Ehemaliger UEFA-Präsident Platini
APA/AFP/Zakaria Abdelkafi
Fußball

Kein Verfahren gegen Ex-UEFA-Chef Platini

Abgekämpft, müde und mit zerzausten Haaren hat Michel Platini tief in der Nacht nach dem Verhörmarathon die Antikorruptionsbehörde in Nanterre verlassen. Mehr als 15 Stunden hatten die Ermittler den Ex-Präsidenten des Europäischen Fußballverbands (UEFA) vernommen, ein Verfahren gegen den Franzosen wurde nicht eingeleitet. „Ich bin gekommen und wurde in Gewahrsam genommen. Das tut weh. Es war viel Lärm um nichts“, sagte Platini am Mittwoch.

Die Fahnder hatten viele Fragen. Natürlich ging es um die ominöse Vergabe der WM 2022 nach Katar, aber auch um den Zuschlag der Endrunde 2018 nach Russland und das EM-Turnier 2016 in Frankreich. Und da galt der 63-Jährige in der Tat als interessanter Gesprächspartner, war er doch in allen Vergabeprozessen als hoher Sportfunktionär direkt involviert.

Ermittlungstechnisch hat Platini bei der seit 2016 geführten Untersuchung wegen Korruption, Verschwörung und aktiver sowie passiver Bestechung im Fußball weiter den Status eines Zeugen, wie auch sein Anwalt William Bourdon gegenüber der Nachrichtenagentur AFP betonte. Aktuell läuft gegen den früheren Ausnahmefußballer kein Verfahren, das bestätigten Justizkreise der dpa am Mittwoch in Paris.

Platinis Ruf stark beschädigt

Dem Ruf des ohnehin noch bis Oktober 2019 für alle Fußballaktivitäten gesperrten Platini dürfte die Anhörung aber schwer geschadet haben. Dass es bei der Befragung nicht nur um die Katar-WM ging, war durchaus beachtlich. Die Ermittler interessierten sich auch für die EM 2016 in Frankreich. Platinis Heimatland hatte 2010 denkbar knapp mit 7:6 Stimmen gegen die Türkei gewonnen.

Ehemaliger UEFA-Präsident Platini stellt sich nach seiner Freilassung der Presse
AP/Francois Mori
Platini stellte sich nach seinem 15-Stündigen Verhör den Fotografen

Zur Abstimmung in Genf war sogar der damalige französische Staatschef Nicolas Sarkozy gekommen. Wie die Sportzeitung „L’Equipe“ berichtet, war Sarkozy vor der Wahl dank Platini – zu der Zeit als UEFA-Chef verantwortlich – den wahlberechtigten Exekutivmitgliedern vorgestellt worden, während der damalige türkische Präsident Abdullah Gül im Saal Platz nahm.

Platini und Sarkozy sollen seit 1999 ein gutes Verhältnis gepflegt haben, das am 23. November 2010 in dem berühmten Dinner im Elysee-Palast gipfelte. Auch Tamim bin Hamad Al Thani, der damalige Kronprinz und heutige Emir des Emirats Katar, gehörte der illustren Runde an. Diesbezüglich wurden am Dienstag auch Sophie Dion, eine frühere Sportberaterin von Sarkozy, und der frühere Elysee-Generalsekretär Claude Gueant vernommen.

Zuschlag an Katar mit 14:8 Stimmen

Für den früheren Chef des Internationalen Fußballverbands (FIFA), Joseph Blatter, ist klar: An diesem Abend wurde der Zuschlag für die WM 2022 in Katar besiegelt. „Platini hat 2010 seine Meinung geändert und Katar unterstützt, weil es der französische Präsident Sarkozy von ihm wollte“, sagte Blatter. Zusammen mit Platinis Stimme seien drei weitere europäische Vertreter ins Katar-Lager geschwenkt. Das Ende ist bekannt: Katar erhielt völlig überraschend mit 14:8 Stimmen gegenüber den USA den Zuschlag.

Ganz nebenbei soll bei dem Abendessen auch der milliardenschwere Einstieg des Emirats beim französischen Hauptstadtclub Paris Saint-Germain besprochen worden sein. Sarkozy habe ihm nichts aufgezwungen, rechtfertigte sich Platini, der sich in früheren Zeiten gerne als Fußballromantiker gegeben hatte. Er habe sich dafür eingesetzt, dass die WM in einem Land stattfinde, in dem sie noch nie war, sagte er.

Verheerendes Medienecho in Frankreich

Das Medienecho in seiner Heimat ist für Platini verheerend. Korruption, Vetternwirtschaft und Amtsmissbrauch seien bei internationalen Sportveranstaltungen heutzutage an der Tagesordnung, schrieb die linksorientierte Tageszeitung „Liberation“ und fügte hinzu: „So viel zu Werten und Vorbildern.“