Alexander Zverev
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ATP-Finals

Zverev reißt Federer aus Titelträumen

Alexander Zverev hat bei den ATP-Finals in London für eine Überraschung gesorgt und als erster Deutscher seit Boris Becker vor 22 Jahren beim Abschluss der Saison das Endspiel erreicht. Der 21-Jährige besiegte am Samstag im Halbfinale sein Vorbild Roger Federer mit 7:5 7:6 (75) und steht unerwartet im Finale.

Im Endspiel am Sonntag trifft der als Nummer drei gesetzte gebürtige Hamburger nun auf den serbischen Weltranglistenersten Novak Djokovic, der dem Südafrikaner Kevin Anderson keine Chance ließ und ihn mit 6:2 6:2 besiegte. Federer, der die ATP-Finals schon sechsmal gewonnen hat, muss damit weiter auf seinen 100. Titel auf der ATP-Tour warten.

Vor Zverev war Becker der letzte Deutsche im Endspiel des ATP-Finals. 1996 verlor das deutsche Tennisidol in Frankfurt am Main im Finale gegen den US-Amerikaner Pete Sampras. Im Jahr zuvor hatte Becker das prestigeträchtige Event als bisher letzter Deutscher gewonnen.

Ballbub sorgt für Aufregung

Die Entscheidung fiel im Tiebreak des zweiten Satzes. Weil ein Ballbub mitten im Ballwechsel den Ball fallen ließ, beschwerte sich Zverev zu Recht. Der Punkt musste wiederholt werden. Federer intervenierte beim Schiedsrichter, doch die Entscheidung war korrekt. Zverev erhielt reglementskonform nochmals einen ersten Aufschlag – und schlug ein Ass. Der Deutsche gewann auch die nächsten zwei Punkte und nutzte nach 1:34 Stunden seinen zweiten Matchball mit einem Volley.

Schiedsrichter
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Das Malheur eines Ballbuben brachte Federer entscheidend aus dem Konzept

Ein Teil der Zuschauer, die mehrheitlich den 37-jährigen Schweizer unterstützt hatten, pfiff Zverev daraufhin beim Siegerinterview aus. Doch die deutsche Nummer eins löste die Situation erstaunlich souverän. „Es tut mir leid, ich wollte keinen enttäuschen hier“, sagte Zverev. „So sind nun einmal die Regeln, und Roger hat meine Entschuldigung am Netz auch bereits angenommen.“

„Bin natürlich sehr stolz“

Zverev zeigte im sechsten Duell mit seinem Idol von Beginn an eine hochkonzentrierte Leistung. Er schlug sehr gut auf und ließ im ersten Durchgang keinen Breakball zu. Da auch Federer zunächst keine Probleme beim eigenen Service hatte, lief alles auf eine Entscheidung im Tiebreak hinaus. Doch dann schlug Zverev zu und nahm dem Schweizer zu null den Aufschlag zum Satzgewinn ab.

Zu Beginn des zweiten Abschnitts ließ die Konzentration bei Zverev ein bisschen nach. Federer nutzte das sofort und schaffte das Break zum 2:1. Doch Zverev schaffte postwendend das Rebreak, was letztlich ins Tiebreak führte. Dort behielt Zverev die Nerven. „Ich bin natürlich sehr stolz. Mein Team und ich haben sehr hart dafür gearbeitet“, sagte Zverev, der bisher drei Turniersiege der Masters-1000-Kategorie als Höhepunkte zu Buche stehen hat.

Jubel von Novak Djokovic (SRB)
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Djokovic behielt auch gegen Anderson seine weiße Weste und gab noch keinen Satz ab

Ohne große Anstrengung zog Djokovic in das Finale ein. Auch gegen Anderson war der Weltranglistenerste souverän und siegte in 1:15 Stunden. Der Serbe, der das Finalturnier schon 2008 und zwischen 2012 und 2015 viermal in Serie gewonnen hat, schaffte gegen den 2,03 Meter großen Südafrikaner in beiden Sätzen früh ein Break und geriet nie in Gefahr. Im gesamten Turnier hat Djokovic noch kein Aufschlagspiel abgegeben und erst zwei Breakbälle (beim 6:4 6:1 gegen Zverev in der Vorrunde) abwehren müssen.