Dabei gelten die 2019er Modelle eigentlich generell als etwas langsamer als die von 2018. „Der Tag heute war annähernd perfekt. Das Auto hat funktioniert von der ersten Runde an“, sagte Vettel. An die Topzeit seines deutschen Herausforderers kam auch der Titelverteidiger nicht heran: Der Brite Lewis Hamilton war bei seinem vierstündigen Einsatz am Nachmittag ebenso wie sein finnischer Teamkollege Valtteri Bottas knapp zwei Sekunden langsamer als Vettel.
„Wir wollen alle in den Ergebnislisten ganz oben stehen und wir schauen alle auf die Rundenzeiten, das ist aber nicht Sinn dieser Tests“, sagte Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff. „Du willst Teile testen und sehen, was die Daten sagen.“ Beunruhigt klang Wolff wegen der starken Vorstellung von Ferrari und den Plätzen acht und neun für Bottas (69 Runden) und Hamilton (81) nicht.
Wolff hat Angst vor ungeregeltem Brexit
Etwas anderes macht dem Wiener mit Blick auf das Duell mit dem Team aus Maranello deutlich mehr zu schaffen: der geplante EU-Ausstieg Großbritanniens. „Ein ungeregelter Brexit wäre ein Alptraumszenario“, sagte Wolff laut dem Magazin „auto, motor und sport“. „Der Brexit ist für uns und muss für alle Teams, die von England aus operieren, eine große Sorge sein.“ Mercedes bestätigte diese Aussagen.
Bei den Silberpfeilen sind Mitarbeiter aus 26 verschiedenen Nationen angestellt. Diese müssten aus England aus- und nach England einreisen, sagte Wolff. Zudem bekommt das Werksteam, das unter deutscher Lizenz antritt, Bauteile von außerhalb Englands. „Jede Störung in Bezug auf Zölle oder Lieferverzögerung kann große Auswirkungen haben“, sagte Wolff.
Neben Mercedes, das in Brackley sein Haupt-Formel-1-Werk hat, sitzen auch Red Bull (Milton Keynes), McLaren (Woking), Williams (Grove), Renault (Enstone) und Racing Point (Silverstone) in England. Die politischen Entscheidungen könnten ein Risiko für die Mitarbeiter und die Formel-1-Industrie sein. Im Fall eines Brexit, der für den 29. März geplant ist, wenn die Saison bereits begonnen hat, müsse man reagieren, „mehr Teile auf Lager halten oder uns über die Lieferkette Gedanken machen. Andernfalls könnten unsere Produktion und auch unser Entwicklungsprogramm behindert werden“, sagte Wolff.
McLaren kommt Ferrari am nächsten
Ferrari hätte diese Probleme nicht. Nachdem Vettel schon bei der Präsentation des neuen Autos am Freitag am Firmensitz am liebsten Anzug gegen Rennoverall getauscht hätte, legte er zum Testbeginn ordentlich los. In 1:18,161 Minuten raste er schneller als alle anderen über die 4,655 Kilometer lange Strecke. Die „Scuderia“ setzte schon in der ersten Tageshälfte mit der klaren Bestzeit ein Rufzeichen.
Als Zweitschnellster war am Ende des Tages der Spanier Carlos Sainz im McLaren um 0,397 Sekunden langsamer. Dahinter folgten der Franzose Romain Grosjean im Haas (0,998), der Niederländer Max Verstappen im Red Bull (1,265) und der von Ferrari zu Alfa Romeo (vormals Sauber) gewechselte Finne Kimi Räikkönen (1,301).
Williams nicht rechtzeitig fertig
Insgesamt waren elf Fahrer im Einsatz, als einziges Team konnte Williams noch nicht eingreifen, der neue Wagen ist voraussichtlich frühestens am Mittwoch bereit. Dem polnischen Formel-1-Rückkehrer Robert Kubica und dem 21-jährigen britischen Neuling George Russell blieb damit vorerst nur die Zuschauerrolle. „Das ist natürlich extrem enttäuschend“, sagte die Stellvertretende Teamchefin Claire Williams.
Die erste Testphase endet am Donnerstag. Vom 26. Februar bis 1. März darf erneut auf dem Kurs in Katalonien gefahren werden, der Saisonstart erfolgt am 17. März in Melbourne. Vettel will in diesem Jahr, seinem fünften bei Ferrari, endlich erstmals den WM-Titel mit der „Scuderia“ gewinnen – so wie einst sein Idol Michael Schumacher. Hamilton könnte unterdessen mit einem weiteren Triumph bis auf einen an den siebenfachen Rekordchampion Schumacher heranrücken.