Toni Polster während des WM-Qualifikationsspiels Österreich gegen die DDR am 15. November 1989
APA/Robert Jäger
Fußball

Polsters Hattrick als DDR-Schlusspfiff

Beim 3:0-Sieg in der WM-Qualifikation gegen die Deutsche Demokratische Republik (DDR) hat Toni Polster am 15. November 1989 alle drei Tore für Österreichs Nationalteam erzielt. Sechs Tage nach dem Mauerfall buchte das ÖFB-Team damit das Ticket für die Endrunde 1990. „Es war für mich einer der hässlichsten, fürchterlichsten Tage und dann einer der schönsten Tage“, sagte der Wiener, der zuvor ausgepfiffen und verschmäht worden war.

„Das Spiel wird immer mit Toni Polster in Verbindung bleiben“, kann der Rekordtorjäger 30 Jahre später mit Genugtuung zurückblicken. Mit einem Schuss von der Strafraumgrenze schrieb der damalige Spanien-Legionär gleich in der zweiten Minute an, das 2:0 aus einem Elfmeter folgte 20 Minuten später. Im zweiten Abschnitt setzte der damals 25-Jährige in der 61. Minute den sportlichen Schlusspunkt für die DDR-Auswahl, für die es das letzte Pflichtspiel war, wie sich zeigen sollte.

Was folgte, war ein grenzenloses Jubelkonzert. Dabei hatte es vor dem Match im Stadion noch laute Pfiffe gegen Polster gegeben. „In Wien hat das doch überrascht“, sagte der heute 55-Jährige im APA-Gespräch. „Die Gedanken sind immer da, dass man vielleicht selber schuld ist, dass man irgendwas nicht richtig gemacht hat.“

Anlass zur Kritik bot seine ausbaufähige ÖFB-Quote im Vergleich zur Ausbeute beim FC Sevilla, für den er in der Saison 1989/90 33 Ligatore erzielte. Vor der November-Partie vor 57.000 Zuschauern hatte er im Kalenderjahr nur einmal getroffen: beim 1:1-Hinspiel gegen die DDR.

„Grenzenlose Energie“

Er habe aus Anfeindungen aber immer Energie gewonnen, erzählte Polster. „Ich wollte uns und mir diesen Traum erfüllen. Die Umstände waren sehr schwierig. Aber Gott sei Dank war meine Energie so grenzenlos an diesem Tag, dass ich es gut wegstecken konnte.“

Die politischen Umwälzungen in diesen Tagen, die den Ostkommunismus wie ein Kartenhaus zusammenstürzen ließen, seien bei den Österreichern nicht so präsent gewesen. „Natürlich hat man das mitbekommen und bemerkt, aber wir waren so fokussiert, weil wir gewinnen mussten. Ein Punkt wär zu wenig gewesen. Mit diesem Temperament und mit dieser Kraft sind wir rausgegangen“, betonte Polster. Die DDR unter Trainer Eduard Geyer wäre schon mit einem Unentschieden für die WM 1990 in Italien qualifiziert gewesen.

Am 9. November war die Mauer zwischen Ost- und West-Berlin geöffnet worden. Gelegenheit, die DDR-Sportler wie Matthias Sammer, Ulf Kirsten und Thomas Doll in Wien darauf anzusprechen, habe es nicht gegeben, sagte Polster. Einen Gegenspieler von damals sollte er Jahre später beim 1. FC Köln besser kennenlernen: Mittelfeldmann Rico Steinmann war am 15. November jener Unglücksrabe, der zum Elfmeter gegen ÖFB-Goalie Klaus Lindenberger antrat – und scheiterte.

„Auf der Position fehlen Talente“

Seine Nachfolger im Nationalteam beäugt Polster, der im Teamtrikot insgesamt 44 Tore erzielte, kritisch. Fakt ist, dass es abgesehen von Marko Arnautovic derzeit keinen österreichischen Stürmer gibt, der sich in einer Topliga im Ausland etabliert hat und regelmäßig trifft. „Man muss es analysieren, woran es liegt. Es ist ja augenscheinlich, dass uns hier auf der Position die Talente fehlen“, meinte Polster.

Toni Polster als Trainer der Wiener Victoria
GEPA/Christian Ort
Toni Polster ist derzeit als Trainer der Wiener Viktoria in der Regionalliga tätig

„Vielleicht muss man die Ausbildung überdenken.“ Gewisse Automatismen müssten „von klein auf schon funktionieren“, erklärte der Ex-Angreifer. „Vielleicht bildet man alle zu gleich aus, dass jeder auf allen Positionen spielen soll, und geht zu wenig ins Spezialistentum. Aber da bin ich der falsche Ansprechpartner.“ Der klassische Mittelstürmer werde jedenfalls nicht aussterben, ist Polster überzeugt.

Ausland als mögliches Trainerziel

Seinen Weg als Trainer sieht der Ex-Teamkapitän noch nicht am Ende. „Das Ausland wäre vielleicht ein Ziel“, sagte Polster, aktuell Coach der Wiener Viktoria, die in der Regionalliga Ost im Mittelfeld rangiert. „Da müsste ich zweimal überlegen.“ Mit der Vorstellung, noch einmal einen Bundesliga-Job in Österreich übernehmen zu können, hat er aber abgeschlossen. Im Sommer 2013 war Polster Cheftrainer der Admira, wurde aber bereits im August nach vier Pflichtspielen beurlaubt.