Maskottchen der Europaspiele
Reuters/Vasily Fedosenko
Europaspiele

Spiele als Propagandashow

Die am Freitag beginnenden, zehntägigen zweiten Europaspiele in Minsk sollen ein Sportfest werden, aber es sind auch Problemspiele – vornehmlich wegen des Standorts. Nach Aserbaidschans Hauptstadt Baku 2015 ist in Weißrussland nun wieder eine autokratisch geführte ehemalige Sowjetrepublik Gastgeber. Das Land steht auf Platz 153 der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen.

In wenigen Tagen feiert der 64-jährige Autokrat Alexander Lukaschenko ein Vierteljahrhundert im Präsidentenamt – niemand sonst auf dem Gebiet der früheren UdSSR ist länger an der Macht. Traditionell nutzt der als „letzter Diktator Europas“ kritisierte Politiker Sportereignisse wie die Eishockey-WM 2014 und die EM im Eiskunstlauf in diesem Jahr, um mit einer Propagandashow zu glänzen. Für das Image des Landes sei das echte PR, eine Investition in die Zukunft.

Gastgeber Lukaschenko steht international nicht nur wegen seiner harten Hand gegen Andersdenkende in der Kritik, sondern vor allem deshalb, weil er als letzter Staatschef in Europa noch die Todesstrafe vollstrecken lässt – per Genickschuss. Allein in diesem Jahr seien bisher mindestens zwei verurteilte Schwerverbrecher hingerichtet worden, berichtet das Menschenrechtszentrum Wjasna in Minsk. Ein Fall sei erst eine Woche vor Beginn der Spiele bekanntgeworden.

Veranstalterland bitterarm

Anders als bei den Europaspielen im öl- und gasreichen Aserbaidschan ist Weißrussland auch noch bitterarm. Wirtschaftlich hängt das Land am Tropf Russlands. Die Vereinigung der europäischen Nationalen Olympischen Komitees (EOC) rief die Veranstaltung als Pendant zu Kontinentalevents wie den Asienspielen und den Panamerikanischen Spielen ins Leben. Für 2019 allerdings sprangen die Niederlande zunächst aus wirtschaftlichen Gründen ab. Minsk füllte die Lücke.

Der Sponsorenpool besteht mehrheitlich aus weißrussischen Staatsunternehmen. Regierungschef Sergej Rumas musste einräumen, dass das erhoffte Engagement internationaler Geldgeber ausgeblieben ist. „Wir können mit den Ergebnissen dieser Arbeit nicht zufrieden sein“, sagte er. Für 2023 fand sich mit Krakau ein Bewerber, die Spiele in vier Jahren werden also wohl in Polen stattfinden.