Srdan Grahovac und Mert Müldür (Rapid Wien) gegen Ivan Perisic (Inter Mailand)
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Europa League

Rapid zieht schmerzliche Lehren

Inter Mailand hat Rapid im Sechzehntelfinale der Europa League klar die Grenzen aufgezeigt. Der 18-fache italienische Meister war beim 4:0-Heimerfolg im Rückspiel am Donnerstagabend mindestens eine Klasse stärker. Dennoch stiegen die Wiener nicht tief betrübt ins Flugzeug. Die Europacup-Bilanz fiel trotz der Abfuhr positiv aus.

„Inter ist nur knapp in der Champions League ausgeschieden und hat nicht umsonst einen Marktwert von fast 600 Millionen Euro. Sie sind weit über uns zu stellen und haben bewiesen, dass sie in dem Bewerb weit kommen können“, sagte Rapid-Trainer Dietmar Kühbauer. „Der italienische Fußball ist, leider für uns, wieder im Kommen.“

Die Pleite vor 32.185 Zuschauern im Giuseppe-Meazza-Stadion sei auch in dieser Höhe verdient gewesen. „Sie waren cleverer, technisch besser, und den größten Unterschied habe ich in der Zweikampfführung bemerkt. Wenn sie in die Zweikämpfe gehen, wollen sie die unbedingt gewinnen. Wir haben gesehen, dass wir von der physischen Präsenz nicht so stark sind wie Inter. Das muss man alles neidlos anerkennen“, sagte der 47-jährige Burgenländer.

Ärger über „dumme Gegentore“

Die Hoffnungen auf eine Überraschung in Mailand nach der 0:1-Niederlage im Hinspiel waren früh beendet. Nach Eigenfehlern der Rapidler sorgten Matias Vecino (11.) und Andrea Ranocchia (18.) schnell für die Vorentscheidung zugunsten Inters. „Wir haben uns leider schon nach 20 Minuten aus dem Bewerb verabschiedet“, sagte Kühbauer.

Jubel von Inter
AP/Luca Bruno
Anfang vom Ende: Inter jubelte in den ersten 18 Minuten zweimal und sorgte damit für die Vorentscheidung

Diese Erkenntnis war auch für seine Kicker bitter. „Mich wurmen die zwei billigen Gegentore. Da müssen wir konsequenter die Bälle klären. Das hat nichts mit der Klasse von Inter zu tun, das geht auf unsere Kappe“, meinte Offensivspieler Thomas Murg. Das wusste auch der beim 0:1 schlecht aussehende Marvin Potzmann. „Es waren sehr dumme Gegentore“, sagte der Außenverteidiger.

Im Gegensatz zum 0:1 in Wien drehten die „Nerazzurri“ nicht ab. Als Belohnung gab es den dritten Pflichtspielsaisonsieg mit vier oder mehr Toren Unterschied. Ivan Perisic krönte eine starke Leistung mit einem sehenswerten Lupfer zum 3:0 (80.). „Es ist ein Riesenunterschied, wenn Perisic im Eins-gegen-eins auf einen Spieler zugeht, als wenn das bei uns der Fall ist“, lobte Kühbauer den kroatischen Vizeweltmeister. Das vierte Tor erzielte Matteo Politano (87.).

Aufstieg als positive Erscheinung

Trotzdem wollte Kühbauer mit seiner Mannschaft, die in der Meisterschaft genug Baustellen zu bewältigen hat, nicht allzu hart ins Gericht gehen. „Es wäre der falsche Weg, jetzt alles infrage zu stellen. Ich muss der Mannschaft für die Europa-League-Saison ein Lob aussprechen. Die Spieler müssen den Kopf nicht in den Sand stecken und werden gestärkt da rauskommen“, sagte der Trainer.

Rapid hatte im Herbst viel Aufwand betreiben müssen, um in den Duellen mit Slovan Bratislava und Steaua Bukarest überhaupt die Gruppenphase zu erreichen. Dort gab es mit zehn Punkten hinter Villarreal (10) sowie vor den Glasgow Rangers (6) und Spartak Moskau (5) Rang zwei. „Viele haben nicht einmal geglaubt, dass wir in die Gruppenphase kommen geschweige denn aufsteigen. Wir können stolz sein, was wir erreicht haben“, sagte Potzmann.

Europa League: Salzburg weiter, Rapid out

Salzburg hat mit dem 4:0-Sieg über Brügge den Aufstieg ins Achtelfinale geschafft. Rapid schied nach einem 0:4 bei Inter Mailand hingegen aus.

Viele taten sich damit in der Stunde der klaren Niederlage schwer. Dazu zählte Richard Strebinger, der viermal hinter sich greifen musste. „Ich kann mich nicht freuen, weil es ein bisschen eine Watschn war“, so der Tormann. Für eine Sensation hätten alle Spieler ihr volles Leistungsvermögen erreichen müssen. „Das haben wir nicht geschafft“, sagte der 26-Jährige.

Niveauunterschied zu groß

Nach dem Gesamtscore von 0:10 im Jahr 2016 gegen Valencia gab es diesmal in Addition ein 0:5 und damit auch beim zweiten K.o.-Phase-Anlauf keinen Treffer. „Für unsere Möglichkeiten haben wir es gut gemacht, aber es reicht nicht auf diesem Niveau“, so Kühbauer. Daran konnte auch die Unterstützung der 5.000 Rapid-Fans, die laut Murg für eine „geile Stimmung“ gesorgt hatten, nichts ändern.

Kühbauer hatte mit Schwab und Philipp Schobesberger zwei wichtige Akteure erst im Laufe der zweiten Hälfte gebracht. Das Sonntag-Spiel gegen Salzburg in der Liga spielte in der Planung des ehemaligen Mittelfeldspielers also doch eine Rolle. Dabei könnte Murg fehlen, nachdem er im Finish am Knöchel angeschlagen den Platz verlassen hatte.

Inter holt Selbstvertrauen

Die Spieler von Inter Mailand zeigten ihren Fans jedenfalls, dass die Formkurve nach oben zeigt, und holten sich Selbstvertrauen für die kommende Aufgabe in der Serie A bei Fiorentina. Auch wenn italienische Medien „die Mittelmäßigkeit“ Rapids betonten, war Trainer Luciano Spalletti zufrieden: „Wir haben uns wieder gesteigert und machen weniger Fehler. Es geht in die richtige Richtung. Die Mannschaft hat eine gute Leistung gebracht, professionell agiert und die richtige Mentalität an den Tag gelegt“, resümierte der 59-Jährige.

Rapid war aber nur eine Pflichtaufgabe für Inter, das nach dem knappen Out in der Champions League auf zweithöchster europäischer Ebene ganz vorne landen will. „Es ist unser Ziel, den Titel zu gewinnen, und dafür werden wir alles geben“, sagte Abwehrspieler Milan Skriniar. In der Favoritenrolle sehen sich die Mailänder dabei nicht. „Es gibt vier oder fünf Teams, die auf dem Papier stärker sind als wir“, so Spalletti.

Sein Team will nun in der Liga nachlegen, den Kurs auf die Champions-League-Qualifikation halten und Rang drei absichern. In Florenz wartet dabei ein echter Prüfstein. Fiorentina ist acht Pflichtspiele unbesiegt und benötigt als elf Zähler hinter Inter liegender Achter im Kampf um die Europacup-Plätze Punkte.