Raymond Poulidor
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Radsport

Poulidor, der „ewige Zweite“ ist tot

Der frühere französische Radstar Raymond Poulidor ist tot. „Poupou“, wie er von den Franzosen liebevoll genannt wurde, starb Mittwochfrüh im Alter von 83 Jahren, wie die französische Nachrichtenagentur AFP unter Berufung auf Poulidors Familie berichtete.

Der „ewig Zweite“, der nie die Tour de France gewinnen konnte, gehört in Frankreich zu den populärsten Sportlern der Geschichte. Berühmt und unvergessen sind die Bilder seines Ellenbogenduells bei der Tour de France 1964: Jacques Anquetil und Poulidor strampelten verbissen Schulter an Schulter den Puy de Dome hinauf. Anquetil war bereits am Ende seiner Kräfte, was er gut kaschierte und Poulidor deshalb nicht merkte. Und so wartete er zu lange mit seinem Angriff.

Poulidor hängte am Ende dieser Etappe seinen Kontrahenten zwar ab, aber wieder gewann sein großer Rivale die Frankreich-Rundfahrt. In Paris trennten Poulidor nur 55 Sekunden von Anquetil und dem Gelben Trikot. Insgesamt dreimal beendete „Poupou“, dessen Name in seiner französischen Heimat zum Synonym für Pechvogel wurde, die Tour als Zweiter, fünfmal wurde er Dritter.

Der „Poulidor-Effekt“

Anquetil war später der erste Radprofi, der fünfmal die Tour für sich entschied. Poulidor schaffte es zwar insgesamt achtmal in Paris auf das Podest, trug aber nie das Gelbe Trikot. Besonders tragisch war es 1968, als der als Favorit gestartete Poulidor auf der 15. Etappe nach einer Kollision mit einem Pressemotorrad stürzte und wegen einer schweren Kopfverletzung das Rennen aufgeben musste. 1977 beendete Poulidor seine Karriere, nachdem er als 40-Jähriger die Tour de France noch einmal als Dritter beendet hatte.

Sein Name sei in Frankreich ein geflügelter Begriff, hatte Poulidor anlässlich seines 80. Geburtstag gegenüber der AFP gesagt. „Wenn jemand Zweiter wird, beim Boule-Spiel etwa, ist er ein ‚Poulidor‘“, erklärte er. Man spricht in Frankreich auch von einem „Poulidor-Effekt“, wenn ein Verlierer sympathischer wirkt als der Gewinner.

Poulidor war Anfang Oktober ins Spital seines Wohnorts St.-Leonard-de-Noblat im Südwesten Frankreichs eingeliefert worden. Dort starb er am Mittwoch. „Sein Herz war sehr müde“, sagte seine Witwe der AFP. Nach der jüngsten Tour de France sei Poulidor schon sehr geschwächt gewesen. Er hatte das dreiwöchige Radsportspektakel stets vor Ort mitverfolgt.

„Gelbes Trikot in den Herzen“

„Poupou, wir werden dich nie vergessen“, twitterte der offizielle Twitter-Account der Tour de France nach Poulidors Tod. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron würdigte auf Twitter die hervorragenden Leistungen, die Beherztheit und den Mut Poulidors. „‚Poupou‘, für immer ein Gelbes Trikot in den Herzen der Franzosen.“

Poulidors Tochter hat den niederländischen Ex-Radprofi Adri van der Poel geheiratet. Deren 24-jähriger Sohn, Mathieu van der Poel ist als Multitalent (in der vergangenen Saison Crossweltmeister und Sieger von WorldTour-Straßenrennen) einer der künftigen Topstars im Radsport.

Sein Großvater wurde am 15. April 1936 geboren und lebte in Saint-Leonard-de-Noblat. Im Verlauf seiner Karriere hatte er insgesamt 195 Erfolge gefeiert – darunter sieben Etappensiege bei der Tour de France. Mit der Vuelta a Espana gewann Poulidor 1964 seine einzige große Landesrundfahrt.