Hannes Reichelt
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Ski alpin

Lauberhorn bringt Fahrer ins Schwärmen

Die Lauberhorn-Abfahrt ist nicht nur ein echter Klassiker, sondern bietet mit dem Hundschopf und dem Brüggli-S auch zwei Passagen auf, die es in eine neu gebaute Rennstrecke nicht mehr schaffen würden. Davon ist Skirennläufer Hannes Reichelt überzeugt – 2015 Gewinner des Spektakels in Wengen sowie dreimal Zweiter, einmal Dritter und im Vorjahr Vierter.

Der Internationale Skiverband (FIS) würde solche Passagen nie mehr genehmigen, zeigte sich Reichelt bei einem Medientermin in Wengen überzeugt. „Das macht es einfach so speziell. Du brennst mit 110 km/h auf das Brüggli-S hin, musst sehr geduldig sein und überzeugt von dir selbst, was du da jetzt tust. Das ist schon eine Riesenüberwindung, immer wieder.“ Das legendäre Brüggli-S heißt übrigens schon lange Kernen-S, wird aber von kaum einem Rennläufer so bezeichnet.

Reichelt sprach den fehlenden Wiedererkennungswert der neu gebauten Abfahrten, wie etwa jener in Südkorea für die Olympischen Spiele 2018, an. Sturzraum sei freilich gut, aber: „Wenn der Zuschauer daheim nicht mehr weiß, in welcher Passage sich der Läufer befindet, weil alles gleich runtergeht von den Kurven her, ist das auch nicht der richtige Ansatz.“ In Wengen dagegen wisse der Zuschauer sofort, an welcher Stelle sich der Läufer befindet.

Dazu komme, dass der Zuschauer sofort erkenne, ob ein Läufer das Brüggli-S schön erwischt habe oder nicht. „Je eher der Laie sieht, ob das gut war oder nicht, desto interessanter ist es.“ Die Kameraführung sei auch in Wengen sehr gut, da werde der Sport gut verkauft.

Zahlreiche Lieblingspassagen

Reichelt erklärte, er komme gern nach Wengen auf eine seiner Lieblingsstrecken, die Abfahrt habe ein eigenes Flair. Das Lauberhorn kennt er wirklich gut. Es sei immer ähnlich, die Schneeverhältnisse freilich würden wechseln, und einmal sei ein Hügelchen mehr oder weniger auf der Strecke. „Aber im Endeffekt würde ich auch ohne Besichtigen runterfinden“, ist er überzeugt.

Langentrejen ist seine Lieblingspassage, weil das Tempo hoch und es schwierig sei, dort schnell zu sein. Das Ziel-S sei auch sehr speziell, weil man nicht wisse, wie viel Kraft man noch habe. „Da liegt noch einmal viel Zeit drinnen. Bei langen Strecken ist es oft so, dass ich am Ende immer schneller und schneller werde. Meine Physis ist da ein Vorteil.“

Für seinen Kärntner Teamkollegen Matthias Mayer ist Wengen sogar „die schönste Abfahrt der Saison“. „Es ist ein Traum, hier zu fahren. Ich bin immer wieder gerne hier.“ Er finde es „lässig“, wenn man nach zwei Minuten mit 160 km/h über den Haneggschuss runterfahre, sich in die Oberschenkel reinspüre und nicht genau wisse, wie man die nächsten Kurven fahren werde. „Das ist ein eigenes Gefühl, da drückt es einen gscheit rein. Aber irgendwie geht es sich trotzdem immer aus. Es ist ein gutes Gefühl, wenn man dann im Ziel ist“, sagte Mayer.

Suche nach der Spitzenform

Während Mayer in dieser Saison immerhin schon auf Rang zwei im Gröden-Super-G verweisen kann, soll es in Wengen auch für Reichelt bergauf gehen. Mit der bisherigen Saison ist er freilich nicht zufrieden, hatte sich das eine oder andere Mal auch mit dem Material vertan. Im Super-G hat er als beste Platzierungen vier in Lake Louise und neun in Gröden (in der Disziplinenwertung als Elfter viertbester Österreicher), in der Abfahrt sieben in Beaver Creek und zehn in Gröden (als 14. viertbester Österreicher) stehen.

Das Training zuletzt in Südtirol in Sulden mit dem Schwiegervater und danach mit den Teamkollegen im Ultental hat ihm Zuversicht gebracht. „Es ist super, dass wir jetzt mit Wengen, Kitzbühel und Garmisch bis kurz vor der WM Rennen haben. Im Hinblick auf die Qualifikation ist das auch gut, dass wir noch drei Klassiker haben, wo man zeigen kann, dass man zu dem Aufgebot dazugehört.“