Jubel von Israel-Teamchef Andreas Herzog
APA/Robert Jaeger
EM-Qualifikation

Feiertag für Israels Österreicher

Das EM-Qualifikationsspiel am Sonntag in Israel war für Österreichs Fußballer zum Vergessen. Dennoch gab es beim 4:2 der Gastgeber in Haifa auch lachende österreichische Gesichter. Neben Teamchef Andreas Herzog freuten sich auch Israels Sportdirektor Willibald Ruttensteiner und Mentalcoach Markus Rogan über den Kantersieg.

In der Stunde des wohl größten Triumphs seiner Trainerlaufbahn blieb Herzog allerdings bemerkenswert ruhig. Während sich die Spieler und die restlichen Betreuer samt Mentalcoach Rogan bei einer Ehrenrunde im Sammy-Ofer-Stadion feiern ließ, verschwand der israelische Teamchef mit Wiener Wurzeln nach dem 4:2 gegen jene Auswahl, deren Rekordnationalspieler er mit 103 Einsätzen ist, relativ schnell in den Katakomben der Arena.

Herzog stellte auch die Leistung seiner Spieler in den Mittelpunkt. „Ich bin stolz auf meine Mannschaft. Wir wussten, dass wir eine außergewöhnliche Leistung brauchen, und die haben wir geschafft“, sagte der Wiener. Die Freude sei groß, aber nicht überschäumend. „Vielleicht kommt das noch in den nächsten ein, zwei Tagen. Jetzt bin ich noch angespannt.“ Als Revanche für sein Nichtengagement beim Österreichischen Fußballbund (ÖFB) als Nachfolger von Marcel Koller 2017 empfand Herzog den Sieg nicht: „Ich spüre keine Genugtuung.“

Debakel für ÖFB-Team in Israel

Österreichs Fußballnationalteam ist beim Gastspiel in Israel in ein 2:4-Debakel geschlittert.

Israels Teamchef war sich bewusst, dass die Partie in Haifa auch ganz anders hätte laufen können. Nach acht Minuten lag seine Mannschaft schließlich mit 0:1 zurück und musste auch danach den Österreichern die Kontrolle über das Spiel überlassen. „Wir haben zur Pause geführt, obwohl der Gegner besser war“, sagte Herzog. Schließlich sei man mit Leidenschaft und Kampfgeist zum Sieg gekommen. „Die Mannschaft hat niemals aufgegeben und immer zusammengehalten, genau das will ich von ihr sehen“, meinte der 50-Jährige.

Vom Buhmann zum Matchwinner

Aus dem israelischen Kollektiv ragte neben Goalie Ariel Harusch vor allem Dreifachtorschütze Eran Sahavi heraus, der zudem den vierten Treffer der Gastgeber durch „Bullen“-Profi Munas Dabbur („Ich werde mit einem Lächeln nach Salzburg zurückkommen“) vorbereitete. Der beim chinesischen Club Guangzhou engagierte Stürmer war erst vor eineinhalb Jahren vom israelischen Verband suspendiert worden, nachdem er bei einer WM-Qualifikationsniederlage gegen Mazedonien von den eigenen Fans ausgebuht worden war und daraufhin die Kapitänsschleife weggeworfen hatte.

Jubel des israelischen Torschützen Eran Zahavi
AP/Ariel Schalit
Sahavi (l.) schoss sich mit seinem Triplepack zurück in die Herzen der israelischen Fans

Spätestens seit Sonntag ist Sahavi, der schon beim 1:1 gegen Slowenien getroffen hatte, mit den Anhängern wieder versöhnt. „Es war das größte Match meiner Laufbahn, und ich bin froh, dass ich der Mannschaft helfen konnte“, sagte der 31-Jährige, „mal sehen, was diejenigen jetzt sagen, die gemeint haben, ich kann dem Nationalteam nicht mehr helfen.“ Herzog war offensichtlich nicht dieser Meinung, setzte wieder auf Sahavi und bekam nun den Dank dafür. „Wir wissen, wie gut er ist, deswegen haben wir ihn zurückgeholt. Aber nicht nur er, die ganze Mannschaft war großartig“, sagte der Teamchef.

