Kolumbischer Radfahrer Egan Bernal
Reuters/Gonzalo Fuentes
Tour de France

Historischer Triumph für Bernal

Egan Bernal hat das Gelbe Trikot der 106. Tour de France sicher nach Paris gebracht und damit einen historischen Triumph gefeiert. Der 22-Jährige gewann als erster Kolumbianer und als überhaupt erster Lateinamerikaner die wichtigste Landesrundfahrt – zugleich als jüngster Fahrer seit 1935 und als viertjüngster in der 117-jährigen Geschichte der Tour.

Bernal, der bei seinem Tour-Debüt im vergangenen Jahr als Helfer für den späteren Sieger Geraint Thomas Platz 15 belegte hatte, gewann die Gesamtwertung diesmal 1:11 Minuten vor seinem walisischen Teamkollegen Thomas und 1:31 vor dem Niederländer Steven Kruijswijk (Jumbo). Das Grüne Trikot ging an den Slowaken Peter Sagan (Bora), der die Punktewertung zum siebenten Mal gewann und den Deutschen Erik Zabel an der Spitze der Bestenliste damit hinter sich ließ. Bergkönig wurde der Franzose Romain Bardet (AG2R).

„Das ist unglaublich, ich kann es noch gar nicht fassen, was passiert ist. Ich werde ein paar Tage brauchen, um das zu verarbeiten und zu verstehen. Es ist ein tolles Gefühl“, meinte Bernal, der in Paris von seinen Eltern und seinem kleinen Bruder empfangen worden war.

„Ein schönes Gefühl“

Besonders stolz sei er darauf, dass er der erste kolumbianische Sieger in der langen Tour-Geschichte sei. „Das haben schon so viele andere versucht. Der erste Sieg bei einer Tour der France, das ist ein schönes Gefühl. Kolumbien hat sich das verdient. Ich bin sehr stolz, dass ich der Erste aus meinem Land bin, der das geschafft hat“, so der 22-Jährige.

Der geringe Abstand von 1:31 Minuten zwischen Bernal und Kruijswijk ist übrigens der kleinste des Siegers auf den Drittplatzierten in der Geschichte der Tour de France. Dem Deutschen Emanuel Buchmann (Bora) fehlen als Viertem auch nur 1:56 Minuten auf Bernal. Dass der Franzose Warren Barguil nach rund 83 Stunden Gesamtfahrzeit als Zehnter lediglich siebeneinhalb Minuten zurückliegt, untermauert den diesmal so spannenden Verlauf.

Egan Bernal, Romain Bardet. Peter Sagan und Julian Alaphilippe
AP/Thibault Camus
Die Trikotträger Sagan (grün), Bardet (gepunktet) und Bernal mit Julian Alaphilippe, der als angriffslustigster Fahrer geehrt wurde

Zum tragischen Helden der Gastgeber wurde Julian Alaphilippe, der die Gesamtführung nach 14 Tagen im Gelben Trikot erst nach der 19. Etappe an Bernal verloren hatte. In Paris kam der Deceuninck-Profi als bester Franzose nur als Fünfter an. Dafür wurde er als angriffslustigster Fahrer der Tour 2019 geehrt.

Bestklassierter Österreicher wurde noch Buchmanns Bora-Adjutant Gregor Mühlberger als 25., nachdem sein Teamkollege und Top-Ten-Aspirant Patrick Konrad in der zweiten Tour-Hälfte wegen gesundheitlicher Probleme vom zwölften auf den 35. Rang zurückgefallen war. Für den einzigen Podestplatz der vier gestarteten Österreicher hatte Mühlberger als Dritter der zwölften Etappe gesorgt.

Ewan holt Etappensieg in Paris

Die Schlussetappe stand wieder ganz im Zeichen der Sprinter. Die schnellsten Beine nach den insgesamt rund 3.400 Kilometern der 106. Tour hatte der Australier Caleb Ewan, der den Massensprint auf den Pariser Champs-Elysees vor dem Niederländer Dylan Groenewegen und dem Italiener Niccolo Bonifazio für sich entschied. Damit avancierte Ewan zum einzigen Fahrer mit drei Etappensiegen, Alaphilippe und der Brite Simon Yates gelangen zwei Tagessiege.

