Manuel Ganahl
AP/Ronald Zak
Eishockey-WM

„Abstiegsfinale“ als Nervenprobe

Österreichs Nationalteam ist bei der WM 2019 bei der entscheidenden Weggabelung angekommen. Am Montag entscheidet sich in Bratislava gegen Italien (20.15 Uhr, live in ORF Sport +), in welcher Klasse die Mannschaft von Teamchef Roger Bader nächstes Jahr spielt. Der Showdown gegen die Italiener steht unter dem einfachen Motto „Siegen oder fliegen“.

Am Sonntag gegen Tschechien konnten die Österreicher jedenfalls kein Selbstvertrauen oder gar etwas Zählbares für die Partie gegen Italien holen. Mit einem stark dezimierten Aufgebot – einige Leistungsträger wurden für die entscheidende Partie geschont – ging die Auswahl des österreichischen Eishockey-Verbandes glatt mit 0:8 baden.

Der Tenor nach der neuerlichen Abfuhr gegen einen Kandidaten auf Edelmetall war einhellig: abhaken und volle Konzentration auf das „Finale“ gegen den Abstieg. Die Rechnung zum Klassenerhalt könnte einfacher nicht sein. Wer die Partie am Montag gewinnt, bleibt in der A-Gruppe, wer verliert, muss eine Stufe tiefer in die Division Ia. „Wir haben das wichtigste Spiel in 24 Stunden vor uns. Wir werden alles tun, damit sich die Spieler in dieser Zeit sehr gut erholen und gegen Italien von Beginn an bereit sind“, sagte Teamchef Bader.

Erwartetes Debakel für Österreich

Österreich geht bei der WM nach der 0:8-Abfuhr gegen Tschechien ohne Moralinjektion in das entscheidende Spiel gegen den Abstieg mit Italien.

Gleiche Ausgangslage

Die Reise in die Slowakei war weder für Österreich, noch für Italien eine Reise wert. Das entscheidende Spiel gegen den Abstieg ist ein Duell der Gebeutelten. Beide Teams gehen mit sechs, teilweise empfindlichen, Niederlagen in den Showdown. Wobei sich Rot-Weiß-Rot im Vergleich zu Grün-Weiß-Rot einen Deut besser schlug. Österreich kassierte im Schnitt sechs Tore, die Italiener durchschnittlich 7,5. Auch offensiv lief es für Baders Truppe mit sechs Toren besser. Italien traf in sechs Spielen nur ein einziges Mal – beim 1:7 gegen Norwegen.

Trotzdem bezifferte Bader die Ausgangslage schon vor der WM mit fifty-fifty. Eine Einschätzung, die sich auch nach den ersten sechs Spielen nicht geändert hat. „Bis jetzt waren unsere Leistungen besser als ihre. Aber das zählt alles nichts, wenn am Schluss zwei Mannschaften aufeinandertreffen, die null Punkte haben“, sagte der Schweizer. Ganahl pflichtete bei: „Ein Spiel entscheidet über oben bleiben oder nicht.“ Der Vorarlberger hofft auf eine Leistung über 60 Minuten, die bisher oft nur in Abschnitten zu sehen war: „Am besten schieben wir von vier Spielen drei Drittel zusammen. Wenn wir so spielen, schaut es sehr gut aus.“

 Clayton Beddoes
GEPA/Andreas Pranter
Clayton Beddoes hat einen schweren Stand als italienischer Teamchef

Was spricht also für die Österreicher im entscheidenden Spiel um das Ticket für die A-WM 2020 in der Schweiz? Zum einen der auf dem Papier bessere Kader. Mit Michael Raffl wird am Montag der einzige Spieler, der in der National Hockey League (NHL) sein Geld verdient, das österreichische Trikot tragen. Während Bader zudem nur Spieler aufbieten kann, die zumindest in der Erste Bank Eishockey Liga (EBEL) tätig sind, musste sein Gegenüber Clayton Beddoes auf zehn Akteure der Alps Hockey League – das Unterhaus der EBEL – zurückgreifen.

Torhüter im Fokus

Gegen Österreich spricht die in Bratislava zu Tage getretene Fehlerhaftigkeit. Mit teils groben Schnitzern lud Österreich den Gegner zum Toreschießen ein. Im Gegensatz zum Vorjahr konnten die Torhüter aber bisher die Fehler ihrer Vorderleute nicht immer ausbügeln. Ein Goalie in Überform, wie 2018 in Kopenhagen Bernhard Starkbaum, fehlt aktuell. David Kickert machte zwar speziell gegen die Schweiz eine gute Figur, den Niederösterreicher zwickt allerdings ein Muskel. Nur wenn Bader „100 Prozent überzeugt ist“, wird Kickert vielleicht doch gegen Italien im Tor stehen.

Daher wird wohl Routinier Starkbaum gegen die Italiener noch einmal die Kohlen aus dem Feuer holen müssen, auch wenn dem Wiener der als Bankdrücker bei den Vienna Capitals angesetzte Rost anzusehen war. Nach Kritik nach dem Norwegen-Spiel stärkte der Teamchef dem Schlussmann nun den Rücken: „Ich bin der Überzeugung, obwohl wir bisher nicht den besten Bernhard Starkbaum gesehen haben, dass er aufgrund seiner Erfahrung in der Lage ist, ein großes Spiel zu zeigen.“

Bernhard Starkbaum
Reuters/Vasily Fedosenko
Im entscheidenden Spiel gegen Italien braucht das ÖEHV-Team einen sicheren Rückhalt

„Müssen geduldig bleiben“

Genauso wichtig wie ein starker Goalie wird vor allem eines sein: Geduld. Denn die Spieler erwarten sich einen defensiv eingestellten Gegner, der sein Heil in Kontern suchen wird. „Es wird sicher nicht einfach, die Italiener werden darauf setzen, dass sie das erste Tor schießen und dann mauern“, sagte etwa Stürmer Alexander Rauchenwald im ORF-Fernsehen. Auch sein Kollege Ganahl erwartet sich Ähnliches: „Sie werden sicher gut verteidigen, defensiv gut eingestellt sein, sicher viele Schüsse blocken und auf Konter lauern. Die dürfen wir ihnen nicht geben.“

Wie immer bei Spielen gegen den Abstieg so wird auch jenes in Bratislava zu einer Geduldsprobe: „Vorne müssen wir einfach geduldig bleiben, wir dürfen nicht zu früh zu viel wollen. Wir müssen hart spielen, wir müssen schnell spielen“, so Ganahl, „wir dürfen nicht zu viel riskieren und müssen unser Spiel durchziehen. Wir müssen für einen Fight bereit sein.“ Die Motivation sollte trotz der jüngsten Ergebnisse jedenfalls kein Problem sein. Zitat Raphael Herburger: „Es weiß jeder, um was es geht: um alles oder nichts. Wir wissen, dass wir es besser können.“