Blick auf Seefeld
GEPA/Harald Steiner
Nordische WM

Seefeld bereit für Wintermärchen

Nach der WM ist vor der WM: Wenige Tage nach dem Ende der alpinen Titelkämpfe in Aare bittet Seefeld zum zweiten Mal nach 1985 die nordischen Athletinnen und Athleten zur Jagd nach Gold, Silber und Bronze. Vor allem für Österreich soll der Tiroler Boden ab Mittwoch ein erfolgreicher sein – Stichwort: Wintermärchen.

Bei der 52. Auflage einer nordischen Weltmeisterschaft und der ersten in Österreich seit Ramsau 1999 sind für das Team des Österreichischen Skiverbandes (ÖSV) wieder Medaillen in allen Sparten möglich. Dieser Coup gelang einer rot-weiß-roten Abordnung zuletzt beim Heimspiel vor 20 Jahren in der Ramsau, als sowohl im Skispringen als auch in der Kombination und im Langlauf Edelmetall geschürft wurde.

Dass die Titelkämpfe heuer wieder auf heimischen Boden stattfinden, befeuert auch den Optimismus der Verantwortlichen. ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel hält drei bis vier Stück in den insgesamt 22 Entscheidungen für realistisch. Bei der bisher letzten Weltmeisterschaft in Seefeld, 1964 und 1976 auch Schauplatz der olympischen nordischen Bewerbe, fiel die Bilanz mit zweimal Silber bescheidener aus.

Kraft größter Hoffnungsträger

Die größten Hoffnungen auf ein erfolgreiches Heimspiel ruhen einmal mehr auf den Schultern der Skispringer, auch wenn die Generalprobe am vergangenen Wochenende im deutschen Willingen ohne Spitzenplätze daneben ging. Stefan Kraft ist der Star des heimischen Aufgebots, er tritt als zweifacher Titelverteidiger in den Skisprungbewerben auf dem Bergisel in Innsbruck (Großschanze) sowie der Toni-Seelos-Schanze in Seefeld (Normalschanze) an. In Lahti war Kraft an vier der fünf österreichischen Medaillen beteiligt.

Der Gewinner von 15 Weltcup-Bewerben wartet in der Heimat allerdings noch auf einen Erfolg, zuletzt war er Anfang Jänner bei der Vierschanzentournee auf dem Bergisel Zweiter. Er liebe es, in den Kessel mit den begeisterten Fans hinunterzuspringen, hat Kraft mehrfach betont. Am Samstag (23. Februar) wird es für den seit Jänner leicht im Aufwind befindlichen Champion von Lahti 2017 und seine Kollegen erstmals ernst. Nicht mit dabei ist Gregor Schlierenzauer: Der Weltcup-Rekordsieger konnte die ÖSV-Trainer in Willingen nicht überzeugen und wurde nicht nominiert.

Hoffnungsvolle Außenseiter

Die Skispringerinnen um Daniela Iraschko-Stolz, die sich erstmals auch in einem Team-Bewerb präsentieren können, sowie die Nordischen Kombinierer mit den jeweils zweifachen Saisonsiegern Mario Seidl und Franz-Josef Rehrl sowie Langläuferin Teresa Stadlober wollen ebenfalls dazu beitragen, dass Österreich in der Medaillenbilanz vielleicht sogar sechs Stück wie 1999 bei der vorigen Heim-WM in Ramsau am Dachstein (einmal Gold, zweimal Silber, dreimal Bronze) erreicht.

„Es ist alles getan. Die große Kunst und Herausforderung wird sein, es schön laufen zu lassen. Es liegt in meiner Hand“, sagte etwa Kombinierer Rehrl. 2017 in Lahti steuerte das Kombi-Team Bronze zur Medaillenbilanz der Österreicher bei. Vom damaligen Quartett sind Seidl und Altmeister Bernhard Gruber, 2015 in Falun Weltmeister im Einzel von der Großschanze, auch in Seefeld wieder mit dabei.

