Lisa Ashton (ENG)
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Darts

Frauen mischen bei der WM mit

Der Frauenanteil an einer Weltmeisterschaft im Darts hat sich meist auf die „Walk-on-Girls“, die Hostessen an der Seite der Teilnehmer, beschränkt. Während dieser Escort-Service mittlerweile abgeschafft wurde, greifen heuer erstmals seit 2009 mit Lisa Ashton und Anastasia Dobromislowa wieder Frauen aktiv ins Geschehen ein. Und das Duo will das Rampenlicht nutzen.

Die Russin Dobromislowa durfte sich als bisher letzte Frau 2009 mit den besten Männern bei der WM der Professional Darts Corporation (PDC) im Alexandra Palace von London messen. Vor der 34-Jährigen war die Engländerin Gayl King 2001 mit von der Partie. Beide Male verteilte die PDC an die Spielerinnen jedoch Wildcards. „Es war etwas ganz Besonderes“, erinnert sich Dobromislowa, „vor allem weil ich die einzige Frau war, war die Unterstützung gewaltig.“

Für die am Donnerstag beginnende 26. Auflage des prominentesten Turniers der Darts-Szene waren die Frauen aber nicht auf „Geschenke“ der Veranstalter angewiesen. Ashton und Dobromislowa qualifizierten sich auf sportlichem Weg. Die vierfache und amtierende Frauen-Weltmeisterin Ashton bekommt es in der ersten Runde mit dem Niederländer Jan Dekker zu tun, Dobromislowa, ihres Zeichens dreifache Weltmeisterin, trifft auf Ryan Joyce aus England. „Es ist die Chance zu zeigen, wie sehr sich das Spiel der Frauen entwickelt hat“, sagte Ashton der britischen Zeitung „The Telegraph“.

Lisa Ashton
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Ashton, hier bei ihrem WM-Titel 2015, hat beim Vergleich mit den Männern viel vor

Können kennt kein Geschlecht

Für PDC-Boss Barry Hearn ist das Ende der reinen Männerdominanz bei der WM ein logischer Schritt. Denn körperliche Unterschiede zwischen Frauen und Männern spielen gerade im Darts keine Rolle, so der Engländer. „Wir haben es nicht gemacht, um gut auszuschauen. Es sollte in einem Sport, wo es rein um das Können geht, keine Einschränkungen geben. Es macht keinen Unterschied, welches Geschlecht, Hautfarbe oder Größe jemand hat“, so Hearn.

Durch die Aufstockung des Teilnehmerfeldes von 72 auf 96 Profis fiel den Verantwortlichen der erste kleine Schritt zur Gleichberechtigung leichter. „Wir werden nun sehen, wie gut einige diese Spielerinnen sind“, sagte der PDC-Boss. Hearn macht auch keinen Hehl daraus, dass er auf ein erfolgreiches Turnier der beiden Teilnehmerinnen hofft: „Wenn eine Frau auch nur ein Spiel gewinnt, wäre es eine fantastische Bestätigung dafür, wo unser Sport mittlerweile steht.“

Gewaltiges Prämiengefälle

Während die Topstars der PDC wie der Weltranglistenerste Michael van Gerwen aus den Niederlanden und der mittlerweile zurückgetretene Rekordweltmeister Phil Taylor aus England dank des gehörigen Popularitätschubs in den vergangenen zehn Jahren zu Millionären wurden, können die Frauen von ihrem Sport noch nicht leben. Zwar organisiert der PDC-Konkurrenzverband British Darts Organisation (BDO) seit 2001 eine eigene Frauen-WM, in Sachen Prämie hinken die Frauen den Männern aber Lichtjahre hinterher.

Ashton kassierte für ihren WM-Sieg im vergangenen Jänner 12.000 Pfund (13.400 Euro). Zum Vergleich: Dem Engländer Rob Cross wurde der Titel mit 400.000 Pfund (446.000 Euro) versüßt. Heuer warten auf den PDC-Champion übrigens 500.000 Pfund (557.000 Euro). Allein die Qualifikation bringt 7.500 Pfund (8.350 Euro) Prämie, der Aufstieg in Runde zwei mit 15.000 Pfund (16.700 Euro) mehr als ein WM-Titel bei den Frauen.

Die besten Spielerinnen müssen daher entweder viele große Turniere ihrer Serie gewinnen, um am Ende des Jahres ihre Ausgaben decken zu können – oder nebenbei arbeiten. So schiebt laut „Telegraph“ etwa die Engländerin Deta Hedman, eine Grand Dame der Frauen-Dartsszene, noch immer ihre Schichten bei der britischen Post, um sich ihr Training und die Anreise zu Turnieren finanzieren zu können. „Es ist schwierig, wir verdienen nicht genug, um wie ein Van Gerwen oder Taylor zu trainieren. Aber ich liebe den Sport einfach“, sagte die 59-Jährige.

Männliche Skepsis

Dass Frauen im Duell mit dem vermeintlich stärkeren Geschlecht trotz aller Unkenrufe auf Augenhöhe agieren können, bewies nicht nur Hedman im direkten Duell, sondern auf prominenter Bühne Dobromislowa beim Grand Slam of Darts 2009. Die damals 25-Jährige besiegte den Niederländer Vincent van der Voort, zweifacher Viertelfinalist bei PDC-Weltmeisterschaften, mit 5:4. Nur weil Van der Voort später Rekordweltmeister Taylor überraschend mit 5:1 deklassierte und die Russin ihr letztes Gruppenspiel gegen den Waliser Mark Webster mit 2:5 verlor, wurde sie Letzte.

Anastasia Dobromyslova (RUS)
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Dobromislowa stellte den favorisierten Van der Voort 2009 in den Schatten

Der Respekt der männlichen Kollegen gegenüber Dobromislowa, Ashton und Co. ist trotz aller Prestigeerfolge weiter nur mäßig ausgeprägt. Der Weltranglistenerste Van Gerwen zog sich einst in Sozialen Netzwerken großen Unmut zu, als er die Frage, ob Frauen jemals mit den Männern mithalten könnten, knapp mit „Nein“ beantwortete. Seine Erklärung – „Man kann Männer- und Frauendarts nicht vergleichen, ich weiß zwar keinen Grund, aber aus irgendeinem ist es so“ – machte es nicht besser.

Österreichs Nummer eins Mensur Suljovic zeigte vor der diesjährigen WM zwar Anerkennung für das Können der Frauen, räumt Ashton und Dobromislowa aber nur wenige Chancen ein. „Es ist ein netter Versuch, aber es wird sehr schwierig für sie“, sagte der Wiener. Zumindest Ashton lässt sich von solchen Prognosen aber nicht beeindrucken: „Wir haben keine Angst, es mit den Männern aufzunehmen“, sagte die 48-Jährige. Laut Website des Österreichischen Dartsverbandes (ÖDV), sind hierzulande übrigens aktuell 32 aktive Dartspielerinnen in der Rangliste geführt. Suljovics Pendant ist Manuela Brandstätter.