Jubel bei Österreich
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EM-Qualifikation

ÖFB-Team nimmt emotionale Revanche

Die österreichische Fußballnationalmannschaft hat am Donnerstag mit dem 3:1-Heimsieg gegen Israel den nächsten Schritt Richtung EM 2020 gemacht. Mit der Leistung waren die ÖFB-Teamspieler nicht gänzlich zufrieden, aber mit der Mentalität und vor allem dem Ergebnis. Das Team revanchierte sich auch für die 2:4-Pleite in Israel, die Spuren hinterlassen hatte.

Im März dieses Jahres stand die Mannschaft von Teamchef Franco Foda nach zwei Niederlagen in zwei Spielen mit dem Rücken zur Wand. Seither holte das ÖFB-Team in fünf Spielen vier Siege und ein Remis und hat bei noch drei ausständigen Partien als Gruppenzweiter die dritte EM-Teilnahme nach 2008 und 2016 in der eigenen Hand. Mit einem Sieg in Slowenien am Sonntag (20.45 Uhr, live in ORF1) käme Österreich der Endrunde wieder näher.

Bereits am Donnerstag ging das Team einen großen Schritt und drehte das Spiel gegen die von Österreichs Rekordteamspieler Andreas Herzog betreuten Israelis. Nach der Führung durch Stürmerstar Eran Sahavi wurden böse Erinnerungen an die Niederlage in Haifa wach. „Wir lassen uns nicht das zweite Mal von einem Sonntagsschuss in die Knie zwingen“, schilderte Kapitän Julian Baumgartlinger die Gedanken nach dem 0:1. Österreich bewies Moral und nahm Revanche für die Pleite im März, die damaligen Emotionen waren nicht vergessen.

Österreich besiegt Israel mit 3:1

Österreichs Fußballnationalteam konnte sich im EM-Qualifikationsspiel gegen Israel mit 3:1 durchsetzen.

Schwierige Anfangsphase

Bis zum letztlich verdienten Heimsieg war es aber für das ÖFB-Team ein weiter Weg. Die Ausfälle von David Alaba und Stefan Lainer stellten dabei weniger Probleme dar. „Wir sind nicht gut ins Spiel gestartet, Israel war wie schon im ersten Spiel gut eingestellt. Wie wir mehr Zugriff hatten und zweite Bälle erobert haben, sind auch wir besser ins Spiel gekommen“, sagte Baumgartlinger, der sich dieses Mal das defensive Mittelfeld mit Stefan Ilsanker teilte.

Konrad Laimer, in seinen vier bisherigen Spielen im Zentrum ein Schlüsselspieler, wurde von Foda auf der für ihn ungewohnten Position links in der offensiven Dreierkette aufgeboten. „Es war sicher etwas ungewohnt für mich, ich hatte das auch schon länger nicht gespielt. Ich habe einfach versucht, meiner Mannschaft zu helfen. Im Zentrum fühle ich mich vielleicht etwas mehr daheim“, sagte der Leipzig-Legionär, der sich aber wie seine Teamkollegen nach und nach steigerte.

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Zweikampf im Spiel Österreich – Israel
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Die Israelis erwiesen sich wie erwartet als unangenehmer Gegner für die ÖFB-Elf
Zuschauer im Stadion
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Statt der erhofften 48.500 kamen nur 26.200 Zuschauer ins Ernst-Happel-Stadion
Marko Arnautovic
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Marko Arnautovic bemühte sich redlich, ein Tor gelang dem China-Legionär aber nicht …
Torjubel von Israel
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… im Gegensatz zu Sahavi, der die Herzog-Truppe mit einem Traumtor in Führung schoss
Jubel von Österreich
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Noch vor der Pause stellte Inter-Legionär Lazaro aber wieder den Gleichstand her
Martin Hinteregger trifft
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Nach dem Seitenwechsel tauchte Hinteregger vorne auf und schoss die Österreicher in Führung
Jubel von Österreich
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… und ließ sich zu Recht von seinen Teamkollegen feiern
Marko Arnautovic
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Arnautovic dagegen war das Glück nicht hold. Zum wiederholten Male scheiterte er an Israels Schlussmann Marziano
Marcel Sabitzer jubelt
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Letztlich jubelte noch Sabitzer (Mi.) über seinen zweiten Treffer in der laufenden Qualifikation

„Nicht runterziehen lassen“

Just in jener Phase, als Österreich auf Betriebstemperatur kam, traf Sahavi unhaltbar für Goalie Cican Stankovic via Innenstange ins Tor. Die ÖFB-Spieler fühlten sich an dessen drei Treffer im ersten Spiel in Haifa erinnert. Damals präsentierte sich Österreich fragil und brach trotz einer Führung auseinander. „Wir haben uns aber heute nicht runterziehen lassen. Ich bin stolz auf die Mannschaft, dass sie mental so stark und gefestigt ist“, sagte Baumgartlinger.

„Wir haben Mentalität gezeigt“, unterstrich auch Marcel Sabitzer. Nur sieben Minuten nach dem Rückstand glich Valentino Lazaro zum 1:1 aus, nachdem bereits zuvor Israel-Tormann Ofir Marziano einen Schuss von Marko Arnautovic an die Stange abgewehrt hatte. Lazaro behielt kurz vor der Pause die Nerven. „Wenn du überhastet reagierst und mit 0:1 vor eigenem Publikum in die Kabinen gehst, kann das das Spiel schon lenken. Ich war froh, dass ich gesehen habe, welchen Schritt der Tormann macht, und habe den Ball in die andere Richtung geschoben“, sagte der Inter-Mailand-Legionär mit bisher wenig Einsatzzeit.

