Israels Teamspieler im Abschlusstraining
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EM-Qualifikation

Israel spekuliert mit Überraschung

Die mit viel Österreich-Bezug ausgestattete israelische Nationalmannschaft steht am Donnerstag (20.45 Uhr, live in ORF1) beim Gastspiel in der EM-Qualifikation gegen das ÖFB-Team unter Zugzwang. Will man die Chance auf die erste EM-Teilnahme wahren, braucht es in Wien wohl einen Sieg. Die Israelis spekulieren mit einer neuerlichen Überraschung.

Im März fügte die Mannschaft von Teamchef Andreas Herzog Österreich in Haifa eine 2:4-Niederlage zu. Der ehemalige ÖFB- und jetzige Israel-Sportdirektor Willi Ruttensteiner hofft auf eine Wiederholung, wenngleich auch für ihn die Positionen klar bezogen sind.

„Österreich ist ganz klar Favorit, doch wir haben gegen jeden Gegner außer vielleicht Polen auswärts (0:4-Niederlage, Anm.) sehr gut gespielt, das werden wir auch in Wien versuchen. Wenn wir in Österreich überraschen können, ist in der Quali noch etwas möglich. Wenn wir verlieren, haben wir, glaube ich, keine Chance mehr“, sagte der Oberösterreicher der APA.

Israels Sportdirektor Willi Ruttensteiner
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Israel-Sportdirektor Willi Ruttensteiner hofft auf eine neuerliche Überraschung gegen Österreich

„Uns erwartet auf jeden Fall ein irrsinnig starker Gegner. Sollte David Alaba fehlen, wäre das ein schwerer Ausfall, weil er für mich ein absoluter Weltklassespieler ist. Andererseits haben die Österreicher das Potenzial, Ausfälle zu verkraften, weil sie viele Spieler im Ausland haben“, sagte der 56-Jährige vor dem Duell mit dem ÖFB-Team, das mit Personalsorgen zu kämpfen hat und neben dem Einsatz von Alaba auch um jenen von Konrad Laimer bangt.

Einsatz von Alaba und Laimer fraglich

Beide Schlüsselspieler des ÖFB-Teams absolvierten einen Tag vor dem Match das Abschlusstraining im Wiener Ernst-Happel-Stadion.

Teamchef Herzog erwartet durch die möglichen Ausfälle keine zu großen Auswirkungen. „Ich denke, dass man im Laufe einer Quali damit rechnen muss, nicht immer in der Topformation zu spielen“, sagte Österreichs Rekordteamspieler am Mittwochabend in seiner Abschlusspressekonferenz. „Wir haben auch wichtige Spieler nicht dabei“, betonte Herzog und verwies etwa auf die Sperre von Mittelfeldmann Dor Perez. „Das musst du als Trainer schlucken.“

Möglicher Vorteil für Israel

Als möglicherweise leichten Vorteil wertete Herzog, dass Israels Sportdirektor Ruttensteiner, Tormanntrainer Klaus Lindenberger und er die österreichischen Spieler gut kennen würden. „Aber ihre Qualität wiegt das auf.“ Österreich sei für ihn das beste Team der Gruppe, wiederholte der Wiener, noch vor Tabellenführer Polen. „Sie sind kreativer“, begründete der 51-Jährige, der sein Amt in Israel Anfang August 2018 angetreten hat.

Nun kommt er erstmals als Cheftrainer eines Auswärtsteams in sein früheres Wohnzimmer in Wien. „Es ist ein spezieller Moment für mich, weil ich hier viele Spiele gespielt habe“, sagte Herzog. Die Emotionen dürfe er aber gar nicht auf sich zukommen lassen. „Ich muss wie die Spieler professionell sein, sonst habe ich einen schlechten Job gemacht. Wir sind hier, um drei Punkte zu holen.“

Israels Teamchef Andreas Herzog gibt seinen Spielern im Training Anweisungen
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Andreas Herzog lässt bei seiner Rückkehr ins Ernst-Happel-Stadion keine Emotionen aufkommen

Israel fehlen als Nummer 86 der FIFA-Weltrangliste – Österreich ist 27. – in der Tabelle der Gruppe G vier Runden vor Schluss drei Zähler auf Rang zwei. Die Israelis sind drei Spiele ohne Sieg, dennoch hat der Tabellenfünfte weiter Außenseiterchancen auf eines der beiden EM-Tickets. „Für uns ist es die Möglichkeit, die verlorenen Punkte wieder zu holen, die wir zuletzt nicht gemacht haben“, sagte Herzog über das Gastspiel in Wien. Man brauche aber einen „sehr, sehr großen Tag“.

