Magnus Carlsen
APA/AFP/Tolga Akmen
Schach-WM

Carlsen verteidigt Titel im Tiebreak

Der Norweger Magnus Carlsen hat seinen Weltmeistertitel im Schach erfolgreich verteidigt. Der 27-Jährige bezwang seinen um ein Jahr jüngeren Herausforderer Fabiano Caruana aus den USA am Mittwoch in London im Schnellschach mit 3:0 Punkten deutlich.

Das Tiebreak war notwendig geworden, weil die aktuell besten zwei Schachspieler der Welt in den zuvor zwölf Runden mit klassischer Bedenkzeit jeweils remis gespielt hatten. Carlsen, der mit einer Elo-Zahl von 2.880 die klare Nummer eins im Schnellschach (25 Minuten Bedenkzeit pro Spieler) ist, wurde in der Entscheidung seiner Favoritenrolle gerecht, auch weil Caruana – mit fast 100 Punkten Rückstand nur die Nummer acht der Welt im Schnellschach – entscheidende Fehler machte.

Den aus seiner Sicht drohenden Umsturz wendete Carlsen zwei Tage vor seinem 28. Geburtstag überraschend deutlich ab. „Ich bin sehr glücklich. Das war ein sehr, sehr guter Tag heute in der Arbeit“, sagte Carlsen in einer ersten Reaktion. Caruana geriet gleich in der ersten Partie ins Hintertreffen. Carlsen war mit Weiß am Drücker, als sich der amerikanisch-italienische Doppelstaatsbürger unter Zeitnot einen Fehlgriff leistete. Nach 55 Zügen gab Caruana auf.

Zweite Partie bereits nach 28 Zügen zu Ende

Der Herausforderer war danach zu offensivem Spiel gezwungen und lief prompt in einen Konter. Die Großmeister wiederholten die gleiche Variante aus der zwölften Partie mit klassischer Bedenkzeit. Caruana ging mit einem Bauernvorstoß Risiko ein, der diesmal mit Schwarz spielende Carlsen parierte glänzend. Bereits nach 28 Zügen musste Caruana Carlsen zur 2:0 Führung gratulieren.

Magnus Carlsen und Fabiano Caruana
AP/Frank Augstein
Im Schnellschach ließ Titelverteidiger Carlsen seinem Herausforderer Caruana keine Chance

Zum Schluss gewann der Norweger nochmals mit Weiß, auch weil Caruana mit unkonventionellen Zügen großes Risiko ging, aber nie Druck aufbauen konnte. Der Titelverteidiger verlor wie am ganzen Schlusstag nie die Kontrolle.

Caruana enttäuscht, aber sportlich

Die Machtdemonstration machte auch klar, warum Carlsen in der letzten Partie mit klassischer Bedenkzeit für viele überraschend ein Remis angeboten hatte. Als ihm in der dritten Partie des Tiebreaks schon ein Unentschieden reichte, zog er noch einmal alle Register und führte seinen Gegner praktisch vor. Caruana war enttäuscht, nahm die Niederlage aber sportlich. „Das Ergebnis zeigt, dass er der stärkste Spieler der Welt ist, er ist Weltmeister, daher passt es“, meinte der Amerikaner.

Die WM verlief von Beginn an sehr ausgeglichen. In fast allen Partien neutralisierten sich die Kontrahenten und teilten sich ohne große Aufreger den Punkt. Es gab aber auch Momente, in denen das Match einen ganz anderen, viel dramatischeren Verlauf hätte nehmen können. Gleich zum Auftakt verpasste Carlsen mit Schwarz mehrere Chancen zum Sieg. Es war ein großer Kampf und ein Marathon mit sieben Stunden Spielzeit und 115 gespielten Zügen. Danach scheuten beide Spieler das Risiko.

Carlsen seit 2013 Weltmeister

Carlsen hatte den WM-Titel erstmals 2013 in Chennai gegen den Inder Viswanathan Anand gewonnen und ihn seither verteidigt. Schon 2016 in New York musste der Norweger gegen den Russen Sergej Karjakin ins Tiebreak und setzte sich dort mit 3:1 durch. 2014 bei der Titelverteidigung in Sotschi gegen Anand hatte er nach elf Partien im klassischen Schach mit 6,5:4,5 gewonnen. Der Preisfonds bei der WM in London betrug eine Million Dollar (rund 880.000 Euro). Sieger Carlsen bekommt 550.000 Dollar (rund 485.000 Euro) Preisgeld, Cuarana 450.000 Dollar (rund 395.000 Euro).

Die Weltmeister im klassischen Schach seit 1886

1886 bis 1894 Wilhelm Steinitz AUT/USA
1894 bis 1921 Emanuel Lasker GER
1921 bis 1927 Jose Capablanca CUB
1927 bis 1935 Alexander Aljechin RUS/FRA
1935 bis 1937 Max Euwe NED
1937 bis 1946 Alexander Aljechin RUS/FRA
1948 bis 1957 Michail Botwinnik URS
1957 bis 1958 Wassili Smyslow URS
1958 bis 1960 Michail Botwinnik URS
1960 bis 1961 Michail Tal URS
1961 bis 1963 Michail Botwinnik URS
1963 bis 1969 Tigran Petrosian URS
1969 bis 1972 Boris Spasski URS
1972 bis 1975 Robert Fischer USA
1975 bis 1985 Anatoli Karpow URS
1985 bis 2000 Garri Kasparow URS/RUS
2000 bis 2007 Wladimir Kramnik RUS
2007 bis 2013 Viswanathan Anand IND
2013 bis 2023 Magnus Carlsen NOR
seit 2023 Ding Liren CHN