Israel-Teamchef Andreas Herzog
Reuters/Ammar Awad
EM-Qualifikation

Diesmal will Herzog mit Israel jubeln

27. Oktober 2001: Die reguläre Spielzeit ist vorbei, da schießt Andreas Herzog mit einem Freistoß in der Nachspielzeit Österreich in Tel Aviv zum 1:1 gegen Israel und damit die ÖFB-Auswahl anstelle der Israelis in die Play-offs zur Weltmeisterschaft 2002. Es folgten chaotische Zustände im Stadion, die TV-Geschichte machten. Und der Buhmann von damals ist mittlerweile Israels Hoffnungsträger.

„Ich werde hier inzwischen mit Orangen, mit Steinen, mit allen möglichen Gegenständen beschossen“, rief ORF-Kommentator Hans Huber damals in sein Mikrofon. „Es war völlig friedlich, das Publikum hat sich ordentlich benommen, jetzt allerdings explodiert hier die Stimmung.“ Diese Zeiten sind vorbei. 40.000 Zuschauer sorgten damals im Ramat-Gan-Stadion von Tel Aviv für fliegende Orangen, diesmal werden in Haifa nur rund 12.000 Fans erwartet.

Herzog ist 2019 sogar israelischer Teamchef und führt Israel am Sonntag (18.00 Uhr MEZ, live in ORF eins) am zweiten Spieltag EM-Qualifikation in der Gruppe G im Sammy-Ofer-Stadion von Haifa zum achten Mal in ein Ländermatch – diesmal in das besondere Duell mit seinem Heimatland. Seit Sommer 2018 trainiert der 50-Jährige die israelische Nationalelf.

Emotionales Wiedersehen mit Andreas Herzog

Das EM-Qualifikationsspiel Israel gegen Österreich in Haifa ist gleichzeitig das Teamchef-Duell Andreas Herzog gegen Franco Foda.

Ruf nach dem Psychiater

Zuvor hatte er sich Hoffnungen auf den Job beim Österreichischen Fußballbund (ÖFB) gemacht, als der im Herbst 2017 einen Nachfolger für Marcel Koller suchte. Vergeblich. „Kein anderer Mensch ist so oft nicht österreichischer Teamchef geworden wie Andreas Herzog“, schrieb „Der Standard“ treffend. Nach Trainerstationen von der ÖFB-U21 über die Position als Assistent von Jürgen Klinsmann im US-Team bis zum Amt als US-U23-Coach führte Herzog der Weg schließlich nach Israel.

Eingefädelt hatte das überraschende Engagement Willibald Ruttensteiner, der zuvor den ÖFB verlassen hatte. Die Einsetzung ausgerechnet Herzogs als Teamchef sorgte bei manchen israelischen Fußballgrößen für Entsetzen. Eyal Berkovic meinte: „Warum sollten sich die israelischen Fans ein Spiel anschauen, wenn so ein verhasster Mensch und Feind des Teams an der Outlinie steht. Wer immer diese Entscheidung getroffen hat, braucht dringend einen Psychiater. Eine andere Erklärung fällt mir nicht ein.“

Brückenschlag nach Israel

Diese harschen Worte sind inzwischen vergessen und nicht nur Herzog und Ruttensteiner sind für Israels Team tätig. Mit Tormanntrainer Klaus Lindenberger und Mentalcoach Markus Rogan hat sich eine Gruppe aus Ex-ÖFB-Mitarbeitern und ehemaligen heimischen Sportgrößen bei Israels Team etabliert.

Trainer Andreas Herzog
GEPA/Christian Ort
Herzog, hier beim Abschlusstraining, ist die Spitze eines österreichischen Betreuerteams

Herzogs israelischer Assistent Alon Hazan äußerte sich positiv über die Zusammenarbeit mit dem Österreicher. „Er hat es geschafft, im Team gleichzeitig eine Atmosphäre der Ernsthaftigkeit und des Spaßes zu schaffen“, sagte Hazan im Gespräch mit dem israelischen Sportmagazin „One“.

Auch Israels Kapitän Bibras Natcha von Olympiakos Piräus, der gegen Slowenien kurz vor Schluss verletzt ausgewechselt wurde, freut sich über den frischen Wind, den Herzog ins Nationalteam mitnahm: „Er hat ein neues System gebracht, auch sonst viele neue Dinge. Wir haben wieder mehr Selbstbewusstsein. Und das sehen wir hoffentlich auch morgen gegen Österreich.“

EM-Qualifikation, Gruppe G

Beginn 18.00 Uhr MEZ:

Live in ORF eins

Israel – Österreich

Haifa, Sammy Ofer Stadion, SR Aranowskij (UKR)

Mögliche Aufstellungen:

