Salzburg-Cheftrainer Jesse Marsch und Hee-Chan Hwang (SBG)
APA/Robert Jaeger
Champions League

Gemischte Gefühle bei Salzburg nach Remis

Der FC Salzburg hat sich am Mittwoch mit gemischten Gefühlen auf den Rückweg aus Neapel gemacht. Die Reise nach Süditalien hat nicht den erhofften Erfolg gebracht, wenn auch das Ergebnis nicht schlecht war. Das 1:1 am Dienstagabend vor 32.800 Zuschauern im Stadio San Paolo gegen den SSC Napoli kann als gutes Resultat betrachtet werden, wenn es auch für einen möglichen Aufstieg ins Achtelfinale zu wenig sein könnte.

Genau in dieser Einschätzung des auch mit Glück erspielten Remis gegen den italienischen Traditionsclub scheiden sich die Geister. Ein Spagat zwischen ungebrochenem Traineroptimismus und Spielerrealismus: Es schaut nicht gut aus, es ist aber noch alles möglich. Als „bittersüß“ bezeichnete Torjäger Erling Haaland, der Salzburg in der elften Minute aus einem Elfer nach Foul an Hwang Hee Chan in Führung gebracht hatte, das respektable Remis bei einem starken Gegner.

Dem Mexikaner Hirving Lozano gelang in der 44. Minute aus einem der zahlreichen Napoli-Versuchen der Ausgleichstreffer. Vier Punkte fehlen damit den Salzburgern auf den Tabellenzweiten Napoli in Gruppe E, auf Leader Liverpool sind es fünf Zähler. Nur noch zwei Spiele sind zu bestreiten: Am 27. November auswärts gegen Belgiens Meister Genk, der im fulminanten Start in die Champions League im September zu Hause noch mit 6:2 besiegt werden konnte, und am 10. Dezember vor ausverkauftem Haus gegen Liverpool sollten somit Siege her.

Marsch: „Punkt ist wichtig“

Der FC Salzburg ist mit gemischten Gefühlen aus Neapel zurückgekehrt. Trainer Jesse Marsch war vor allem mit dem Punkt zufrieden.

Rein rechnerisch ist ein Aufstiegsplatz noch möglich, wahrscheinlich ist er nur bedingt. Platz drei und der Wechsel in die Europa League scheinen viel eher möglich. Mit einem Remis gegen Genk hätte Österreichs Meister Gruppenplatz drei und damit den Umstieg sicher.

Salzburg ohne Zugriff auf das Spiel

Das bereits vierte Duell mit Napoli in diesem Jahr nach dem Aufeinandertreffen in der Europa League im Frühjahr endete erstmals remis und ging damit für Salzburg gut aus. Denn die Elf von Carlo Ancelotti hatte ein deutliches Chancenplus und hätte nach einem Stangen- und Lattentreffer sowie einer höheren Schussgenauigkeit von Kapitän Lorenzo Insigne durchaus gewinnen können.

Jesse Marsch war nach dem Spiel im Großen und Ganzen mit der Vorstellung zufrieden. In der ersten Hälfte hatte Salzburg zwar die besseren Torchancen als dann in der zweiten Hälfte, allerdings war die Abwehr bei den Angriffen der Neapolitaner nicht sattelfest. Auch in der Vorwärtsbewegung fehlte oft die gewohnte Wucht des heimischen Ligadominators.

Schwieriger Start für Salzburg trotz Chancen

Das lag auch am Gegner, wie der US-Amerikaner Marsch neuerlich betonte. „In der ersten Halbzeit war es mit unserer Dreierkette nicht so einfach, genügend Druck über die Mitte zu machen. Ich musste in der Halbzeit umstellen. Unser Ballbesitz war nicht gut genug, Enock Mwepu hat uns hier dann in der zweiten Hälfte geholfen."

Kalidou Koulibaly (Napoli) und Hee-Chan Hwang (SBG)
APA/Robert Jaeger
An Koulibaly und Co. gab es fast kein Vorbeikommen

„Napoli ist eben eine super Mannschaft, taktisch clever und mit dem Ball gut. Sie waren heute viel besser als in Salzburg. Sie waren eiskalt, und wir hatten heute auch Glück. Ihre Offensivspieler sind immer gefährlich und ganz schwer zu verteidigen. Und ihre Verteidiger sind Weltklasse, besonders Kalidou Koulibaly.“

Punkt ist „ganz wichtig für uns“

Der 28-jährige Senegalese räumte mit seiner beeindruckenden Athletik nicht nur hinten ab, sondern leitete auch so manchen Gegenschlag ein. 29 zu zwölf lautete letzten Endes die Torschussbilanz zugunsten Napolis. Salzburgs Hauptaufgabe, das eigene Tor besser zu schützen, wurde zwar erfüllt, allerdings auch mit Unterstützung der Napoli-Stürmer. Im Gegenzug konnte auch Salzburg zahlreiche gute Chancen nicht verwerten.

