Nicole Schmidhofer im Speedski-Outfit
Jan Farrell Media
Speedski

Schmidhofer so schnell wie noch nie

Nicole Schmidhofer hat ihr Vorhaben am Samstag in eindrucksvoller Manier umgesetzt. Die Steirerin steigerte sich im Finale der Speedski-WM 2019 in Vars erneut, eine Medaille blieb ihr als Vierter bei ihrem Speedski-Debüt allerdings haarscharf verwehrt. Mit 217,590 km/h schraubte sie den österreichischen Frauenrekord dafür noch einmal gehörig nach oben.

Bereits im Halbfinale hatte Schmidhofer mit 212,014 km/h am Samstag als erste Österreicherin die 200-km/h-Grenze überschritten. Im ersten Lauf der Qualifikation am Freitag war der österreichische Rekord von Cornelia Seebacher (179,600 km/h) mit 188,679 gefallen. Im zweiten Qualifikationslauf steigerte sich Schmidhofer mit 199,778 wieder und blieb erstmals nur einen Wimpernschlag unter der magischen Marke von 200 km/h, die sie im WM-Vorfeld als Ziel ausgegeben hatte.

Im Herren-Bewerb wanderte WM-Bronze zum insgesamt dritten Mal an Schmidhofers routinierten ÖSV-Teamkollegen Klaus Schrottshammer, der nach einer Achillessehnen-OP in dieser Saison nur langsam in Fahrt gekommen war Der 39-Jährige musste sich mit 226,843 km/h ebenfalls knapp dem Italiener Simone Origone (228,862 km/h) bzw. Simon Billy (227,592 km/h) aus Frankreich geschlagen geben. „Ich fühlte mich hier auf Anhieb wohl. Dass es für eine Medaille reichte, ist umso schöner“, sagte Schrottshammer. Manuel Kramer, Vizeweltmeister von Idre 2017, belegte mit 222,722 km/h den siebenten Platz.

Nicole Schmidhofer vor einer Anzeigetafel mit ihrer Höchstgeschwindigkeit von 217 km/h
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Im Finale drehte Schmidhofer wieder an der Rekordschraube

Knapp hinter Weltrekordlerin

Schmidhofers Ärger über die verpasste Medaille hielt sich vermutlich in Grenzen, obwohl sie knapp dran war, sich mit Speedski-Edelmetall für die herbe Enttäuschung bei der alpinen Ski-WM im vergangenen Februar schadlos zu halten. In Aare war die seit einer Woche 30-Jährige in der Abfahrt Neunte und im Super-G als Titelverteidigerin gar Elfte geworden.

Umso beeindruckender machte Schmidhofers Leistung in Vars der geringe Abstand zu den arrivierten Athletinnen. Zur Weltmeisterin schwang sich Britta Backlund (221,266 km/h) vor ihrer schwedischen Landsfrau Lisa Hovland-Uden (220,318) auf. Schmidhofer war als Vierte nur 0,724 km/h langsamer als Weltrekordrekordhalterin Valentina Greggio aus Italien, die mit 218,314 km/h Bronze holte.

Viel Risiko in Kauf genommen

„Es war megacool. Ich habe für diese kurze Zeit das Beste rausgeholt und weit mehr geschafft, als ich mir erhoffen durfte“, so Schmidhofer. Ihre Eindrücke konnte sie kaum in Worte fassen. „Es macht jedenfalls einen richtig großen Unterschied aus, ob man mit rund 200 oder 217 km/h fährt. Das hohe Tempo wird einem dann beim Abschwingen erst so richtig bewusst“ – und das damit verbundene Risiko. „Bei so hohen Geschwindigkeiten heißt es mit voller Konzentration bei der Sache zu sein“, sagte Schmidhofer.

Schmidhofer so schnell wie noch nie

Die Steirerin steigerte sich im Finale der Speedski-WM in Vars erneut, eine Medaille blieb ihr als Vierter mit 217,590 km/h allerdings knapp verwehrt.

Kurze Eingewöhnungsphase

Die Strapazen am Ende der langen Weltcup- und WM-Saison haben sich letztlich ausgezahlt. Nach der ersehnten Kristallkugel in der Abfahrt, die sie in dieser Saison als erste Österreicherin seit ihrer steirischen Landsfrau Renate Götschl vor zwölf Jahren gewonnen hatte, gab es für Schmidhofer keine Verschnaufpause. In Soldeu in Andorra hatte sie zu Beginn der Woche erstmals überhaupt die ungleich längeren Speedski zu Test- und Trainingswecken angeschnallt.

Nicole Schmidhofer
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Schmidhofer fühlte sich auf dem für sie neuen Terrain schnell wohl

Schon die ersten Eindrücke waren für Schmidhofer vielversprechend gewesen. Immerhin 160 km/h schnell war die Super-G-Weltmeisterin von 2017 bei ihrem Premierentraining am vergangenen Montag, das zweite am Dienstag war wegen Schlechtwetters und unzumutbarer Pistenbedingungen abgesagt worden. Also reiste Schmidhofer vorzeitig nach Frankreich, wo bis zum WM-Beginn am Freitag eifrig am Feinschliff gearbeitet wurde.

98 Prozent Gefälle in Vars

Die Chabriere-Piste in Vars im Skigebiet La Foret Blanche gilt nicht zufällig als die schnellste der Welt. 2016 hatte hier der Italiener Ivan Origone mit 254,958 km/h den aktuellen Speed-Weltrekord aufgestellt, Landsfrau Greggio war Origone als schnellster Skifahrerin der Welt mit 247,083 km/h bemerkenswert nahe gekommen. Die österreichische Bestmarke (248,447 km/h) stellte der zweifache Speed-Weltcup-Gesamtsieger Schrottshammer 2016 wie drei Jahre davor Seebacher ebenfalls in Vars auf.

98 Prozent weist das Gefälle zu Beginn des 1.220 Meter langen Hanges auf, auf schnurgerader Strecke werden bei einem Start von ganz oben 495 Höhenmeter absolviert. Mit dem anfänglichen Gefälle ist Vars im internationalen Vergleich vorne dabei. Die Mausefalle in Kitzbühel bringt es auf bescheidene 85 Prozent, absoluter Spitzenreiter ist allerdings der „Freie Fall“ nach dem Start der Herren-Abfahrt in St. Moritz – mit einem Gefälle von 100 Prozent und also 45 Grad Neigung.