „Wir haben in fünf Sparten Medaillen gemacht. Man sieht die Vielfalt im österreichischen Skiverband.“

Rodelteam hält im Eiskanal Fahne hoch

Die restlichen drei österreichischen Medaillen gingen auf das Konto der verlässlichen Rodlerinnen und Rodler, die seit den Spielen von Albertville 1992 regelmäßig die österreichische Bilanz veredeln. Dank Wolfgang Kindl mit Silber im Einzel, Platz zwei in der Team-Staffel und der Bronzemedaille von Thomas Steu und Lorenz Koller im Doppelsitzer wurden die durch starke Weltcup-Ergebnisse geschürten Hoffnungen im Schatten der einmal mehr dominanten deutschen Rodlerinnen und Rodler erfüllt.

Österreichs Schlitten kaschierten damit auch die restlichen Ergebnisse im Eiskanal von Yanqing. Am größten war die Enttäuschung wohl bei Skeletoni Janine Flock, die nach dem unglücklichen vierten Platz 2018 diesmal als Zehnte nur eine Nebenrolle spielte. Im Bob fuhr Benjamin Maier im Zweier zwar in die Top Fünf, im Vierer fand der Tiroler aber nicht in die Spur und landete nur auf dem enttäuschenden zwölften Rang. Kathrin Beierl schlug sich bei den Damen im Mono- und Zweierbob zwar respektabel, hatte aber mit den Medaillenrängen ebenfalls nichts am Hut.

Enttäuschte Hoffnungen und Pechvögel

Auch viele andere heimische Sportlerinnen und Sportler verließen Peking mit enttäuschten Hoffnungen oder hatten das Pech auf ihrer Seite. So gingen etwa die nordischen Kombinierer erstmals seit 1998 in einem Team-Bewerb leer aus. Bronze von Greiderer im Normalschanzen-Bewerb blieb als Trost. Im Biathlon schrammte Weltmeisterin Lisa Hauser im Sprint als Vierte knapp am Podest vorbei. Auch die Freestyler rund um den 17-jährigen Jungstar Matej Svancer, dem die olympische Bühne noch ein Stück zu groß war, blieben hinter den Erwartungen und meist im Finale nur Zuschauer.

Dazu spielte das Coronavirus einigen Medaillenkandidatinnen einen üblen Streich. So musste etwa Skisprung-Star Marita Kramer nach einem positiven Test überhaupt daheim bleiben. In Peking erwischte es dann Snowboarderin Sabine Schöffmann, die im Quarantänehotel versauern musste, anstatt im Parallel-Riesentorlauf auf Medaillenjagd zu gehen. Auch der Verletzungsteufel schlug bei manchen Sportlern eiskalt zu. So musste bei Doppelsitzer-Rodler Yannick Müller nach einem Sturz ein offener Oberarmbruch operiert werden, Clemens Millauer musste Freundin Gasser nach einem Knöchelbruch daheim vor dem TV-Gerät beim Goldsprung zuschauen.

Apropos Pech: Darauf reimte sich für Österreich auch in Peking wieder „Blech“. Insgesamt achtmal musste eine rot-weiß-rote Athletin oder ein Athlet mit dem undankbaren vierten Platz vorliebnehmen. Neben Hauser erwischte es auch Katharina Truppe im Riesentorlauf, Tamara Tippler im Super-G, Julian Lüftner im Snowboardcross, Kombinierer Johannes Lamparter im Einzel und mit dem Team sowie Rodlerin Madeleine Egle. Zum zweiten Mal nur Vierte wurde auch Eisschnellläuferin Vanessa Herzog über 500 m. Angesichts ihrer Leidensgeschichte in dieser Saison – Stichwort Bandscheibenvorfall – fühlte sich die gebürtige Tirolerin aber trotzdem wie eine Siegerin.

Österreichs Medaillengewinner in Peking

Gold:
Anna Gasser Snowboard Big Air
Alessandro Hämmerle Snowboard Cross
Benjamin Karl Snowboard Parallel-RTL
Matthias Mayer Ski alpin Super-G
Johannes Strolz Ski alpin Kombination
Stefan Kraft, Daniel Huber, Jan Hörl, Manuel Fettner Skispringen Teambewerb
Katharina Liensberger, Katharina Truppe, Katharina Huber, Stefan Brennsteiner, Johannes Strolz, Michael Matt Ski alpin Teambewerb
Silber:
Manuel Fettner Skispringen Normalschanze
Wolfgang Kindl Rodeln Einsitzer
Katharina Liensberger Ski alpin Slalom
Mirjam Puchner Ski alpin Super-G
Johannes Strolz Ski alpin Slalom
Daniela Ulbing Snowboard Parallel-RTL
Madeleine Egle, Wolfgang Kindl, Thomas Steu, Lorenz Koller Rodeln Teamstaffel
Bronze:
Lukas Greiderer Nordische Kombination Normalschanze
Matthias Mayer Ski alpin Abfahrt
Teresa Stadlober Langlaufen Skiathlon
Thomas Steu / Lorenz Koller Rodeln Doppelsitzer