Mikaela Shiffrin (USA)
GEPA/Daniel Goetzhaber
Ski alpin

Shiffrin spitzt auf fehlendes Kristall

Nach den Rücktritten von Marcel Hirscher, Lindsey Vonn und Aksel Lund Svindal ist Mikaela Shiffrin der Superstar der kommenden Skisaison, die am 26. Oktober mit dem RTL in Sölden (10.00 Uhr, live in ORF1) beginnt. Die 24-jährige US-Amerikanerin hat eine Rekordsaison mit 17 Weltcup-Siegen, vier Weltcup-Kugeln und zwei WM-Goldene hinter sich. Zu gewinnen gibt es auch in einer Saison ohne Großereignisse genug, nämlich gleich siebenmal Kristall. Und auf eines ist Shiffrin besonders scharf.

Trotzdem wird Shiffrin nicht übermütig und steht Behauptungen, sie könnte inklusive der neuen Parallelslalom-Wertung alle Disziplinen gewinnen, distanziert gegenüber. „Das ist schon etwas viel, fast schon zu viel. Ich muss realistisch bleiben“, erklärte die US-Amerikanerin. In puncto der klassischen Kristallkugeln fehlt Shiffrin nur die in der Abfahrt. In der möglichen Realisierung dieses Ziels kommt ihr ein Winter ohne WM oder Olympia allerdings gerade recht.

„Alle vier Jahre haben wir eine lustige Saison ohne Medaillenkämpfe. Das ist dann immer eine gute Gelegenheit, im Februar etwas auszuprobieren“, ist Shiffrin bewusst, dass die kommende Saison eine Riesenchance auf die Abfahrtskugel bietet. Auch wenn sie bisher nur eine Abfahrt (Lake Louise 2017) gewonnen hat. Im Weltcup-Kalender stehen im Februar 2020 jeweils nur einem Slalom und Riesentorlauf gleich je drei Abfahrten und Super-G gegenüber. „Statt einer WM kann ich also schauen, was ich im Speed draufhabe“, so Shiffrins Plan.

Mikaela Shiffrin (USA)
GEPA/Ch. Kelemen
Ihr großes Potenzial in der Abfahrt hat Mikaela Shiffrin schon mehrmals gezeigt

Acht Siege im Gesamtweltcup „möglich“

Auf dem Weg zu ihrem vierten Sieg im Gesamtweltcup in Folge kann die 24-Jährige wohl nur eine Verletzung stoppen. Ob auch Hirschers acht Gesamtsiege für sie erreichbar oder gar zu toppen sind? „Das werde ich oft gefragt. Möglich ist es“, sagte die vom einstigen Slalom-Wunderkind zur Allrounderin gewandelte US-Amerikanerin.

Saisonauftakt für die Technik-Damen

In neun Tagen beginnt die Skisaison mit dem Riesentorlauf der Damen in Sölden. Mit dabei sein wird nun wohl doch auch Katharina Liensberger.

„Aber wer weiß, wie lange ich wirklich fahre. Ich habe ja schon sehr früh begonnen“, gibt sie zu bedenken. „Wie viele Jahre kann man alle Disziplinen fahren? Kehre ich dann wieder zurück zu Riesentorlauf und Slalom? Ich weiß, dass ich auf Dauer nicht alles machen kann.“ So lange die Motivation wie im Moment sei, gehe es aber bestimmt weiter, versicherte Shiffrin. „Ich bin jung und stark und habe die Kapazität, mich weiter zu verbessern.“

Saison ohne Hirscher wird „komisch“

Während Shiffrin noch hungrig auf weitere Erfolge ist, ist für Hirscher die Reise im alpinen Skizirkus zu Ende gegangen. Für die US-Amerikanerin wird die kommende Saison deshalb nicht nur wegen des fehlenden Großevents „komisch“. „Seit ich dabei bin, hat er (Hirscher, Anm.) jedes Mal den Gesamtweltcup gewonnen. Dass er jetzt nicht mehr da ist, ist seltsam und ändert für mich viel. Eigentlich fast alles“, sagte Shiffrin eine Woche vor dem Weltcup-Auftakt in Sölden.

Mikaela Shiffrin (USA) und Marcel Hirscher (AUT)
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Für Mikaela Shiffrin war Marcel Hirscher mehr als nur ein Markenkollege

Gemeinsam mit Hirscher hat das Ausnahmetalent die alpine Skiwelt dominiert, der Salzburger war trotzdem zu jeder Zeit ein Vorbild für Shiffrin. „Ich habe immer zu Marcel aufgeschaut. Er hat mich inspiriert und motiviert für meine ganze Karriere. So oft habe ich ihm zugeschaut und gedacht, das mache ich jetzt auch und fahre Ski wie Marcel Hirscher. Manchmal hat das dann auch den Sieg gebracht“, erklärte Shiffrin.

„Haben viele coole Persönlichkeiten“

Dass sie vor allem bei den Damen alleine auf weiter Flur agiert, wollte die US-Amerikanerin aber so nicht stehen lassen. „Wir haben doch viele andere coole Persönlichkeiten“, verwies Shiffrin auf Konkurrentin wie die Italienerinnen Sofia Goggia und Federica Brignone sowie auf die Schweizerin Wendy Holdener und die Slowakin Petra Vlhova. „Alles richtig coole Läuferinnen.“

An Shiffrins Ausnahmestellung werden diese allerdings nur schwer rütteln können. Die US-Amerikanerin ist mit 16 Jahren erstmals auf das Weltcup-Podest gefahren und hat mit 17 ihr erstes Weltcup-Rennen gewonnen. Danach sind 59 weitere hinzugekommen, womit sie mit nur 24 Jahren bei 60 Siegen hält. Hirscher (67) und Vonn (82) haben den Weltcup-Siegesrekord von Ingemar Stenmark (86) verpasst. Die Bestmarken von Annemarie Moser-Pröll (62) und Hirscher könnten schon diesen Winter fallen, jener von Stenmark wohl danach.