Fan der Boca Juniors vor einem Copa-Libertadores-Match im Mai 2015 gegen River Plate
Reuters/Marcos Brindicci
Fußball

Finalderby versetzt Argentinien in Ekstase

Celtic gegen Rangers, Galatasaray gegen Fenerbahce oder Rapid gegen Austria – im Fußball geht nichts über Derbys. Am Samstag blickt ganz Argentinien nach Buenos Aires zum Duell zwischen Boca Juniors und River Plate. Die Erzrivalen spielen sich nicht weniger als den Titel in der Copa Libertadores, der südamerikanischen Champions League, aus.

Erstmals stehen sich nicht nur die beiden Traditionsclubs im in Hin- und Rückspiel ausgestragenen Finale der Copa Libertadores gegenüber. Auch dass zwei argentinische Teams um den Titel kämpfen, ist eine Premiere. Vor dem Hinspiel am Samstag (21.00 Uhr MEZ) in Bocas Estadio Alberto Jacinto Armando – besser bekannt als „La Bombonera“ („Die Pralinenschachtel“) – elektrisiert das Duell die Massen. Egal ob Glasgows „Old Firm“ oder das Wiener Derby, der argentinischen Rivalität kann wohl niemand das Wasser reichen.

Boca zielt im „Superclasico“ genannten Prestigevergleich im Hinspiel auf einen klaren Heimsieg, um den Weg zum Titel zu ebnen. „Wir werden den entscheidenden Unterschied bei uns herausholen“, sagte Trainer Guillermo Barros Schelotto. Am 24. November findet das Rückspiel im Stadion „El Monumental“, der Finalarena der WM 1978, von River statt. Sechsmal gewannen die Boca Juniors bisher die Copa Libertadores, zuletzt vor elf Jahren. Dreimal (zuletzt 2015) war River der südamerikanische Clubmeister.

Fans der Boca Juniors klettern vor einem Copa-Libertadores-Match im Mai 2015 gegen River Plate auf einen Zaun
Reuters/Enrique Marcarian
Wenn Boca auf River Plate trifft, dann hält es nur wenige auf den Sitzen

Argentinische Titelsammler

Die Stars von Boca sind der auch in Europa bekannte Altmeister Carlos Tevez und Teamspieler Cristian Pavon. „Azul y Oro“ (Blau-Gold), wo in seiner Karriere auch ein gewisser Diego Maradona den Ball mit dem Fuß streichelte, geht auch als Favorit in das mit Spannung erwartete Duell der Erzrivalen. Boca gewann in den vergangenen Saisonen zweimal in Folge die argentinische Meisterschaft. Insgesamt hält der Club bei 33 Meisterschaften.

River Plate vertraut auf den kolumbianischen Spielgestalter Juan Quintero. Mit dem argentinischen Teamtorhüter Franco Armani verfügt der 36-fache Meister zudem über einen starken Schlussmann. Die Gäste wollen in erster Linie ein gutes Ergebnis für die Retourpartie holen. Ihr Trainer Marcelo Gallardo muss in den beiden Finalspielen allerdings fernbleiben. Der Coach verstieß bereits im Halbfinale gegen Titelverteidiger Gremio Porto Alegre gegen seine Sperre, indem er die Kabine seines Teams besuchte. Nun darf Gallardo nicht einmal das Stadion betreten.

Fans im Stadion Alberto J. Armando in Buenos Aires
Reuters/Marcos Brindicci
„La Bombonera“ wird im Hinspiel wie immer beim „Superclasico“ aus allen Nähten platzen

Die Ticketpreise erreichen mit rund 4.500 Euro für die teuersten WM-Endspielniveau. Die preiswertesten bekam man für umgerechnet 1.000 Euro. Der Weiterverkauf der Tickets florierte auf dem Schwarzmarkt. Die Begeisterung um das Lokalderby der beiden populärsten Vereine des Landes kennt keine Grenzen. 49.000 Zuschauer werden am Samstag in der ausverkauften „Bombonera“ für Stimmung sorgen.

Berechtigte Angst vor Gewalt

Neben einem fußballerischen Leckerbissen samt Härteeinlagen werden jedoch auch Gewaltausbrüche erwartet. So versuchte Argentiniens Staatschef Mauricio Macri, ehemaliger Vereinschef der Boca Juniors, vergeblich, ein friedliches Zusammensein beider Fangruppen einzufädeln. Er forderte die Stadtbehörden auf, die Gästefans in den beiden Endspielen zuzulassen – das ist in Argentinien wegen der großen Fangewalt seit fünf Jahren verboten.

Polizeiaufgebot vor dem Stadion Alberto J. Armando in Buenos Aires
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Die Sicherheitskräfte in Buenos Aires stellen sich auf einen harten Arbeitstag ein

Der nationale Fußballverband (AFA) und die Regierung beschlossen den Ausschluss der Gastfans 2013, nachdem es das 225. Todesopfer der Gewalttätigkeit im argentinischen Fußball gegeben hatte. Es half wenig: Seitdem wurden über 50 weitere Menschen bei Auseinandersetzungen zwischen Fußballfans umgebracht, die letzten drei vergangene Woche, nachdem sich River und Boca bereits für das Endspiel qualifiziert hatten.

Sowohl der Bürgermeister von Buenos Aires, Horacio Rodriguez Larreta, als auch beide Vereinschefs lehnten den Wunsch von Macri deshalb energisch ab. „Wir sind uns einig, dass der Zeitpunkt hierzu noch nicht gekommen ist“, sagte Rivers Präsident Rodolfo D’Onofrio auch im Namen seines Boca-Kollegen Daniel Angelici. Egal, wie das Duell ausgeht, Staatschef Macri sorgt sich bereits jetzt: „Wer verliert, wird 20 Jahre brauchen, um sich zu erholen.“