Werbeschild für die türkische Kandidatur als Veranstalter der UEFA Euro 2024 in Istanbul
AP/Lefteris Pitarakis
Fußball

Türkische Medien werfen UEFA Betrug vor

Am Tag nach der Vergabe der Fußball-EM 2024 an Deutschland werfen mehrere große türkische Zeitungen UEFA-Präsident Aleksander Ceferin „schmutzige Machenschaften“ vor, die zum Scheitern der türkischen Bewerbung geführt hätten.

Nur eine Nacht vor der Verkündung des Gewinners habe es noch 9:7 für die Türkei gestanden, stand am Freitag in der Tageszeitung „Hürriyet“. „Aber um Mitternacht hat sich Ceferin eingeschaltet und sich zuerst mit den Deutschen getroffen, danach hat er gewährleistet, dass fünf Mitglieder ihre Stimmen ändern“, berichtete das Blatt. „Nach den Treffen hat die Türkei 12:4 verloren.“ Wie „Hürriyet“ zu diesen Schlüssen kam, geht aus dem Artikel allerdings nicht hervor.

Auch „Sabah Spor“ schrieb, Ceferin habe seine „Macht auf unethische Weise“ genutzt und „mit aller Kraft daran gearbeitet, dass Deutschland gewinnt“. Das Sportblatt sprach ebenfalls von „Druck auf fünf Mitglieder“. Ähnliche Vorwürfe waren in mindestens zwei weiteren Zeitungen zu lesen, allesamt regierungsnah. „Hürriyet“ gehört zur Demirören-Gruppe im Besitz der Magnatenfamilie Demirören, die dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan nahesteht. Yildirim Demirören wiederum ist Präsident des Türkischen Fußballverbandes (TFF). Auch die große Fanzeitung „Fanatik“ gehört zur Gruppe.

Sportminister „traurig“

Unmittelbar nach der Vergabe am Donnerstagnachmmittag hatte der türkische Sportminister Mehmet Muharrem Kasapoglu enttäuscht auf die EM-Vergabe reagiert. Das sei „traurig“ für die UEFA und die Europameisterschaft, sagte er nach der Entscheidung vor türkischen Medien. Die Türkei habe eine starke Bewerbung vorgelegt und besitze neue Stadien. „Wir haben als Land nichts verloren.“

Das UEFA-Exekutivkomitee hatte zuvor in Nyon in der Schweiz entschieden, dass die EM 2024 in Deutschland stattfindet. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) galt bei der Abstimmung als Favorit. Die Türkei hatte vor allem für das fehlende Menschenrechtskonzept und aufgrund finanzieller Risiken schlechte Bewertungen durch die UEFA-Prüfer kassiert.

Der deutsch-türkische AKP-Abgeordnete und Erdogan-Vertraute Mustafa Yeneroglu hatte auf die EM-Absage an die Türkei mit gemischten Gefühlen reagiert. „Schade, dass es diesmal für die Türkei nicht geklappt hat“, twitterte er. „Nach drei erfolglosen Bewerbungen wäre die Türkei diesmal ein schöner Ort für #EURO2024 gewesen. Aber ich freue mich auch für Deutschland.“

Ungerechte Behandlung oder zu großes Risiko?

Sportkommentator Ridvan Dilmen sagte nach Angaben von „Fanatik“, er glaube, dass die Türkei ungerecht behandelt worden sei. Die Entscheidung sei keine große Überraschung. Der Bericht der UEFA im Vorfeld sei „ungerecht“ gewesen. So sei die Affäre um die DFB-Teamspieler Mesut Özil und Ilkay Gündogan vor der WM 2018 in Russland gar nicht in der deutschen Bewertung aufgetaucht.

Deutschland erhält Zuschlag für EM

Die Europameisterschaft 2024 findet in Deutschland statt. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) erhielt am Donnerstag in Nyon den Zuschlag durch das UEFA-Exekutivkomitee gegen den einzigen Mitbewerber Türkei.

Der britische Journalist und Autor Patrick Keddie, der ein Buch über den türkischen Fußball verfasst hat, schrieb auf Twitter, die Türkei hätte das Potenzial gehabt, ein „großartiges“ Turnier zu veranstalten. Die politischen und ökonomischen Faktoren in der Türkei seien der UEFA aber am Ende wohl zu risikoreich gewesen.