Schon seit einigen Wochen gibt es Gerüchte, dass Ferrari beim Einspritzen des Benzins in den Motor einen Trick verwendet haben soll, um mehr Leistung herauszukitzeln. Wenn es so gewesen wäre, hätten die Italiener eine Lücke im Reglement geschickt ausgenutzt. Ferrari-Teamchef Mattia Binotto hat einen solchen Vorgang stets bestritten. Der Automobilweltverband (FIA) erließ vor dem Rennen in Austin jedenfalls eine Direktive, in der die Regelungen beim Benzinfluss konkretisiert wurden.
Auffällig war, dass Ferrari danach vor allem auf den Geraden der deutliche Speed-Vorteil der letzten Monate fehlte. In Texas stand das Team erstmals nach sechs Polepositions en suite nicht ganz vorne, sondern der spätere Sieger Valtteri Bottas im Mercedes. Im Rennen hatte Charles Leclerc gegen Bottas und dessen Teamkollegen Lewis Hamilton keine Chance. Das Bild ist allerdings nicht komplett, da Sebastian Vettel im zweiten Ferrari wegen eines technischen Gebrechens früh ausschied.
„Es soll ein Neustart werden“
Bei Leclerc führte das Team die überraschend schwache Leistung auf den verwendeten Motor zurück. Dieser war nach einem Schaden im Qualifying nämlich ein bereits gebrauchter gewesen. Nun wird bei dem Monegassen ein brandneues Aggregat eingebaut, das wieder die alte Power verspricht. „Es soll ein Neustart werden“, erklärte Binotto. Weil der Wechsel jedoch vor der erlaubten Frist erfolgt, muss Leclerc in der Startaufstellung mindestens zehn Plätze nach hinten.
Vettel kann seinen Jubiläums-Grand-Prix dagegen wohl ohne Handicap angehen. In Sao Paulo wird der Deutsche sein 100. Rennen für Ferrari bestreiten. Den Klassiker im Autodromo Jose Carlos Pace hat Vettel bereits dreimal gewonnen – öfter als jeder andere Pilot im Feld. „Ich weiß nicht warum, aber da gibt es etwas Spezielles an diesem Ort und diesem Kurs“, sagte der 32-Jährige.
Vier Mercedes-Siege in fünf Jahren
Zuletzt war der Kurs vor den Toren der Millionenmetropole dennoch Mercedes-Land. Seit dem Beginn der Hybrid-Ära im Jahr 2014 gewannen die Silberpfeile vier von fünf Rennen. Zwei Interlagos-Siege gehen auf das Konto von Nico Rosberg (2014, 2015) und zwei auf jenes von Hamilton (2016, 2018). Dazwischen holte sich Vettel einmal den Sieg. In den vergangenen fünf Jahren startete immer ein Mercedes von der Poleposition – im Vorjahr Hamilton.
Der alte und neue Weltmeister könnte noch seinen eigenen Punkterekord verbessern. 2018 hatte Hamilton 408 Zähler geholt, auch damals hatte es 21 Rennen in einer Saison gegeben. Aktuell hält der Brite bei 381 – das heißt, 28 Punkte müsste er noch holen. 52 kann er maximal in Brasilien und Abu Dhabi einsammeln, wenn er zweimal gewinnt und jeweils die schnellste Rennrunde fährt.
Wer wird WM-Dritter?
Sonst geht es sportlich unter anderem noch um den dritten WM-Rang. Die beiden vorderen Plätze sind fix an Hamilton und Bottas vergeben, doch dahinter wird noch ein spannender Kampf zwischen dem aktuellen Dritten Leclerc (249 Punkte), Red-Bull-Pilot Max Verstappen (235) und Vettel (230) erwartet. Bleibt Vettel auf Rang fünf, wäre er am Jahresende so schlecht platziert wie seit 2014, in seinem letzten Red-Bull-Jahr, nicht mehr.
Mercedes wird erstmals in der Teamchefära von Toto Wolff (seit 2013) ohne den Wiener an der Strecke auskommen müssen. Der 47-Jährige blieb dieses Mal in Europa, um sich anderen Aufgaben zu widmen. Auf einen Kater nach den Titelpartys oder eine weniger ernsthafte Herangehensweise beim Leader braucht die Konkurrenz aber nicht zu hoffen. Hamilton, der zwischendurch auch noch kurz in Berlin vorbeischaute und von der Männermodezeitschrift „GQ“ zum „Man of the Year“ gekürt wurde, steht bekanntlich auch auf Schaulaufen.