Valentino Lazaro
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Lazaro traf kurz vor der Pause zum wichtigen 1:1

„Zum Glück haben wir schnell den Ausgleich erzielt, sonst wäre es schwierig geworden“, sagte Innenverteidiger Aleksandar Dragovic. Durch den Treffer gewann man laut Lazaro auch an Sicherheit und hätte durch Arnautovic sogar vor der Pause noch in Führung gehen können. „Wir haben gleich nach dem 1:1 den Ball aus dem Netz geholt und wollten das Spiel noch vor der Pause drehen“, unterstrich Lazaro und lobte den Charakter der Mannschaft.

Hintereggers Reaktion

Schließlich mussten sich die Hausherren bis elf Minuten nach der Pause gedulden, ehe Martin Hinteregger das Foda-Team in Führung brachte. Der Verteidiger kam bei einer Ecke nach vorne und traf dann im Stile eines Stürmers sehenswert volley in die Maschen. Und das, nachdem der Frankfurt-Legionär beim 0:0 in September in Polen nach einer Partynacht gefehlt hatte und später pardoniert worden war.

Selbst hielt er sich nach dem Spiel mit Aussagen zurück, seine Kollegen zollten dem Kärntner Respekt. „Das sind Reaktionen von Topspielern“, meinte Baumgartlinger: „Es war sicher ein dummer Fehler, aber jeder Mensch macht Fehler. Wir wissen, wie wichtig er für das Team ist, er ist ein überragender Innenverteidiger“, untermauerte sein kongenialer Partner Dragovic.

In der Folge ließen die Hausherren keine Topchancen der Gäste mehr zu. „Es war von der Defensive geschlossen eine tolle Leistung“, lobte Baumgartlinger, der nach der Pause von einer ausgeglichenen Partie sprach, „aber wir waren überzeugt, dass wir das Spiel gewinnen, das hat man gesehen.“ Dragovic sah es ähnlich wie sein Kapitän: „Es war ein hart erkämpfter Sieg, ich weiß gar nicht, ob wir die bessere Mannschaft waren. Aber am Ende des Tages ist das egal, denn wir haben die drei Punkte geholt.“

„Schöne Grüße an Rogan“

Dass diese vor nur 26.200 Zuschauern in Wien geholt wurden, dafür zeigten die Spieler Verständnis. „Es ist Donnerstagabend, die Kinder müssen morgen in die Schule, die Menschen müssen arbeiten“, meinte Dragovic, der allerdings für einen anderen Österreicher eine spezielle Mitteilung parat hatte. „Schöne Grüße an (Markus, Anm.) Rogan. Der hat uns in Israel provoziert, aber alles kommt zurück im Leben“, sagte Dragovic über Österreichs ehemaligen Weltklasseschwimmer, der im israelischen Team als Mentalcoach tätig ist und beim 4:2 in Haifa offenkundig zu ausgiebig gejubelt hatte.

„Wir haben es nicht vergessen und das ist nicht spurlos an uns vorübergegangen. Man hatte sich damals mehr ausgerechnet, dann sieht man, wie die Gegenseite feiert. Das ist ihr gutes Recht, andererseits habe ich mitbekommen, dass es etwas überschwänglich war. Es war jedenfalls genügend Zündstoff da, auch in der Halbzeit haben wir uns nochmals daran erinnert“, sagte Baumgartlinger.

Lazaro freute sich über die sportliche Rehabilitierung gegen die Israelis: „Wir haben seit März auf diesen Tag hingearbeitet, um Revanche zu nehmen. Wir wollten zeigen, dass wir das bessere Team als Israel sind, und ich denke, wir haben verdient gewonnen.“

Zuversicht trotz Personalsorgen

Während Israel wohl weiter auf die erste Teilnahme bei einer EM warten muss, kann Österreich bereits in Slowenien die Weichen entscheidend stellen. „Wir haben eine super Ausgangsposition und wollen uns das nicht mehr nehmen lassen“, sagte Lazaro. „Mit dieser Qualität darfst du dir das ehrlich gesagt nicht nehmen lassen“, merkte Stankovic an. Für Baumgartlinger änderte der Sieg gegen Israel an der Ausgangslage „gar nichts. Wir haben im März ein Programm gestartet. Mit jedem Spiel und jedem Sieg wird es realistischer, deswegen müssen wir da am Sonntag weitermachen.“

Die Personalsorgen haben sich allerdings vergrößert. Alaba fällt auch in Ljubljana aus, Laimer, Arnautovic und Stefan Posch mussten angeschlagen ausgewechselt werden und bangen um ihren Einsatz am Sonntag. Andernfalls müssen andere wieder einspringen, wie Union-Berlin-Kapitän Christopher Trimmel, der nach neuneinhalb Jahren Pause sein viertes Länderspiel absolvierte. „Wir haben super Spieler in Österreich und einen tiefen Kader, jeder am Feld hat gezeigt, dass er zu Recht dabei ist", sagte Laimer. Ein weiteres Indiz dafür, dass Österreich mehr als nur von der EM-Teilnahme träumen darf.