Zuschauertribüne im Langlaufstadion
APA/Barbara Gindl
Die Loipen und Tribünen in Seefeld sind für spektakuläre Bewerbe bereit

Mario Stecher, seit dieser Saison Sportlicher Leiter für Skispringen und Nordische Kombination, hält in seinem Bereich vier Medaillen für möglich. „Je eine im Skispringen der Damen und Herren und zwei in der Kombination, das könnte ich mir gut vorstellen“, meinte der zweifache Kombi-Team-Olympiasieger gegenüber der APA. Die ÖSV-Bestmarke von Oslo 2011 mit sieben Gold- und zwei Silbermedaillen sowie einmal Bronze hat wohl für immer Bestand.

Stadlober gut drauf

Der für die österreichischen Langläufer verantwortliche Markus Gandler hat in Teresa Stadlober ein heißes Eisen im Feuer, auch wenn eine Erkrankung nach dem Jahreswechsel einen Rückschlag bedeutete. „Sie hat auf jeden Fall das Potenzial für weit vorne, im Idealfall läuft sie um eine Medaille“, sagte Gandler, der vor 20 Jahren Teil der erfolgreichen Weltmeister-Staffel war.

Grafik zeigt Karte, Zeichnung der Wettkampforte in Seefeld, Zeichnung Schanzen Seefeld und Innsbruck
Grafik: APA/ORF.at; APA/seefeld2019.com

Stadlober legte mit Platz acht in Cogne auch eine gelungene Generalprobe für die WM hin. „Das Gefühl ist gut, in den Anstiegen merke ich, dass ich gut drauf bin. Im Schub muss ich mich sicher noch weiterentwickeln, da lasse ich zu viel Zeit liegen. Für die WM bin ich aber optimistisch, dass das passt“, so die Salzburgerin. Ein Malheur wie bei Olympia 2018 in Pyeongchang, als sie auf dem Weg zu einer möglichen Medaille in die falsche Loipe einbog, wird Stadlober in Seefeld wohl nicht passieren.

Drittes Großereignis in Tirol

Tirol freut sich nach Kletter- und Rad-WM 2018 jedenfalls auf einen weiteren Höhepunkt, der dem Tourismus nochmals Zuwächse bescheren soll. Seefeld, das auch Schauplatz von Olympiabewerben war, verfügt über 8.100 Gästebetten, die Olympiaregion weist insgesamt 15.000 auf. Sie werden während der Titelkämpfe ausgebucht sein. Der ÖSV erwartet als Veranstalter rund 200.000 Zuschauer. Bürgermeister und OK-Chef Werner Frießer freut sich auch über den Ausbau der Infrastruktur, etwa einen von Grund auf renovierten Bahnhof.

Bergiselschanze aufgenommen aus der Luft
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Der Bergisel in Innsbruck ist die einzige „Außenstelle“ der WM im nahen Seefeld

Dieser soll auch zur Drehscheibe für die Fans aus dem In- und dem nahe gelegenen Ausland werden. Die Skandinavier kommen per Flugzeug. Die vielfach speziell adjustierten Zuschauer aus Norwegen sorgen traditionell für ein buntes Bild bei Großereignissen. Nicht nur das norwegische Königspaar, Harald V. und Sonja, hat sich angesagt, auch Schwedens Carl XVI. Gustaf und seine Frau Silvia reisen zur WM an, um ihren Sportlerinnen und Sportlern royale Unterstützung zukommen zu lassen.

Die hohen Gäste aus Skandinavien, allen voran jene aus Norwegen, werden wohl am öftesten die Hymne ihres Landes und die Jubelgesänge der Fans zu hören bekommen, denn die Athleten aus dem hohen Norden zählen in allen Sparten zu den Mitfavoriten. Der Rekord von Norges Skiforbund steht bei 20 Medaillen (11-4-5) in Falun 2015. Es wäre keine Überraschung, wenn Norwegen die WM am 3. März nach dem abschließenden 50-km-Langlauf der Herren zum elften Mal in Folge als Nummer eins des Medaillenspiegels abschließt.