Stefan Posch beim 0:1 im EM-Qualifikationsspieles gegen Slowenien
APA/Robert Jäger
ÖFB

Die Schlüsselmomente auf dem Weg zur EM

Österreichs Nationalmannschaft gehört zum dritten Mal dem Teilnehmerfeld einer Europameisterschaft an. Nach der Fixqualifikation als Mitveranstalter 2008 und dem Durchmarsch unter Marcel Koller mit neun Siegen und einem Remis nach Frankreich 2016 gestaltete sich der Weg zur Endrunde 2020 wesentlich steiniger. Ausgerechnet die Niederlage in Israel wurde dabei zum Schlüsselmoment für das ÖFB-Team.

Die fahrlässige 2:4-Pleite in Haifa erwies sich im Nachhinein betrachtet als Glück im Unglück. Die Kritik – Stichwort „Schülermannschaft“-Sager von ÖFB-Präsident Leo Windtner – setzte im Team Mechanismen in Gang, die hauptverantwortlich für den Turnaround waren. „Wir haben uns das Schülermannschaftsthema des Öfteren gegeben“, erklärte Julian Baumgartlinger nach dem 2:1-Heimsieg gegen Nordmazedonien, der das EM-Ticket bereits am vorletzten Spieltag fixierte.

Nach der Israel-Pleite bis inklusive dem Erfolg gegen Nordmazedonien gelangen als Trotzreaktion und dank mentaler Stärke sechs Siege und ein Remis. „Der schwierigste Moment war nach der Niederlage in Israel. Danach war die Kritik sehr groß. Da war es einfach wichtig, dass wir ruhig geblieben sind und unsere Ideen weiter durchgezogen haben. Das war das Wichtigste, um wieder in die Spur zu kommen. Die nächsten zwei Spiele waren extrem wichtig. Die haben wir dann auch gewonnen“, sagte Teamchef Franco Foda rückblickend.

Rückblick auf die Qualifikation

Mit dem 2:1-Sieg in Wien gegen Nordmazedonien löste das ÖFB-Team das EM-Ticket. Dabei sah es zu Beginn der Quali alles andere als rosig aus.

Mit Teamgeist zum Selbstvertrauen

Mit dem 1:0-Heimsieg gegen Slowenien durch das Tor von Guido Burgstaller in der 74. Minute und den 4:1-Erfolg in Nordmazedonien trotz 0:1-Rückstandes durch ein Eigentor von Martin Hinteregger gelang dem ÖFB-Team die Antwort auf die Kritik auf dem Platz. „Die Mannschaft hat immer an sich geglaubt und ist mit Drucksituationen auch sehr gut umgegangen“, lobte Foda die Reaktion seiner Spieler, die sich dadurch wieder das nötige Selbstvertrauen holten.

Das Spiel in Israel wurde laut Kapitän Baumgartlinger teamintern auch durchaus mit harten Worten und selbstkritisch aufgearbeitet. Dadurch ging aber kein Bruch durch die Mannschaft. Im Gegenteil, durch das reinigende Gewitter wurden der Zusammenhalt und der Teamgeist auf ein höheres Niveau gehoben. Das Team wurde zu einer Einheit zusammengeschweißt. Jeder Spieler wurde sich bewusst, dass nur mit einer größeren Eigenverantwortung das Ziel erreicht werden kann.

In Gang gesetzter Reifeprozess

Danach setzte eine Entwicklung vieler Spieler ein, die in diesem Maße nicht abzusehen war. Marcel Sabitzer wurde nach durchwachsenen Jahren im ÖFB-Team zu einer tragenden Figur. Nicht nur der Leipzig-Legionär durchlief einen Reifeprozess. Auch Valentino Lazaro entwickelte sich im Nationalteam trotz einer schwierigen Phase nach dem Wechsel zu Inter Mailand vom großen Talent zum Leistungsträger.

„Es spricht für die Spieler, dass sie ihre Leistung immer richtig einschätzen und sehr bodenständig sind. Mittlerweile agieren sie sehr eigenständig und übernehmen auch die Initiative auf dem Platz. Das ist sehr wichtig, denn in einem Spiel gibt es immer wieder Situationen, die man vorher nicht besprechen kann. Die Spieler sind eindeutig gereift“, freute sich Foda über die Mentalität seiner Burschen.

Mut zu Umbruch und Verjüngung

Foda selbst leistete durch seinen Mut zum personellen Umbruch und zur Verjüngung einen maßgeblichen Beitrag. Konrad Laimer wurde vom Ergänzungsspieler in den ersten beiden Spielen zum absoluten Leistungsträger. Der 22-Jährige beeindruckte mit seinem Pressing und riss mit seinem Einsatz, aber auch spielerischen Fähigkeiten die gesamte Mannschaft mit. Dass er universell einsetzbar ist, bewies Laimer, als er den verletzten David Alaba im Heimspiel gegen Israel und auswärts in Slowenien auf der linken Seite vertrat.

Konrad Laimer im EM-Qualifikationsspiel gegen Israel
ORF.at/Christian Öser
Konrad Laimer wurde ab dem dritten Spieltag zu einem belebenden Element im Spiel des ÖFB-Teams

Stefan Posch vertrat den wegen seines Fehlverhaltens sanktionierten Hinteregger in Polen in der Innenverteidigung hervorragend. Als Rechtsverteidiger überzeugte er statt des verletzten Stefan Lainer und erzielte den wichtigen 1:0-Siegestreffer im Schlüsselduell gegen Slowenien. Im Tor erfolgte der Wechsel von Heinz Lindner zu Cican Stankovic und nach dessen Verletzung zu Alexander Schlager. Beides Tormänner mit hohem Potenzial. „Wir haben viele Verletzungen kompensieren können“, sagte Foda zu seiner dicken Personaldecke.

Mehr Konkurrenzkampf

Die vorhandenen Alternativen auf vielen Positionen hatten auch eine nicht unerhebliche Auswirkung auf die Steigerung während der Qualifikation. Der Konkurrenzkampf ist im ÖFB-Team wohl so groß wie schon lange nicht. „Jeder, der Leistung zeigt, kann sich noch in die Mannschaft spielen. Wir haben einen Pool von 30, 40 Spielern, die alle in der Lage sind, im Nationalteam zu spielen“, erklärte Foda, der vor allem in der Innenverteidigung und im defensiven Mittelfeld ein Überangebot hat, die aktuelle Kadersituation. Allerdings hat sich vom ÖFB-Ersatzteam, das beim 0:1 zum Abschluss in Lettland enttäuschte, vorerst keiner für höhere Aufgaben empfohlen.

Spieler wie Florian Grillitsch, der bei seinem Club Hoffenheim gesetzt ist und dort mit Leistung überzeugt, nutzten am Dienstagabend ihre Chance nicht. Bleibt die Erkenntnis, dass Foda nur punktuell Spieler aus seinem Stamm ersetzen kann. Doch es gibt auch noch die derzeit verletzten Xaver Schlager und Hannes Wolf, die im EM-Kader stehen könnten. „Deshalb sehe ich positiv in die Zukunft“, erklärte Foda.