Spielszene während der Qualifikationsrunde der tipico-Bundesliga-Begegnung zwischen FC Wacker Innsbruck und SK Rapid Wien
APA/EXPA/Stefan Adelsberger
Bundesliga

Zwiespältige Bilanz nach Reformsaison

Mit dem Rückspiel im Finale des Play-off zur Europa League zwischen Sturm Graz und Rapid Wien (0:1) sind am Sonntag die erste Saison der tipico-Bundesliga nach der Reform zu Ende gegangen. Die Bilanz der Clubs fällt dabei zwiespältig aus. Einige Vereine sehen weiteren Reformbedarf, andere zeigten sich von den Änderungen angetan.

Zu den Skeptikern zählen unter anderem jene Bundesligisten, die aufgrund der Tabellenkonstellation zu den Verlierern der Modifizierung zählen – wie der TSV Prolactal Hartberg. „Das neue Ligaformat hat definitiv Spannung bewirkt, und das nicht in geringem Ausmaß. Die Frage ist nur, zu welchem Preis. Die Spannung geht auf Kosten der sportlichen Fairness“, sagte Hartberg-Trainer Markus Schopp vor allem mit Blick auf die umstrittene Punkteteilung. Die Steirer gerieten ob dieser nach einer guten Herbstsaison in den Abstiegsstrudel.

„Ich bin der Meinung, dass die 22 Runden des Grunddurchgangs durch zehn Finalspiele komplett entwertet werden“, so der Steirer, der auch darauf hinwies, dass die Winterpause nach 18, die Teilung in Meister- und Qualifikationsgruppe aber erst nach 22 Runden erfolgt. Dadurch können vor allem besser betuchte Vereine in der Wintertransferzeit vor den letzten Partien des Grunddurchgangs noch einmal nachrüsten. Zudem steige generell der Druck auf Spieler, Schiedsrichter und Trainer.

Punkteteilung in der Kritik

Mattersburg-Coach Klaus Schmidt haderte ebenfalls mit der Punkteteilung. „Das ist eine knallharte Geschichte, vor allem im Abstiegskampf. Der Verzicht darauf wäre positiv“, meinte der Steirer. Die Burgenländer verpassten als Siebente die Meistergruppe nur um einen Zähler, nach der Teilung lag man zehn Runden vor Schluss plötzlich nur noch sechs Punkte von der roten Laterne entfernt.

Klaus Schmidt (Mattersburg) und Markus Schopp (Hartberg)
GEPA/Christian Walgram
Hartberg-Trainer Markus Schopp (l.) und Mattersburgs Klaus Schmidt (r.) gehören zu den Skeptikern der Bundesliga-Reform

In dieser Angelegenheit kann der Sportdirektor von Meister Red Bull Salzburg, Christoph Freund, Schopp und Schmidt durchaus verstehen. „Wenn du einen richtig guten Herbst gespielt hast und dann aufgrund der Punkteteilung bis zum Schluss kämpfen musst und dann vielleicht sogar absteigst, dann wird das dem Sport nicht ganz gerecht. Da stehen auch Existenzen am Spiel. Das wird man mit der Bundesliga und den anderen Clubs noch diskutieren.“ Auch Rapid-Coach Dietmar Kühbauer bemängelte diesen Umstand. „Aus Gründen der sportlichen Fairness sollte man überdenken, ob es gerecht ist, dass ein Team sogar absteigen könnte, obwohl es in 32 Runden mehr Punkte geholt hat.“

„Gut gefüllter Trainerfriedhof“

Die erhöhte Spannung hatte auch Auswirkungen auf die Trainerjobs. Offenkundig handelten die Clubs etwa im spannenden Kampf um einen Platz in der Meistergruppe schneller als sonst. Acht der zwölf Clubs wechselten in dieser Spielzeit ihre Betreuer aus. „Der Druck erhöht sich immer mehr. Zuerst muss man unter den Top Sechs sein, und dann kommt eine Quickie-Meisterschaft, in der alles passieren kann. Außerdem ist der Abstieg existenzgefährdend, weil die 2. Liga durch die Reform noch weniger attraktiv ist“, betonte Schmidt, der von einem „gut gefüllten Trainerfriedhof“ sprach.

