Dominic Thiem
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Tennis

Thiem setzt gegen Federer auf Offensive

Dominic Thiem hat sich vor seinem ersten Gruppenmatch bei den ATP World Tour Finals in London äußerst zuversichtlich zu seinen Aussichten für seine vierte Teilnahme am Saisonfinale der besten acht Tennisspieler geäußert. Der 26-jährige Niederösterreicher wirkte vor der Auftaktpartie am Sonntag (21.00 Uhr) gegen den Schweizer Superstar Roger Federer fokussierter denn je und kündigte eine offensive Spielweise an.

Beim letzten Training gegen den Spanier Rafael Nadal hatte sich der Weltranglistenfünfte aus Österreich stark und auch aggressiv gezeigt. Werden ihn seine Fans vielleicht so offensiv wie nie zuvor beim „Masters“ erleben? „Ja, weil es sind sehr schnelle Bedingungen und es geht nur gegen absolute Weltklassespieler. Da ist es sehr wichtig, wer als Erster am Drücker ist, weil es eben schwer bis unmöglich ist, bei den Bedingungen wieder von der Defensive zurück in die Offensive zu kommen“, bestätigte Thiem. Darum werde er natürlich schauen, dass er derjenige ist, der die Punkte und das Match kontrolliert.

Thiem zum vierten Mal in London dabei

Zum bereits vierten Mal ist ÖTV-Star Dominic Thiem beim Saisonfinale der besten acht Tennisspieler der Welt in London dabei.

Die Zeiten, als der Niederösterreicher vor Namen wie Federer, Nadal und Novak Djokovic noch in Ehrfurcht erstarrte, sind lange vorbei. „Ich bin seit drei, vier Jahren in dem ‚Radl‘ drinnen, und ich genieße es so, wie es ist. Es ist zu einer guten Gewohnheit geworden“, sagte Thiem. Noch sind es aber die „big three“, die sich die Grand-Slam-Titel fast ausschließlich untereinander aufteilen.

Thiem stand schon zweimal, bei den French Open 2018 und 2019, im Endspiel, jedes Mal war Nadal noch zu stark. Dennoch: Die Wachablöse wird kommen. „Sorgen ums Tennis muss man sich sicher keine machen. Die Spieler, die nachkommen, sind alle sehr attraktiv. Komplett verschieden. Natürlich sollten wir irgendwann damit anfangen, auch ganz große Erfolge zu feiern“, so Thiem.

Wien-Sieg bringt Selbstvertrauen

Drei Hartplatztitel in Indian Wells, Peking und zuletzt in der Halle in Wien haben Österreichs Nummer eins zusätzliches Selbstvertrauen gegeben, dass sich der große Erfolg in London einstellen könnte. „Vor allem Wien hilft sehr, weil es mit großem Abstand das beste Indoor-Turnier war, das ich je gespielt habe. Deshalb komme ich mit großem Selbstvertrauen hierher, das ist sicher.“ Und das wird er vom ersten Match gegen den 20-fachen Major-Sieger Roger Federer an brauchen.

„Ich habe gerade wieder kurz beim Training zugeschaut: unglaublich, was er mit dem Ball macht. Wie einfach und wie edel das einfach alles ausschaut“, sagte Thiem. „Jedes Spiel gegen ihn ist etwas ganz Besonderes, es ist immer schön, gegen die absoluten Legenden zu spielen.“ Dennoch will er nicht in Ehrfurcht erstarren. Muss er auch nicht bei einer 4:2-Bilanz gegen den Schweizer. „Ich habe heuer zweimal echt gute Leistungen gegen ihn gebracht“, erinnerte Thiem an seine Siege im Indian-Wells-Finale und im Madrid-Viertelfinale. „Ich werde schauen, dass ich das hier wieder so umsetze.“ Dennoch liegt Federer der schnelle Belag in der Halle sehr gut.

Dominic Thiem und Roger Federer
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Nach dem Indian-Wells-Finale im März musste Roger Federer Dominic Thiem zum Sieg gratulieren

Alle möglichen Rekorde hat Federer zu Buche stehen. „Wenn man seine ganze Karriere anschaut, dann sind das Dimensionen einer komplett anderen Art", gestand Thiem. Darum müsse man gegen ihn, aber auch gegen Nadal oder seinen serbischen Gruppengegner Novak Djokovic,"mehr als ein Tennismatch“ gewinnen. „Da muss man auch ein bisschen die Legende besiegen. Ich habe es schon einige Male geschafft in der Vergangenheit.“

Kein einziger leichter Gruppengegner

Will er sein Ziel, erstmals das Halbfinale zu erreichen, verwirklichen, dann muss allein aus seiner Gruppe „Björn Borg“ einer der zwei Großen ausscheiden. Nur das Topduo qualifiziert sich, neben Federer und Djokovic ist noch der Italiener Matteo Berrettini Gruppengegner von Thiem.

