Franco Foda
GEPA/Christian Ort
EM-Qualifikation

Teamchef ortet Einstellungsproblem

Franco Foda hat am Sonntag in Haifa seine bisher schwärzeste Stunde als Teamchef der österreichischen Nationalmannschaft erlebt. Die 2:4-Pleite in der Qualifikation gegen Israel ließ das Ziel EM 2020 bereits nach zwei Spielen in weite Ferne rücken. Die Abfuhr gegen den vermeintlichen Außenseiter sei Resultat mangelnder Einstellung gewesen, so Foda.

„In so einem Spiel geht es um Mentalität und Leidenschaft. Wir haben es nicht über 90 Minuten geschafft, das auf den Platz zu bringen“, sagte der Deutsche unmittelbar nach der Blamage, in der Österreich nach schneller Führung zwar das Heft in der Hand hatte, dieses aber leichtfertig wieder an die Israelis abgab „Die Basis liegt in der Defensive, aber wir haben es nicht geschafft, mit diesem Fokus wie gegen Polen in der Defensive zu spielen“, sagte Foda.

Beim 0:1 gegen die Polen am vergangenen Donnerstag in Wien hatte der Teamchef die Einstellung seiner Truppe trotz Niederlage positiv herausgestrichen. In Haifa sei seine Mannschaft letztendlich aber an der eigenen Überheblichkeit gescheitert. „Heute haben wir vielleicht geglaubt, dass es einfach wird, aber so funktioniert der Fußball nicht. Man muss immer hochkonzentriert sein, egal wie es steht, und das waren wir nicht“, kritisierte der Foda. Ganz aus der Schusslinie wollte sich der 52-Jährige aber nicht nehmen: „Der Trainer ist immer verantwortlich für Mannschaft.“

Debakel in EM-Quali als Weckruf für ÖFB

Nach dem 2:4-Debakel gegen Israel forscht man beim ÖFB nach den Ursachen für den Fehlstart in die EM-Qualifikation.

„Sind schuld an der Niederlage“

Für Foda war das Debakel in Israel ein klassischer Selbstfaller des gesamten Teams. „Wir sind schuld an der Niederlage. Das soll die Leistung von Israel nicht schmälern, aber wenn man alles so im Griff hat wie wir in der ersten Hälfte, muss einfach mehr herausschauen“, sagte der gebürtige Deutsche. In punkto Leidenschaft seien die Israelis klar überlegen gewesen. „Sie haben sich reingeworfen und mit Haut und Haaren ihren Vorsprung verteidigt.“

Weil die Österreicher mit dem Eifer der Gastgeber nicht mithalten konnten, sei es zu einem „nicht zufriedenstellenden Ergebnis“ gekommen, sagte Foda und verpackte damit den Ausgang in schmeichelhafte Worte. Die Rolle als vermeintlicher Favorit müsse man auch erfüllen: „Wir müssen einfach lernen, dass wir keine Mannschaft sind, die locker spielen kann. Wir können nur dann erfolgreich sein, wenn jeder Spieler seine Aufgaben offensiv und defensiv zu 100 Prozent erfüllt“, so Foda.

Aleksandar Dragovic und Franco Foda
GEPA/Christian Ort
Foda (r.) schaffte es gegen Israel nicht, seinen Spielern die richtige Einstellung einzuimpfen

Vor allem die Lässigkeit nach dem Führungstreffer von Marko Arnautovic in der achten Minute stieß Foda sauer auf. „Wir waren nach der Führung plötzlich nicht mehr so fokussiert im Zweikampfverhalten“, sagte der Teamchef im ORF-Interview unmittelbar nach Abpfiff. Anstatt konzentriert nach vorne zu spielen, habe seine Mannschaft versucht zu zaubern: „Wir hatten nach vorne noch riesige Umschaltmomente, wo wir dann Hacke eins, zwei, drei gespielt haben“, sagte Foda, womit er den einen oder anderen Fersler im Spielaufbau ansprach.

„Schicksalsspiele“ im Juni

Erstmals seit dem 2:6 in der EM-Quali am 2. September 2011 in Deutschland kassierte Österreich in Haifa vier Tore und steht erstmals seit 1990 (0:1 gegen die Färöer, 1:4 gegen Jugoslawien) nach den ersten beiden Partien einer Qualifikation ohne Punkte da. Noch sei die Chance auf ein Ticket für die EM 2020 aber nicht vorbei, sagte Foda: „Es gibt noch acht Spiele zu absolvieren, und wir haben unser Ziel nicht aus den Augen verloren: Wir wollen Erster oder Zweiter werden.“

Dieses Ziel wäre bei drei Punkten in Haifa deutlich einfacher zu erreichen gewesen. Nach dem frühen 1:0 durch Marko Arnautovic hatte auch noch alles auf einen Sieg gegen einen biederen Gegner, der in der Weltrangliste 69 Plätze hinter Österreich liegt, hingedeutet. „Das Spiel hätte anders laufen können, aber ‚hätte, wäre‘ gibt es nicht. Wir haben verloren, weil wir zu viele Chancen vergeben und zu schlecht verteidigt haben. Wir haben das Match leichtfertig aus der Hand gegeben“, so Foda.

Nun benötigt man in den nächsten Partien gegen Slowenien am 7. Juni in Klagenfurt und gegen Nordmazedonien am 10. Juni in Skopje eine starke Steigerung. „Wir werden jetzt alles in Ruhe analysieren und die richtigen Maßnahmen treffen“, sagte Foda, der bereits unmittelbar nach dem Spiel Konsequenzen ankündigte: „Wir werden sicher einige Veränderungen vornehmen müssen.“ Sollten die kommenden Partien wieder daneben gehen, wären nicht nur die EM-Chancen deutlich reduziert. Und auch der Teamchef müsste sich wohl Sorgen um seinen Job machen, den er seit Herbst 2017 innehat.

Vorerst keine Trainerdiskussion

ÖFB-Präsident Leo Windtner lehnte so kurz nach dem Fehlstart in die EM-Qualifikation eine Diskussion über den Trainer ab. „Eine Teamchefdiskussion bringt in dieser Situation sicher nichts“, sagte der 68-Jährige am Montag vor dem Rückflug nach Österreich. „Aber es wird für den nächsten Lehrgang nicht genügen, nur den Zeitplan neu zu erstellen. Wir haben jetzt eine Phase der Frustbewältigung, dann muss die Phase der nüchternen Analyse folgen, wo auch der Sportdirektor (Peter Schöttel, Anm.) gefordert ist, und dann muss es Konsequenzen für die nächsten Spiele geben.“

Welche Konsequenzen das sein sollen, ließ Windtner offen, deutete aber an, dass in diesem Zusammenhang vor allem die Kicker gemeint seien. „Die Spieler müssen wissen, dass ein höherer Pulsschlag vonnöten ist, wenn sie den Adler auf der Brust tragen, und das war in Israel nicht erkennbar.“ Der ÖFB-Präsident kam nach dem Schlusspfiff in die Kabine und bemerkte dabei „totale Niedergeschlagenheit. Da ist kein Wort mehr über die Lippen gekommen.“

Das schlechte Gewissen plagte das Team laut Windtner zu Recht. „Es war nicht die Bereitschaft da, ans absolute Limit zu gehen, weil man gemeint hat, das schaffen wir auch mit 80, 90 Prozent. Aber wenn wir nicht ans Limit gehen, werden wir keinen Erfolg haben.“ Der Faden sei gerissen, als Arnautovic und Co. nach der frühen Führung „in einen sehr starken Zurückspielmodus verfallen sind“, sagte Windtner. „Das ist oft ein Problem bei uns.“