Israel: Harush – Dasa, Ben Harush, Taha, Yeini, Tawatha – Kayal, Peretz, Natcho – Sahavi, Dabbur

Österreich: Lindner – Lainer, Dragovic, Hinteregger, Ulmer – X. Schlager, Baumgartlinger, Grillitsch – Lazaro, Arnautovic, Sabitzer

„Das Spiel bedeutet drei Punkte für mich“

Für Herzog kommt jedoch am Sonntag der Aspekt der Verbundenheit hinzu. Schließlich ist der Wiener mit 103 Einsätzen Österreichs Rekord-Internationaler: „Es ist natürlich ein besonderes Spiel für mich, aber die Emotionalität muss ich im Match professionell auf die Seite schieben, weil ich bin jetzt für das israelische Team verantwortlich. Das Spiel bedeutet für mich daher drei ganz wichtige Punkte, die wir nach dem Slowenien-Spiel brauchen. Nicht mehr und nicht weniger.“

Für Österreichs Teamchef Foda hat das Kräftemessen mit Herzog auch eine persönliche Note. Beide kennen einander noch gut aus ihrer Zeit in der deutschen Bundesliga. „Ich freue mich, dass ich Andi Herzog wieder mal sehe. Wir verstehen uns relativ gut.“ Ein Wiedersehen gab es übrigens für Foda in Haifa auch mit seinem ehemaligen Chef bei Sturm Graz. Hannes Kartnig hat einen Israel-Urlaub mit dem Ländermatch verbunden und tauchte bei der ÖFB-Pressekonferenz auf.

Foda warnt vor Israels Heimstärke

Abseits der Freundlichkeiten warnt Herzog nicht nur aus Höflichkeit vor Österreich: „Wir spielen auf Sieg, aber es wird schwieriger als gegen Slowenien. Das ist klar. Österreich hat ein gutes Team. Wir müssen am Sonntag wirklich gut sein, und ab der ersten Minute dagegenhalten und unsere technischen Fähigkeiten ausspielen. Es ist natürlich ein Vorteil, dass ich Österreich gut kenne.“ Die Schwäche bei Standardsituationen will er daher für sein Team nutzen.

Außerdem setzt Herzog auch auf die Begeisterungsfähigkeit der israelischen Fans. „Wir müssen das Publikum von Beginn an auf unsere Seite bringen.“ Auf diesen Punkt achtet Foda ebenfalls: „Israel ist in der Lage, zu Hause ein gutes Spiel zu absolvieren, was sie zwar gegen Slowenien nicht über die gesamte Zeit gezeigt haben, aber wichtig wird daher sein, wie wir auftreten. Das Spiel selbst nach vorne entwickeln.“

Effizienz ist gefragt – wieder einmal

ÖFB-Kapitän Julian Baumgartlinger weiß ebenso, dass man Israel nicht ins Spiel kommen lassen darf: „Sie sind gerade zu Hause sehr mutig, aber unsere Art, Fußball zu spielen, kann reichen. Mit dieser Überzeugung können wir ins Spiel gehen und auch gewinnen. Wenn wir effizienter als zuletzt sind.“

Ein Problem, mit dem sich Foda nach den letzten, trefferarmen Partien wieder intensiver auseinandersetzen musste: „Drei Tore in sechs Spielen ist zu wenig, wir kommen gut ins letzte Drittel, dann fehlt der letzte Pass. Standardsituationen sind immer ein Rezept. Entscheidend wird sein, dass wir die Torchancen, die wir uns herausspielen, auch effizient nutzen.“

Stadion in Israel
ORF.at/Martin Wagner
Im Samy-Ofer-Stadion sollte die österreichische Ladehemmung tunlichst behoben werden

„Wir sind vorbereitet“

Während sich Herzog bei der Pressekonferenz mit den forschen Personalvorschlägen der israelischen Presse nach neuen Stürmern für das ebenfalls offensiv harmlose Team auseinandersetzten musste, ließ sich Österreich Teamchef Foda wegen der zwangsweisen Umstellung nach dem Ausfall von David Alaba nicht in die Karten blicken.

„Wir können variabel spielen und sind vorbereitet. Die Mannschaft kennt die Stärken und Schwächen der Israelis in der Offensive wie Defensive. Wir sind vorbereitet. Die Mannschaft weiß, was auf sie zukommt.“ Gerechnet wird mit dem Einlaufen von Xaver Schlager im Mittelfeld.

Ein 1:1 wie 2001 würde 18 Jahre später wohl beide Teams nicht zufriedenstellen. Das späte 1:1 hat Österreich übrigens langfristig nichts eingebracht. Die WM 2002 verpasste das ÖFB-Team in den Play-off-Spielen gegen die Türkei mit 0:1- und 0:5-Niederlagen klar.