Highlights der Pressekonferenz von Andreas Herzog

Der Israel-Teamchef spricht über seine Rückkehr ins Ernst-Happel-Stadion.

Nach dem September-Lehrgang, der zu Hause nur ein 1:1 gegen Nordmazedonien und in Slowenien ein bitteres 2:3 gebracht hatte, herrschte wohl auch Gesprächsbedarf mit Markus Rogan. Österreichs ehemaliger Weltklasseschwimmer ist neben Herzog, Ruttensteiner und Tormanntrainer Lindenberger der vierte Österreicher, der beim israelischen Verband unter Vertrag steht. Der Mentalcoach wollte vor dem Duell keine Interviews geben, um sich auf die Vorbereitung zu konzentrieren. Am Dienstag besuchte Rogan in Wien eine Synagoge und betete mit den Spielern. Der 37-Jährige war einst für seine Frau Leanne zum Judentum konvertiert.

Hoffnungsträger Weissman

Mit Munas Dabbur steht ein ehemaliger Salzburg-Legionär im Kader, bessere Startelfchancen hat allerdings der aktuelle WAC-Angreifer Shon Weissman. Der Stürmer hält beim WAC in dieser Saison bereits bei 17 Pflichtspieltreffern. „Er wird bei seinem Verein sehr gut betreut, man interessiert sich für seine Kultur und hilft ihm. Dadurch gibt er sehr viel zurück“, sagte Ruttensteiner über den 23-jährigen Stürmer.

Weissman gab sein Nationalteamdebüt beim 2:3 gegen Slowenien, also ausgerechnet in jener Partie, die Israels Teamchef Herzog zu einem emotionalen TV-Interview veranlasste. „Ich bin in guter Verfassung. Ich hoffe, dass es so weitergeht“, sagte Weissman gegenüber israelischen Medien. Österreichischen durfte er auf Anordnung des israelischen Verbands zu dem brisanten Duell keine Interviews geben. „Die österreichische Mannschaft ist zu Hause am besten, aber wir müssen uns hier beweisen“, sagte der Angreifer. „Wir glauben an uns selbst.“

Tormann Jan Oblak (SLO) und Shon Weissman (ISR)
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WAC-Stürmer Weissman gab im September beim 2:3 gegen Slowenien sein Debüt

Ein anderer Österreich-Legionär, Austria-Stürmer Alon Turgeman, traut das seinen Landsleuten zu. „Österreich hat ein richtig gutes Team mit vielen guten Spielern. Aber wir haben in Israel gewonnen. Wir haben es schon einmal geschafft, sie zu besiegen“, sagte der 28-Jährige, der es nicht ins Aufgebot geschafft hat, und erinnerte an das 4:2.

Slowenien muss in Nordmazedonien bestehen

Während sich in der ÖFB-Gruppe G Tabellenführer Polen auf eine laut Papierform leichte Aufgabe auswärts gegen Lettland vorbereiten kann, muss Slowenien im dritten Donnerstag-Duell (alle 20.45 Uhr) mit einem heiß umkämpften Spiel in Skopje rechnen. Nordmazedonien will seine vielleicht letzte Chance nützen, würde nur bei einem vollen Erfolg zu den Slowenen (13 Punkte) aufschließen.

Drei Spiele in Folge haben die bisher nur von Österreich besiegten Slowenen gewonnen. Erst will die Truppe von Trainer Matjaz Kek in Nordmazedonien nachlegen, am Sonntag dann in Ljubljana gegen Österreich – es herrscht Optimismus. „Beide Siege sind erreichbar“, meinte Rechtsverteidiger Petar Stojanovic.

Die Partie in Skopje vor über 30.000 Zuschauern stufte der erfahrene Mittelfeldmann Jasmin Kurtic als „eines der wichtigsten Spiele, seit ich in der Nationalmannschaft bin“, ein. Seit der WM 2010 waren die „Zmajceki“ (Dt.: „Drachen“) bei keiner Endrunde mehr vertreten.