Marcel Hirscher
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Ski alpin

Hirscher startet wieder ins Ungewisse

Dem siebenfachen Gesamtweltcup-Sieger Marcel Hirscher geht es nicht anders als der Konkurrenz. „Natürlich habe ich dieses Jahr mehr Trainingstage als letztes Jahr in den Beinen, doch das erste Rennen in jeder Disziplin ist immer ein großer Unsicherheitsfaktor. Die Frage lautet: Wo stehe ich?“, sagte der Salzburger vor dem ersten Slalom der alpinen Skiweltcup-Saison am Sonntag (10.15 bzw. 13.15 Uhr, live in ORF eins) in Levi.

Nach seiner Ankunft am Freitag im hohen Norden staunte der 29-Jährige erst einmal nicht schlecht. „Ich habe mir gedacht, ‚wow, alles grün, so warm hatten wir es noch nie‘.“ Nur dank eines Schneedepots aus der Vorsaison können die Rennen auf dem 531 Meter hohen Levitunturi überhaupt stattfinden. Als Favoriten bei den Herren fallen stets drei Namen. „Hirscher, Kristoffersen, Myhrer“, sagte auch ÖSV-Slalom-Trainer Marko Pfeifer, der hofft, dass seine Gruppe um Michael Matt ebenfalls vorne mitmischen wird.

Wichtige Standortbestimmung

Im Winter 2017/18 gewann Hirscher von neun Spezialtorläufen im Weltcup sieben („Die Karten sind neu gemischt, und alles ist offen“), in Kitzbühel war er Zweiter geworden, in Levi mit Trainingsrückstand nach Knöchelbruch 17. Der Norweger Henrik Kristoffersen war im vergangenen Winter über alle Bewerbe gesehen elfmal Zweiter, davon fünfmal im Spezialslalom. Dazu kamen in dieser Disziplin ein Sieg in Kitzbühel und drei dritte Ränge. Olympiasieger Andre Myhrer aus Schweden war hinter Hirscher und Kristoffersen Disziplindritter.

Der zweifache Levi-Triumphator Hirscher absolvierte die finale Vorbereitung auf der Reiteralm. „Es war wirklich perfekt und ein genialer Abschluss unserer Vorbereitungen. Da ich im Slalom nur ein einziges Mal mit Manuel Feller trainiert habe und alle restlichen Tage alleine, habe ich keine Ahnung, wie gut ich in Form bin. Das wird sich alles zeigen“, sagte Hirscher. Das Feuer fürs Rennfahren brenne nach wie vor. „Das ist ja auch der Grund, warum ich weiterfahre.“ Auf welches Set-up er zurückgreifen wird, war lange offen. „Sollen wir das Zeug von der letzten Saison nehmen oder eher das, was wir in den letzten Tagen weiterentwickelt haben?“

Marcel Hirscher
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Wo Hirscher leistungsmäßig derzeit steht, wird sich in Levi zeigen

Matt legt ein „Schäuferl drauf“

Olympiabronzemedaillengewinner Michael Matt hat als zweiter Österreicher einen Platz in der ersten Startgruppe, mit dem letzten Training in Kaabdalis war er sehr zufrieden. „Ich habe mich von Tag zu Tag steigern können, habe immer ein Schäuferl draufgelegt. Je näher es zu dem Rennen kommt, desto mehr steigt die Motivation.“ Der Fokus lag im Sommer wieder auf Kraft- und Rumpftraining, er sei stärker geworden. „Und skitechnisch habe ich mich auch ein bisschen weiterentwickelt. Ich bin erfahrener, reifer. Ich glaube, das schadet auch nicht.“

Mit Kitzbühel, Schladming und Kranjska Gora beendete er zwar die drei letzten Spezialslaloms der vergangenen Weltcup-Saison nicht, dank vier Top-Sechs-Resultaten davor und dazu den guten Platzierungen in den City Events reichte es aber zum vierten Platz in der Disziplinwertung. Zweimal fehlte ihm übrigens als Zweitem nicht viel auf Sieger Hirscher. In Zagreb waren es fünf Hundertstelsekunden, in Adelboden 13 Hundertstelsekunden. „Im Normalfall kommen die Hundertstel immer irgendwann zurück. Vielleicht heuer. Ich habe Marcel aber keinen einzigen Schwung fahren gesehen.“

Was er in Levi zu tun hat, weiß Matt. „Oben ist es flach, da musst du Vollgas geben. Dann kommt der lange Steilhang, aber da musst du genauso runterpushen.“ Die Zeitabstände sind gering, viel mehr als 1,5 Sekunden dürften es nicht sein, will man im zweiten Durchgang dabei sein.

Für Feller heißt es „Gas geben“

Das hat auch Manuel Feller vor, der 2017 auf flotter Fahrt ausschied. Überhaupt wechselten sich Topresultate und Ausfälle ab, heuer soll mehr Konstanz reingebracht werden. „Man kann an der Konstanz nur arbeiten, wenn man trainiert. Es dauert halt seine Zeit“, verwies Feller auf seine Rückenprobleme, die oft nur bedingt Training zuließen. Aktuell ist er fit, weshalb viel an der Stabilität im Slalom gearbeitet wurde. „Damit man, auch wenn man am Limit fährt, nicht so extrem riskant unterwegs ist.“

Manuel Feller
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Feller soll für seine Husarenritte in dieser Saison endlich belohnt werden

Nach dem Training in Schweden sieht er sich für die Pistenverhältnisse in Levi gut vorbereitet. „Es waren gute Bedingungen, weil wir so ziemlich alles gehabt haben. Nebel, Salzpisten, Wandln, Löcher, und knackig war es auch einmal.“ Dass er nicht weiß, wie es der Konkurrenz ergangen ist, stört den 26-Jährigen nicht. „Ich weiß, dass ich gut drauf bin und was ich kann. Natürlich sind hier die besten Slalom-Fahrer am Start, und so schnell kannst gar nicht schauen und du bist irgendwo mittendrin oder hintennach. Es heißt Gas geben.“

Levi guter Boden für Schwarz

Bester Österreicher war im vergangenen Jahr in Levi unmittelbar vor Matt der Kärntner Marco Schwarz als 13. „Es hat mir hier immer getaugt, ich freue mich auf Sonntag.“ Freilich seien die Voraussetzungen nach den warmen Tagen nun anders. „In den letzten Jahren hatte es hier minus 15 Grad und jetzt hat es plus fünf. Wir fahren zu 75 Prozent auf altem Schnee. Das ist nicht ganz das, was man will. Das ist toter Schnee, da musst du viel salzen. Vom Set-up probiert man, aggressiver zu werden, dass man mehr Schaufeldruck herbekommt.“

Weltcup-Auftakt im Slalom

Am Sonntag steht der erste Herren-Slalom der Saison in Levi in Finnland auf dem Programm – damit auch der Saisonauftakt für den Kärntner Marco Schwarz.

Nach den internen Zeitvergleichen glaubt er, dass das Niveau in der Mannschaft hoch ist. „Wir haben uns relativ gut abgewechselt, sind auf einem relativ gleichen Niveau. Wir sind sicher konkurrenzfähig.“ Das will auch Christian Hirschbühl sein, auch er sucht die Konstanz. „Wir haben an grundlegenden Sachen gearbeitet. Inwiefern die Früchte tragen, sehen wir im Laufe der Saison.“