Bernal am Ziel seiner Träume

Bernal dagegen, der seine Kletterkünste in den Alpen-Anstiegen der letzten Tour-Woche eindrucksvoll ausspielte, setzte die Erfolgsserie des britischen Ineos-Teams (vormals Sky) fort, das in den vergangenen acht Jahren die Frankreich-Rundfahrt gleich siebenmal für sich entschied. Der Siegesreigen war 2012 durch Bradley Wiggins als ersten britischen Tour-Sieger eröffnet worden. Ihm folgten seine Landsleute Christopher Froome (vier) und im Vorjahr Thomas, der diesmal hinter Bernal Platz zwei belegte. Unterbrochen worden war die Serie des britischen Teams nur 2014 vom Sieg des Italieners Vincenzo Nibali.

Als Tour-Sieger in Paris ist Bernal vorerst am Ziel seiner langjährigen Träume angekommen, wiewohl ihm von Experten das Potenzial für zahlreiche weitere Triumphe attestiert wird. Die Tour sei von klein auf sein großes Ziel gewesen. „Früher haben wir uns die Tour gemeinsam im Fernsehen angeschaut und sie als unerreichbar erachtet. Als Kind denkt man, wie cool es wäre, da eines Tages dabei zu sein. Aber es hat so weit entfernt ausgesehen. Und jetzt bin ich hier, das ist schon sehr emotional“, sagte Bernal.

Kolumbien im Freudentaumel

„Ich bin sehr stolz darauf, das als erster Kolumbianer geschafft zu haben. Wir verdienen es, die Tour zu gewinnen. Das hat uns noch gefehlt. Ich kann es kaum erwarten, das Trikot nach Kolumbien zu bringen“, so Bernal, der die Tour als dritter Kolumbianer nach Victor Hugo Pena (2003) und Fernando Gaviria (2018) anführte, aber als erster gewann. Staatspräsident Ivan Duque twitterte: „Das erfüllt uns Kolumbianer alle mit Stolz und Freude.“ Bernal konnte seinen Triumph zunächst nicht fassen: „Alles ist so schnell gekommen, ich kann das gar nicht realisieren.“

Thomas, der nach seinem Sturz bei der Tour de Suisse – Generalprobe für die Tour (Sieger Bernal) – nicht zur Vorjahresform fand, gab sich als fairer Zweiter. Der entthronte Titelverteidiger freute sich über den Ineos-Doppelsieg und gratulierte seinem Teamkollegen. „Erster und Zweiter, es könnte nicht besser sein. Egan ist eine Stufe über mir“, sagte der 33-Jährige, der die gute Zusammenarbeit während der gesamten Tour hervorhob. „Wir haben wieder bewiesen, dass wir eine starke Einheit sind. Es ist ein richtiges Vergnügen, Teil davon zu sein.“

106. Tour de France

Gesamtwertung

Endstand nach 21 Etappen:
1. Egan Bernal COL 82:57:00
2. Geraint Thomas GBR + 1:11
3. Steven Kruijswijk NED 1:31
4. Emanuel Buchmann GER 1:56
5. Julian Alaphilippe FRA 3:45
6. Mikel Landa ESP 4:23
7. Rigoberto Uran COL 5:15
8. Nairo Quintana COL 5:30
9. Alejandro Valverde ESP 6:12
10. Warren Barguil FRA 7:32
25. Gregor Mühlberger AUT 1:04:40
35. Patrick Konrad AUT 1:24:35
148. Marco Haller AUT 4:08:17
Aufgabe vor 18. Etappe: Lukas Pöstlberger (AUT)

21. Etappe

Rambouillet - Paris (128 km):
1. Caleb Ewan AUS 3:04:08
2. Dylan Groenewegen NED -"-
3. Niccolo Bonifazio ITA -"-
4. Maximiliano Richeze ARG -"-
5. Edvald Boasson Hagen NOR -"-
6. Andre Greipel GER -"-
7. Matteo Trentin ITA -"-
8. Jasper Stuyven BEL -"-
9. Nikias Arndt GER -"-
10. Peter Sagan SVK -"-
12. Marco Haller AUT -"-
29. Egan Bernal COL -"-
30. Geraint Thomas GBR -"-
36. Steven Kruijswijk NED -"-
46. Gregor Mühlberger AUT -"-
147. Patrick Konrad AUT + 1:53