Umso überraschender kommt daher die Erkenntnis von Jesse Marsch, der damit den für US-Amerikaner so typischen positiven Sportsgeist beweist. Verloren hat man erst, wenn man wirklich verloren hat. Und wenn man verliert, hat man auf keinen Fall schlecht gespielt, sondern der Gegner war einfach besser.

„Am Ende ist der Punkt ganz wichtig für uns. Natürlich sind wir hierhergekommen, um zu gewinnen. Aber dieser Punkt bedeutet, dass wir noch am Leben für den Aufstieg sind. Es kann noch viel in den letzten beiden Spielen passieren, aber zumindest war der eine Punkt auch wichtig für die Europa League.“

Vier Punkte keine schlechte Leistung

Und Marsch analysierte weiter: „Es war vielleicht nicht unsere beste Leistung in dieser Saison, aber das hat eben auch immer etwas mit dem Gegner zu tun. Dafür, dass wir zum ersten Mal in diesem Turnier spielen, waren es vier gute Leistungen, also alles in allem nicht so schlecht.“

Kalidou Koulibaly (Napoli), Jesse Marsch und Andreas Ulmer (RBS)
GEPA/Cesare Purini
Für die Salzburger war der vierte Auftritt in der Königsklasse schwer einzuordnen

Ähnlich sah auch Torjäger Haaland die Partie. Der 19-jährige Norweger durfte zumindest sein siebentes Tor im vierten CL-Spiel feiern und damit einen Rekord: Noch nie hat jemand in seinen ersten vier Champions-League-Spielen sieben Treffer erzielt. „Wenn Sie es uns vor der Saison gesagt hätten, dass wir hier einen Punkt holen, dann hätten wir uns nicht beschweren können", so der Norweger gewohnt erfolgsorientiert. „Nun sind es gemischte Gefühle. Wir hätten drei Punkte gebraucht, aber es war ein gutes Team, gegen das wir gespielt haben. Es ist immer noch bittersüß. Es wird hart jetzt, aber alles ist noch möglich“, sagte Haaland und übte sich in Optimismus, wiewohl er beim letzten Satz schon sehr nachdenklich wirkte.

„Jetzt sind wir ein bisschen routinierter“

Für Maximilian Wöber war Napoli „über 90 Minuten einen Tick besser, daher müssen wir heute mit dem einen Punkt zufrieden sein“, wie er im ORF Radio sagte. Das Match habe aber eine Entwicklung gegenüber den ersten Partien gezeigt: „Vor zwei, drei Monaten hätten wir in der 80. Minute vielleicht noch einmal alles nach vorne geworfen, weil wir unbedingt gewinnen wollten. Jetzt sind wir ein bisschen routinierter und haben uns gesagt: ‚Okay, Jungs, vielleicht ist heute nicht mehr drinnen, und wir schauen, dass wir den Punkt mitnehmen.‘ Ich glaube, wir werden stärker, Napoli war heute um einiges besser als bei uns. Wir haben es versäumt, daheim zuzuschlagen. Solange es theoretisch möglich ist, glauben wir an den Aufstieg.“

Salzburgs Offensivmann Takumi Minamino konnte sich nicht entscheiden, wie er die Chancen gegen Genk und Liverpool einschätzt: „Es wird schwierig, aber wir haben noch zwei Spiele.“

Champions League, vierter Spieltag Gruppe E

Dienstag:

Napoli – Salzburg 1:1 (1:1)

Neapel, Stadio San Paolo, 32.862 Zuschauer, SR Marciniak (POL)

Torfolge:
0:1 Haaland (11./Elfmeter)
1:1 Lozano (44.)

Napoli: Meret – Di Lorenzo, Maksimovic, Koulibaly, Rui (46./Luperto) – Callejon, Ruiz, Zielinski, Insigne – Mertens (73./Milik), Lozano (86./Llorente)

Salzburg: Coronel – Pongracic (46./Mwepu), Onguene, Wöber – Kristensen, Minamino (61./Ashimeru), Junuzovic, Szoboszlai, Ulmer – Haaland (75./Daka), Hwang

Gelbe Karten: Zielinski bzw. Onguene, Pongracic

Die Besten: Maksimovic, Lozano bzw. Hwang, Haaland