Hohe Spannung als positiver Aspekt

Neben Reformkritik gibt es ebenso Lob, etwa auch von den Kritikern wie Schopp („Es war an der Zeit, dass man sich etwas überlegt, und wir waren auch Nutznießer“) oder Schmidt („Die Spannung ist sicher ein positiver Aspekt“). Salzburgs Freund lobte die Veränderung: „Der Kampf ums untere und obere Play-off, diesen Spannungsbogen hast du im anderen Modus nicht. Das neue Format hat sich eine Chance verdient, das über einige Jahre zu verfolgen. Es ist ein interessanter neuer Modus.“ Noch begeisterter äußerte sich LASK-Boss und Bundesliga-Aufsichtsrat Siegmund Gruber. „Die Ligareform ist eine absolute Bereicherung für alle Fans in Österreich und an Spannung kaum zu überbieten. Da hat man den richtigen Weg eingeschlagen.“

Neo-Austria-Coach Christian Ilzer bewertete die Reform ebenfalls „absolut positiv, weil es die ganze Saison über spannend war, vor allem vor der Teilung. Die war in einer Phase (Mitte März, Anm.), in der es normalerweise nicht so turbulent zugeht.“ Der Steirer regte allerdings an, die Punktehalbierung in der Meistergruppe zu belassen, in der Qualifikationsgruppe aber aufzuheben. „Grundsätzlich bin ich ein Freund des neuen Modus. Verbesserungen kann man immer vornehmen, doch die Zehnerliga war für mich schon zu abgedroschen. Im Endeffekt sind wir in der Unterhaltungsbranche“, betonte der bisherige WAC-Coach.

Trainer Christian Ilzer und Uwe Hoelzl (WAC)
GEPA/Daniel Goetzhaber
Neo-Austria-Trainer Christian Ilzer sorgte mit RZ Pellets WAC für Spannung bis zum Schluss – und auch Unterhaltung

Auch weitere Clubs teilten diese Ansicht. „Eines der großen Ziele der Ligareform war es, über das ganze Jahr verteilt für mehr Spannung zu sorgen. Dieses Ziel ist aus meiner Sicht definitiv erreicht worden“, resümierte der General Manager des SKN St. Pölten, Andreas Blumauer. Der Obmann des Absteigers Wacker Innsbruck, Gerhard Stocker, erklärte: „Wenn es jeder durch die Vereinsbrille sieht, ist es verständlich, dass es Kritik gibt, aber von der Spannung her ist es toll.“

Zuschauerschnitt blieb gleich

Der Zuschauerschnitt blieb gegenüber dem Vorjahr praktisch gleich, wenn man den Wert der Saison 2017/18 (6.385) mit jenem des Grunddurchgangs inklusive Meister- und Qualifikationsgruppe 2018/19 (6.372) vergleicht. Im Schnitt zulegen konnte die Wiener Austria (vor allem aufgrund des neuen Stadions; plus 46,95 Prozent), St. Pölten (plus 31,23 Prozent) und auch Salzburg (plus 24,08 Prozent).

Abgebaut hat hingegen Rapid (minus 12,28 Prozent), das sich in der Qualigruppe tummelte. „Unabhängig davon, dass wir mit Rapid in der Qualifikationsgruppe gelandet sind, hat die Reform im ersten Jahr noch nicht den von vielen erhofften Nutzen gebracht. Die Spannung rund um das Ende des Grunddurchgangs war zwar sehr hoch, und es wurde auch medial breit darüber berichtet, in Summe hat das aber noch keine positiven Auswirkungen auf die Zuschauerzahlen gehabt.“

Sturm-Trainer Roman Mählich schlug in dieselbe Kerbe. „Man muss sich im zweiten Jahr ansehen, ob es auch von den Zusehern noch mehr angenommen wird, wenn der Modus bereits in den Köpfen verankert ist. Für viele ist das auf den ersten Blick bestimmt kompliziert gewesen. Wichtig ist, dass die Verantwortlichen das erste Jahr sehr genau evaluieren“, betonte der Ex-Teamspieler.

Änderung im Kalender

Sturm und Rapid waren zum Ende der Saison im neuen Play-off involviert, am Ende spielten die Wiener gar vier Spiele in neun Tagen. Die Ansetzung des Europacup-Play-offs mit drei Spielen innerhalb von sechs Tagen missfiel auch Kühbauer, wobei der Coach die Tatsache hervorhob, dass es diesbezüglich bereits im kommenden Jahr eine Änderung gibt. Laut Liga-Rahmenterminplan für 2019/20 gehen die Play-off-Matches dann am 20., 23. und 26. Mai 2020 und somit binnen sieben Tagen über die Bühne.