„So sauer war ich wahrscheinlich noch nie in meinem Leben – dass man ein Spiel so gut absolviert und dann so verliert. Aber so ist der Fußball. Das war ein schwarzer Tag“, sagte Arnautovic, dessen Gefühlslage einem Druckkochtopf glich und der entsprechend Dampf ablassen musste. „Wir haben dominiert. Die Polen haben nur auf die Konter gelauert. Mehr ist von denen nicht gekommen. Polen ist eine Top-20-Mannschaft, dennoch sind sie mit acht Mann hinten gestanden. Daran sieht man, dass sie Respekt vor uns hatten“, sagte Arnautovic.
Marc Janko, der in der 81. Minute eingewechselt wurde und einen Großteil der Partie von außen beobachtete, sah es wie Arnautovic. „Die Polen wissen heute nicht, wie sie gewonnen haben. Wir waren meiner Meinung nach die klar bessere Mannschaft“, befand der 35-Jährige. Auch bei Kapitän Julian Baumgartlinger war die Enttäuschung über die Niederlage groß: „Wir haben uns das Spiel anders vorgestellt, und es wäre auch anders möglich gewesen. Das ist sehr ärgerlich.“
Manko in der Chancenauswertung
Es habe von allem „ein bisserl was gefehlt“, beschrieb Aleksandar Dragovic die Leistung gegen Polen: „Im Großen und Ganzen haben wir nicht so schlecht gespielt. Aber natürlich: Wenn man die bessere Mannschaft ist und trotzdem verliert, dann stimmt etwas nicht“, sagte der Innenverteidiger. Laut Dragovic waren es nur ein paar Prozent zu wenig, um auf diesem Niveau erfolgreich zu sein. Der Leverkusen-Legionär sprach dabei vor allem die Chancenauswertung an.
Die Möglichkeiten auf ein Tor waren für das ÖFB-Team vorhanden. „Das ist sicherlich ein Manko, dass wir Chancen liegen lassen, die wir nutzen müssen“, sagte David Alaba. Die größte fand dabei Janko in der 88. Minute vor. Nach Maßflanke von Maximilian Wöber ging sein Kopfball aus kurzer Distanz aber vorbei. „In neun von zehn Fällen ist der Ball drinnen. Ich hatte heute meine Chance, das nagt natürlich an mir. Der Frust ist extrem groß“, sagte der 28-fache Teamtorschütze, der seine fehlende Spielpraxis bei Lugano nicht als Ausrede gelten lassen wollte.
Bitterer Fehlstart gegen Polen
Das ÖFB-Team startete am Donnerstag im Wiener Ernst-Happel-Stadion mit einer 0:1-Niederlage gegen Polen in die EM-Quali.
Wenig Output aus Standardsituationen
Österreichs Nationalteam hatte phasenweise einen gefälligen Spielaufbau, eine Vielzahl an zwingenden Torchancen gab es aber gegen die tief stehenden und auf Konter lauernden Polen trotzdem nicht. Viele Flanken – vor allem von Alaba – wurden für die Gäste zur leichten Beute. Während der Gegner nach einem Corner, der aus einem Fehler im Spielaufbau resultierte, erfolgreich war, hielt sich der Output im ÖFB-Team nach ruhenden Bällen mehr als in Grenzen. „Das war bei den Polen anders“, konstatierte Baumgartlinger frustriert.
Für den Kapitän war die Konsequenz in den spielentscheidenden Bereichen nicht gut genug. Es sei viel gelungen, aber das letzte Drittel war nicht optimal, so der Leverkusen-Legionär. „Das ist gegen einen Topgegner, der sehr kontrolliert gespielt hat, auch nicht leicht“, so Baumgartlinger. Sein Partner im defensiven Mittelfeld, Florian Grillitsch, sah es ähnlich: „Wir hätten die erste Halbzeit schon zwingender nach vorne spielen müssen. Es war keine komplette Katastrophe von uns, es waren auch gute Sachen dabei“, sagte der Hoffenheim-Legionär.
„Niemand muss den Kopf hängen lassen“
Ebenso verbreitet wie der Frust war bei den Spielern aber auch der Optimismus für das Spiel am Sonntag in Haifa gegen Israel (18.00 Uhr, live in ORF eins). Vor allem Arnautovic trat in seiner Rolle als Führungsspieler mit Motivationsreden auf. Der West-Ham-Legionär wollte die Leistung gegen Polen auf keinen Fall schlechtreden lassen. „Niemand muss den Kopf hängen lassen. Wir können stolz sein auf die Leistung, aber nicht auf das Ergebnis“, sagte der 29-Jährige, der vollstes Vertrauen in die Qualität seiner Mannschaft hat.
Geht es nach Arnautovic, müsse man in Israel nur ein paar Kleinigkeiten verbessern, um gegen das Team von Coach Andreas Herzog drei Punkte zu holen. „Wir müssen schnell regenerieren und im Kopf wieder frisch sein. Das ist auch meine Aufgabe, die Mannschaft wieder aufzubauen. Wir müssen uns nicht verstecken. Natürlich hat Israel Qualität und spielt zu Hause. Wir dürfen sie auch nicht unterschätzen“, sagte Arnautovic und ergänzte: „Wir haben noch neun Spiele.“
Verloren ist noch lange nichts
Auch seine Teamkollegen sehen den Kampf um ein EM-Ticket, das durch die ersten beiden Plätze in der Gruppe garantiert ist, noch lange nicht verloren. „Es sind noch genug Punkte zu holen. Es sollte uns Mut geben, wie wir uns gegen den Gruppenfavoriten präsentiert haben. Es sollte allen bewusst sein, dass wir gegen jede Mannschaft in der Gruppe gewinnen können und wir nach wie vor das Zeug haben, Gruppenerster zu werden“, sagte Janko.
Baumgartlinger sieht das Team von der Entwicklung unter Franco Foda auf dem richtigen Weg. „Unser System funktioniert und liegt uns, das müssen wir nicht überdenken und verändern. Jetzt werden wir uns zwei Tage mit dem Gegner beschäftigen, dann bin ich optimistisch, denn wir haben auch unsere Stärken“, sagte der 31-Jährige. Der Kapitän sprach allerdings auch an, was in Haifa nicht passieren darf: „Auf eine Niederlage darf nicht noch eine Niederlage folgen.“