Nach Sun Yangs von vielen Chinesen lautstark umjubeltem 400-m-Kraul-Titel hatte der zweitplatzierte Horton öffentlich sein Missfallen zum Ausdruck gebracht. Der 23-Jährige verweigerte dem umstrittenen Schwimmer den Handschlag, ließ bei der Hymne seinen Platz auf dem Podest frei und hielt beim Foto der Medaillengewinner Abstand.
Bei einer unangekündigten Dopingkontrolle im September 2018 in China soll eine Probe mit Sun Yangs Blut mit einem Hammer zertrümmert worden sein. Der 27-jährige dreifache Olympiasieger soll daran direkt beteiligt gewesen sein, lautet der Vorwurf. Die FINA hatte ihn vom Betrugsverdacht freigesprochen. Die Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) legte Berufung gegen die FINA-Entscheidung ein. Der Fall soll im September vor dem Internationalen Sportgerichtshof (CAS) verhandelt werden. Sun Yang war bereits 2014 wegen Dopings für drei Monate gesperrt gewesen.
Eklat bei Schwimm-WM
Bei der Siegerehrung für die 400 Meter Freistil verweigert der zweitplatzierte Mack Horton den Handschlag mit Sieger Sun Yang.
Die FINA hat nun eine schriftliche Verwarnung gegen den australischen Verband und Horton ausgesprochen. Man respektiere die Prinzipien der Meinungsfreiheit, aber das müsse im richtigen Kontext geführt werden, hieß es nach einem Schreiben der FINA, nachdem die Exekutive zusammengetreten war. Wie in allen großen Sportorganisationen müssten sich Athleten und Umfeld ihrer Verantwortung bewusst sein, die FINA-Regeln respektieren und nicht FINA-Events für persönliche Statements und Gesten benützen.
Todesdrohungen hier, Applaus dort
Während die Aktion auch bei bestimmten Medien Kritik erzeugte und chinesische Schwimm-„Fans“ deshalb auf dem Kurznachrichtendienst Twitter sogar Todesdrohungen absonderten, erhielt Horton von einem überwältigendem Teil der aktiven Schwimmer Unterstützung. „Wir haben uns alle gespannt die Siegerehrung angesehen. Es war wunderbar. Beim Abendessen hat ihm dann der ganze Saal applaudiert“, erzählte US-Schwimmerin Lilly King.
Es sei wunderschön zu sehen, dass zumindest die Athleten zusammenstünden, sagte King. Alle hätten es leid, dass dieser Dopingschatten über dem Sport stehe. „Ich glaube nicht, dass die FINA für die Athleten aufsteht. Also müssen wir es selbst tun, und das jetzt war der Beginn“, so King.
Athletinnen freuen sich über Zeichen
„Ich bin froh, dass endlich jemand ein Zeichen gesetzt hat“, sagte der Deutsche Jacob Heidtmann. „Mich hat’s geärgert. Ich darf mich damit eigentlich gar nicht beschäftigen, weil das macht einen so fertig. Aber natürlich: Es frisst alle im Team an, und alle waren froh, dass endlich mal ein Zeichen gesetzt wurde.“ Dass Sun hier schwimme, sei eine Frechheit für alle sauberen Athleten. „Das ist ein Schlag ins Gesicht, und ich hoffe, dass jetzt das Zeichen ausreicht, damit der Weltverband allgemein einsieht, dass der nie wieder auf so einer Bühne stehen darf.“
Der australische Schwimmer Mitch Larkin zeigte sich „superstolz“ auf seinen Teamkollegen Horton. „99 Prozent aller Athleten unterstützen ihn. Er ist nicht alleine“, sagte Larkin. „Was er gemacht hat, war tapfer und mutig.“