Michael Raffl (AUT)
GEPA/Andreas Pranter
Eishockey-WM

Abwärtsspirale endet in Selbstfaller

Österreichs Eishockey ist seit Montagabend offiziell wieder zweitklassig. Ein 3:4 nach Penaltyschießen gegen Italien beförderte die Mannschaft von Teamchef Roger Bader bei der WM in Bratislava wieder in den Fahrstuhl Richtung B-Gruppe. Der Selbstfaller gegen die Italiener war aber nur das bittere Ende einer Abwärtsspirale.

Die von teilweise starken Vorbereitungsspielen, wie einem Sieg über Deutschland und einem achtbaren 5:7 gegen Kanada, geschürten Hoffnungen wurden in Bratislava brutal zerstört. Die Österreicher verabschiedeten sich als schwächstes Team der WM 2019 aus dem Oberhaus. In sieben Spielen setzte es ebenso viele Niederlagen. Der Zähler gegen den letztjährigen Aufsteiger Italien blieb der einzige im gesamten Turnier. Ohne Sieg war Österreich zuletzt 2005 bei der Heim-WM in Wien und Innsbruck aus der A-Gruppe geflogen.

Sean McMonagle versetzte Baders Truppe mit dem insgesamt 14. Penalty den sportlichen Todesstoß und holte die Österreicher damit aus all ihren Träumen, sich nach dem im Vorjahr geschafften Klassenerhalt ein zweites Mal in Folge unter den Top 16 zu etablieren. „Es ist eine sehr bittere Niederlage, weil ich finde, wir haben sie nicht verdient“, sagte Bader, „wir waren die bessere Mannschaft, aber Sport ist manchmal hart, es gewinnt nicht immer das bessere Team.“

Jubel der Italiener
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Der Aufsteiger darf bleiben: Italien freut sich über den gegen Österreich geschafften Klassenerhalt

„Etwas zu arrogant“

Im Duell zweier siegloser Teams hatten die Österreicher mit 41:23 zwar eine überlegene Schussbilanz, konnten aber Italiens Torhüter Andreas Bernard ebenso nur dreimal bezwingen, wie die „Azzurri“ David Kickert. Auch in der Overtime war die rot-weiß-rote Auswahl dem Sieg näher, allein der Puck wollte nicht ins Tor. Im Shootout hatte Dominique Heinrich sogar den Klassenerhalt am Schläger, allein die Torstange hatten etwas dagegen. „Die Scheibe ist nicht für uns gesprungen“, sagte Bader.

Die Niederlage gegen die Italiener hatten sich die Österreicher aber großteils selbst zuzuschreiben. So wie schon im gesamten Turnier lud Baders Mannschaft den Gegner mit schweren Stellungsfehlern zu Toren ein. Die Italiener, die davor in sechs Spielen nur gegen Norwegen getroffen hatten, sagten Danke und drehten so einen 1:2-Rückstand im zweiten Drittel in eine 3:2-Führung um – und das bei nur fünf Schüssen. „Wir sind da vielleicht etwas zu arrogant aufgetreten und haben gedacht, wir sind besser, als wir sind. Sie haben uns dafür bezahlen lassen“, sagte ein enttäuschter Michael Raffl.

Ein Raffl ist zu wenig

Österreichs einziger Legionär aus der National Hockey League (NHL) tat mit zwei Treffern, darunter jenem zum 3:3-Ausgleich sein Möglichstes, um Österreich in der A-Gruppe zu halten. Ohne den Villacher wäre die rot-weiß-rote Offensive überhaupt nur fast halb so gut gewesen. Raffl erzielte vier der bescheidenen neun österreichischen Tore. Gegen Russland, die Schweiz und Tschechien ging Österreich überhaupt leer aus. Die Abschlussschwäche wurde wie schon so oft in der Vergangenheit einer heimischen Auswahl zum Verhängnis.

Michael Raffl (AUT) und Andreas Bernard (ITA)
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NHL-Legionär Michael Raffl alleine konnte die Österreicher nicht in der A-Gruppe halten

Dazu konnten die Österreicher die Vorgabe kompakt und schnörkellos zu spielen, nur phasenweise in Spielen umsetzen, in denen die Chance auf Punkte von vornherein gering war. Gegen Russland und die Schweiz hielt man etwa lange Zeit gut mit. In den Schlüsselspielen gegen Norwegen und Italien agierte man allerdings oft zu verspielt. Entscheidungen wurden zu langsam und oft falsch getroffen. Der Spielplan erwies sich auch als Gift für die Moral: Vor beiden wichtigen Spielen kassierten die Österreicher 24 Stunden davor mit 1:9 gegen Schweden und 0:8 gegen Tschechien schwere Watschen. Das schlug trotz aller gegenteiliger Beteuerungen aufs Gemüt.

Kein A-tauglicher Rückhalt

Dazu präsentierte sich die Verteidigung heuer nicht auf der Höhe. Einzig Dominik Heinrich und Raphael Wolf, ein Spieler der in der Erste Bank Eishockey Liga (EBEL) bei Dornbirn nur eine Reservistenrolle innehatte, agierten noch am ehesten auf dem nötigen Niveau. Der gebrochene Finger von Wolf wirkte sich doppelt aus. Ohne den Überraschungsmann aus österreichischer Sicht hatte Bader nur noch sieben Verteidiger zur Verfügung – und das ausgerechnet in den entscheidenden Spielen gegen Norwegen und Italien.

Suboptimal war heuer auch die Ausgangslage bei den Torhütern. Sowohl Kickert, als auch Bernhard Starkbaum und Lukas Herzog waren während der Saison bei ihren Clubs nicht die Nummer eins. Dementsprechend konnte auch keiner des Trios bei der WM über sich hinauswachsen. Zum Überdruss verletzte sich Kickert, der sich als Nummer eins herauskristallisiert hatte, und musste etwa gegen Norwegen passen. Insgesamt hatten Österreichs Torhüter zusammen eine Fangquote von 83,94 Prozent und damit die schlechteste aller 16 Teams im Turnier.

Einschnitte in der Vorbereitung

Für Teamchef Bader beginnt nun die Arbeit wieder von vorne. „In der Entwicklung der letzten zwei Jahre war es ein Rückschlag. Aber das gehört dazu, da muss man wieder aufstehen“, sagte der Schweizer, der mit dem Abstieg um eine Heim-WM nächstes Jahr in Zürich und Lausanne umfiel. Statt Duellen mit Russland und Schweden wartet im kommenden Jahr die immer zäher werdende Division Ia mit den Gegnern Slowenien, Südkorea, Ungarn, Aufsteiger Rumänien und Frankreich, das sich ebenfalls mit einem Selbstfaller gegen Großbritannien nach zwölf Jahren aus der A-Gruppe verabschiedete.

Den Luxus einer Vorbereitung gegen Teams wie Tschechien und Kanada kann sich Bader jedenfalls abschminken. Weil die WM der Division Ia bereits Ende April gespielt wird, muss nicht nur der Ligakalender gestrafft werden, auch ein Testturnier im Dezember wird es nicht geben, wie Gernot Mittendorfer, Präsident des Österreichischen Eishockeyverbandes (ÖEHV) ankündigte. Der Abstieg sei bitter, aber: „Man muss es zur Kenntnis nehmen, analysieren und Schlüsse ziehen. Man muss das Beste daraus machen und von vorne anfangen.“ Eines ist sicher: Die Mission Wiederaufstieg wird nicht in Österreich beginnen. Absteiger dürfen keine B-WM ausrichten. So will es der internationale Verband.