Sturm-Trainer Roman Mählich
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Bundesliga

Jubel in Graz und Pfeifkonzert für Rapid

Nach der 22. Runde in der tipico-Bundesliga hätten die Gefühlswelten in Graz und in Hütteldorf nicht unterschiedlicher sein können. Während Sturm nach dem 1:0-Sieg gegen die Austria über den Einzug in die Meistergruppe jubelte, wurde für Rapid nach dem 2:2 im Heimspiel gegen Hartberg das Realität, was sich seit Monaten abgezeichnet hat. Die Grün-Weißen müssen in die Qualifikationsgruppe und bekamen den Unmut der Fans zu spüren.

Dass es gegen Hartberg trotz eines 2:0-Vorsprungs nur zu einem Remis reichte, machte die Blamage nämlich noch bitterer. Die Anhänger veranstalteten erstmals seit dem Amtsantritt von Trainer Dietmar Kühbauer ein gellendes Pfeifkonzert, nach eindeutigen Gesten vom Block West verzichtete die Mannschaft auf eine Verabschiedung vor der Tribüne der organisierten Fanszene – die Stimmung im und rund um den Club erinnerte wieder leicht an jene im vergangenen Herbst.

Die Reaktion von der Tribüne verwunderten Thomas Murg, den Torschützen zum zwischenzeitlichen 2:0, nicht. „Nach so einer zweiten Hälfte haben wir es nicht anders verdient“, erklärte der Mittelfeldspieler. Ähnlich äußerte sich Stefan Schwab, der Rapid per Elfmeter früh in Führung gebracht hatte. „Wenn man nach 22 Runden Achter ist, pfeifen die Fans zu Recht“, sagte der Rapid-Kapitän.

Enttäuschung bei Rapid
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Die niedergeschlagenen Rapid-Spieler mussten im Allianz Stadion den Ärger der Fans über sich ergehen lassen

Kühbauer verspricht Besserung

Ligaduelle mit der Austria, Salzburg, Sturm oder dem LASK sind bis zur kommenden Saison passe. Nun gilt es, gegen kleine Clubs die Saison halbwegs zu retten und vielleicht doch noch das Europacup-Ticket über das Play-off oder den Cup zu holen. Coach Kühbauer gab sich jedenfalls kämpferisch und gab eine Garantie ab, dass Rapid die kommende Spielzeit nicht mehr in der Qualifikationsgruppe absolvieren werde.

Den Grund für das Scheitern sah der 47-Jährige in den enttäuschenden Ergebnissen vor der Winterpause. „Dass wir nicht im oberen Play-off sind, liegt nicht am Frühjahr. Wir haben es im Herbst verloren, wo wir die Doppelbelastung mit der Europa League nicht verkraftet haben“, sagte Kühbauer. Mittlerweile befinde sich das Team in einer besseren Verfassung. „Trotzdem muss es noch besser werden, und es wird auch besser werden“, versprach der Rapid-Coach.

Rapid verpasst Meistergruppe

Die Meistergruppe der Bundesliga wird ohne Rapid über die Bühne gehen. Ein 2:2 gegen Hartberg war für die Hütteldorfer am Sonntag zu wenig.

In den ausstehenden zehn Meisterschaftspartien werde daran gearbeitet, bessere Lösungen gegen defensiv eingestellte Gegner parat zu haben. „Wir müssen Möglichkeiten finden, sie zu bestrafen im Sinne von Toren.“ Außerdem geht es laut Kühbauer für die Rapid-Profis in den nächsten Monaten darum, sich für die kommende Saison zu empfehlen und im körperlichen Bereich zu verbessern.

Erklärungsbedarf für Bickel

Rapid hat am Sonntag aber noch mehr verloren als die Gunst der Fans – das Verpassen der Meistergruppe dürfte sich unter anderem wegen ausbleibender Zuschauer und VIP-Gäste mit einem Minus im hohen sechsstelligen Bereich niederschlagen. Abgefedert wird der Verlust dadurch, dass die Spieler laut „Kurier“ in dieser Saison keine Punkteprämien mehr bekommen. „Aber uns geht es nicht ums Geld. Uns geht es darum, wieder oben reinzukommen“, betonte Schwab.

Auch ein glücklicheres Händchen bei Transfers wäre gefragt: Von den neun Sommerzugängen standen gegen Hartberg mit Christoph Knasmüllner und Andrija Pavlovic lediglich zwei in der Startelf. Deni Alar, Mateo Barac und Marvin Potzmann standen nicht im Kader. Sportdirektor Fredy Bickel, dessen neuer Vertrag nicht unterschrieben ist, dürfte in den nächsten Tagen Erklärungsbedarf haben.

Kollektives Durchatmen bei Sturm

Sturm geht indes entspannt in die Länderspielpause. Der Vizemeister erreichte sein Minimalziel und schob sich mit dem siebenten Saisonsieg sogar auf Platz drei. Der Sportdirektor schnaufte jedenfalls kräftig durch: „Wir haben es geschafft. Vom Kopf her ist natürlich eine große Erleichterung da“, sagte Günter Kreissl. „Den Druck gibt es bei uns schon seit Juni, als die erfolgreiche Mannschaft auseinanderfiel. Er lastete auf den Spielern und dem ganzen Verein.“

Sturm fixiert Platz in Meistergruppe

Aus eigener Kraft hat sich Sturm Graz für die Meistergruppe qualifiziert. Die Steirer besiegten die Wiener Austria zu Hause mit 1:0.

Der Trainerwechsel von Heiko Vogel auf Roman Mählich machte sich letztlich bezahlt, der Weg zum Ziel war bis zuletzt ein steiniger. Kreissl: „Es war eine Nervenschlacht seit Roman Mählichs Ankunft.“ Unter dessen Leitung haben die Steirer bisher nur gegen den LASK verloren.

Mählich war nach dem gewonnenen Endspiel „sehr glücklich“, aber gefasst. „Es ist unser Anspruch, unter den Top Sechs zu sein. Die mentale Belastung in den vier Spielen nach der Winterpause war enorm, aber die Spieler sind mit der Situation sehr gut umgegangen“, bemerkte der Trainer nach dem ersten Saisonsieg im Frühjahr.

Jubel bei Sturm
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In Graz wurde der Einzug in die Meistergruppe gebührend gefeiert

Spieler von einer Last befreit

Mählich bewies im Entscheidungsspiel auch ein gutes Gespür für die richtigen Spieler. Die Väter des Sieges, Goldtorschütze Lukas Grozurek und der stark aufspielende Vorbereiter Philipp Huspek, waren beide im letzten Heimspiel gegen den LASK nicht einmal im Kader gestanden. „Als ich vom Spielfeld ging und die Wertschätzung von den Fans spürte, war das ein gewaltiges Gefühl“, sagte ein glücklicher Huspek.

Der Flügelspieler war von den 14.600 Fans mit Standing Ovations verabschiedet worden. „Wir waren heute souverän, einer stand für den anderen ein, das war das alte Sturm Graz. Jetzt sind wir Dritter, dort wollen wir auf Dauer sein“, sagte Huspek. „Wir können jetzt freier und offensiver spielen“, bemerkte Sturm-Kapitän Stefan Hierländer und schickte eine kleine Kampfansage an den LASK hinterher: „Wir werden versuchen, den Zweiten noch abzufangen. Aber es wird schwer.“