Mit vier Punkten aus den ersten zwei Partien darf Israel von der ersten EM-Teilnahme in der Geschichte des Landes träumen. So weit wollte Herzog zwar nicht in die Zukunft blicken, „aber wir wissen jetzt, dass wir mit einer guten Leistung und Glück in wichtigen Situationen wichtige Spiele gewinnen können“. An eine EM-Qualifikation wollte der Wiener noch nicht denken: „Es ist noch ein weiter Weg, und wir wissen, dass noch viel Arbeit vor uns ist. Wir müssen in den nächsten Partien ein bisschen etwas draufpacken.“

Tröstende Worte für Foda

Das gilt in noch höherem Maße für die ÖFB-Auswahl, deren Teamchef Franco Foda nach dem Schlusspfiff von Herzog innig umarmt wurde. Dabei flüsterte der siegreiche Trainer dem Deutschen, der ihm 2017 beim ÖFB vorgezogen worden war, tröstende Worte ins Ohr. „Ich habe ihm gesagt, dass wir eigentlich einen Scheißjob haben. In der Halbzeit hätte er hoch führen müssen, und im Nachhinein feiere ich – für Trainer ist es eine Achterbahn der Gefühle. Vor der Pause hatten wir das Glück auf unserer Seite, aber am Ende hatten wir das Glück des Tüchtigen“, sagte Herzog.

Die israelischen Journalisten ließen den Coach wegen des angeblich größten Erfolges seit 20 Jahren – damals wurde Österreich mit 5:0 besiegt – hochleben. Bei seinem Amtsantritt war ihm die mediale Öffentlichkeit noch weniger positiv gesinnt. „Andi Herzog hat alles richtig gemacht. Israel kann jetzt mit der Wahl von Herzog zum israelischen Teamchef zu 100 Prozent versöhnt sein – er ist makellos sauber“, schrieb etwa „Israel Hajom“.

„Der Fußball ist verrückt, wie ein Hollywood-Märchen. Am Anfang wurde ich nicht freundlich aufgenommen, weil ich 2001 die Israelis aus der WM-Quali geschossen habe“, sagte der Wiener und erinnerte an jenes Freistoßtor in Tel Aviv, das ihm die Abneigung der Israelis und ORF-Kommentator Hans Huber den Beschuss mit Orangen und Steinen eingebracht hatte.

Rogan findet richtige Worte

Während die Österreicher nach dem Führungstreffer auch an ihrer eigenen Überheblichkeit und laut Teamchef Foda an der falschen Einstellung scheiterten, fand Israels neuer Mentaltrainer Rogan vor dem Spiel die richtigen Worte. Der ehemalige Schwimmstar gab von der Betreuerbank aus des Öfteren gestenreich Anweisungen. „Ich kenne mich im Fußball wahrscheinlich von allen hier am wenigsten aus, aber wenn es darum geht, die Leistung im entscheidenden Moment auf den Punkt zu bringen – das ist in fast allen Sportarten gleich“, sagte der 36-Jährige.

Mentaltrainer Markus Rogan sieht der israelischen Mannschaft beim Training zu
GEPA/Christian Ort
Rogan, hier in Beobachterrolle an der Bande, verpflanzte den Siegeswillen in die Köpfe der Spieler

Genau das ist dem israelischen Team in den vergangenen Tagen gelungen – mit vier Punkten aus zwei Partien darf man von der ersten EM-Teilnahme überhaupt träumen. „Doch wir haben noch acht Spiele“, sagte Rogan. Welchen Beitrag er selbst zu Israels Erfolgen leistete, wollte der Wiener nicht einschätzen. „Ich möchte nicht darüber reden, was ich gemacht habe oder mache. Die meiste Arbeit hat mit Abstand Andi (Herzog, Anm.).“ Für den ÖFB-Rekordspieler war Rogan voll des Lobes: „Er ist wirklich ein Vollprofi. Es ist wunderschön, mit ihm zu arbeiten.“

Auch Herzog streute dem Olympiamedailleingewinner, den er seit seiner Zeit bei LA Galaxy kennt, Rosen. Rogan sei ein „extrem schlauer Bursch“, ein „totaler Optimist“ und „immer positiv“, sagte der Coach und berichtete von der Ansprache, die der Mentalcoach am Sonntagvormittag vor der Mannschaft gehalten hatte. „Mit den ersten vier, fünf Sätzen hat er die Spieler richtig am Nerv getroffen. Da habe ich mir gedacht: ‚Der Hund ist g’scheit.‘“

„Komisches Gefühl“ bei Ruttensteiner

Eingefädelt wurde das Rogan-Engagement von Ruttensteiner, der beim Erfolg über Österreich nach eigenen Angaben ein „ganz, ganz komisches Gefühl“ verspürte. „Ich war ja 18, 20 Jahre auf einen Sieg von Österreich programmiert.“ Der Oberösterreicher arbeitete von 1999 bis 2017 für den ÖFB, die meiste Zeit als Hauptverantwortlicher für den sportlichen Bereich. Vor eineinhalb Jahren musste er den Verband verlassen, ebenso wie wenige Monate später Klaus Lindenberger, der mittlerweile als Tormanntrainer der israelischen Auswahl fungiert.