Wer von den zwei „Großen“ in seiner Gruppe auf der Strecke bleibt, darüber will Thiem nicht spekulieren. „Es macht keinen großen Unterschied. Natürlich ist Djokovic wahrscheinlich noch der Konstanteste unter den Dreien. Deshalb ist es gegen ihn vielleicht am schwierigsten“, so Thiem. Doch sofort bemühte er sich, auch Federer allen Respekt zu zollen. „Auch er hat in Basel in souveräner Manier das Turnier gewonnen, und der Belag hier ist prädestiniert für sein Spiel. Berrettini fällt jetzt auch nicht so viel ab.“

Federer startet „hungrig“ in seine 17. Auflage

Federer ist schon zum 17. Mal beim Saisonfinale dabei – und auch mit 38 Jahren noch ein Siegesanwärter. Mit sechs Titeln ist er auch Rekordhalter, Djokovic könnte ihn mit einem Triumph einholen. Federer reiste als nunmehr zehnfacher Basel-Sieger nach London. Das Turnier in Paris-Bercy ließ er aus, um seinem Körper eine Pause zu gönnen. Er habe körperlich keine Probleme, verkündete er vor Turnierbeginn, und fühle sich „total motiviert und hungrig“.

Vor acht Jahren hat Federer seinen bisher letzten Titel beim „Masters“ geholt, danach verlor er dreimal im Endspiel (2012, 2014 kampflos und 2015) gegen Djokovic. Das Duell gegen den Serben wird es diesmal bereits in der Gruppe geben, abhängig vom Abschneiden am Sonntag steigt der große Schlager entweder am Dienstag oder Donnerstag. Es wird auch die Revanche für das von Federer verlorene Wimbledon-Finale. Zunächst konzentriert sich Federer aber auf das Duell mit Thiem. „Er ist die Nummer fünf, hat ein wunderbares Jahr gehabt und mich zweimal geschlagen“, warnte der Weltranglistendritte.

Roger Federer
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2011 durfte sich Federer zum sechsten und bisher letzten Mal als „Masters“-Sieger bejubeln lassen

In der Gruppe „Andre Agassi“ geht es erst am Montag los: Der russische Aufsteiger und Geheimfavorit Daniil Medwedew spielt zunächst im Duell zweier weiterer Debütanten gegen den Griechen Stefanos Tsitsipas, danach wird mit Spannung erwartet, ob Nadal überhaupt einläuft. Ist der zuletzt angeschlagene 19-fache Major-Sieger fit, trifft er auf den deutschen Titelverteidiger Alexander Zverev.

ATP World Tour Finals in London

(Großbritannien, 9.000.000 Dollar, Hartplatz, Halle)

Gruppe "Björn Borg"

Tabelle:
1. Dominic Thiem (AUT/5) 3 4:3 2
2. Roger Federer (SU/3) 3 4:2 2
3. Novak Djokovic (SRB/2) 3 3:4 1
4. Matteo Berrettini (ITA/8) 3 2:4 1
Spielplan:
Novak Djokovic (SRB/2) Matteo Berrettini (ITA/8) 6:2 6:1
Dominic Thiem (AUT/5) Roger Federer (SUI/3) 7:5 7:5
Roger Federer (SUI/3) Matteo Berrettini (ITA/8) 7:6 (7/2) 6:3
Dominic Thiem (AUT/5) Novak Djokovic (SRB/2) 6:7 (5/7) 6:3 7:6 (7/5)
Matteo Berrettini (ITA/8) Dominic Thiem (AUT/5) 7:6 (7/3) 6:3
Roger Federer (SUI/3) Novak Djokovic (SRB/2) 6:4 6:3

Gruppe "Andre Agassi"

Tabelle:
1. Stefanos Tsitsipas (GRE/6) 3 5:2 2
2. Alexander Zverev (GER/7) 3 4:2 2
3. Rafael Nadal (ESP/1) 3 4:4 2
4. Daniil Medwedew (RUS/4) 3 1:6 0
Spielplan:
Stefanos Tsitsipas (GRE/6) Daniil Medwedew (RUS/4) 7:6 (7/5) 6:4
Alexander Zverev (GER/7) Rafael Nadal (ESP/1) 6:2 6:4
Rafael Nadal (ESP/1) Daniil Medwedew (RUS/4) 6:7 (3/7) 6:3 7:6 (7/4)
Stefanos Tsitsipas (GRE/6) Alexander Zverev (GER/7) 6:3 6:2
Rafael Nadal (ESP/1) Stefanos Tsitsipas (GRE/6) 6:7 (4/7) 6:4 7:5
Alexander Zverev (GER/7) Daniil Medwedew (RUS/4) 6:4 7:6 (7/4)