Dominic Thiem (AUT)
GEPA/Matthias Hauer
Tennis

Thiem fiebert schon 2020 entgegen

Mit der hauchdünnen Endspielniederlage bei den ATP World Tour Finals gegen den Griechen Stefanos Tsitsipas hat Dominic Thiem sein erfolgreiches Tennisjahr 2019 beendet. Der Niederösterreicher verließ London am Montag trotz des verpassten Titels mit vielen neuen Erkenntnissen und gestiegenem Selbstvertrauen – und fiebert mit 800 Punkten im Gepäck bereits dem Start der Saison 2020 entgegen.

Denn diese Zähler bleiben nun als zusätzliches Turnier ein Jahr auf seinem Punktekonto. Der 26-jährige Thiem – 2019 Sieger in Indian Wells, Barcelona, Kitzbühel, Peking und Wien – ist an der Themse in die Top Vier zurückgekehrt, ein wichtiger Vorteil für die Setzung bei den Australian Open. So kann er nicht vor dem Halbfinale auf die „big three“, Rafael Nadal, Novak Djokovic und Roger Federer, treffen.

„Er hat in Australien wenig zu verteidigen. Da gibt es noch viel Potenzial“, sagte auch Thiem-Manager Herwig Straka. Sein Schützling hatte im vergangenen Jänner in Melbourne in der zweiten Runde angeschlagen aufgeben müssen.

Thiem zieht Saisonbilanz

Dominic Thiem zieht trotz seiner knappen Niederlage im Endspiel der ATP-Finals eine überaus positive Bilanz nach seinem bisher besten Karrierejahr.

Auch von Verkühlung nicht gestoppt

Vielleicht wird Thiem in so einer verkühlten Situation dann anders auftreten. Denn das richtige „Mindset“ kann auch einen angeschlagenen „Krieger“ zu einem gefährlichen machen. Am Dienstag vor dem sensationellen Sieg über Djokovic hatte Thiem nach dem Aufwachen schon an eine Heimreise wegen seiner starken Verkühlung gedacht. Und dann zeigte er eine solche Leistung.

„Das ist auch eine Sache, die mich sehr glücklich macht und zuversichtlich, falls das in der Zukunft wieder passiert. Ich habe mir selber bewiesen, dass es auch so geht“, stellte Thiem, der in der abgelaufenen Saison 7,84 Millionen Preisgeld eingespielt hat, fest.

Steigerung auf schnellem Hartplatz

Mitnehmen von seinem ersten Endspiel beim ATP-Showdown wird er aber auch die Bestätigung seiner Steigerung auf Hartplatz in diesem Jahr. Den ersten Triumph bei einem Masters-1000-Turnier im März in Indian Wells wollte er da gar nicht ganz oben hinstellen. „Weil ehrlich, in Indian Wells ist der Hartplatz sehr langsam, fast wie auf Sand. Aber hier, in Wien, Peking oder Schanghai, wo ich wirklich gut gespielt habe, das sind alles Beläge, auf denen ich in der Vergangenheit große Probleme gehabt habe. Ich habe einen Riesenschritt in die richtige Richtung gemacht“, ist Thiem überzeugt.

„Somit gehe ich auch mit einem sehr guten Gefühl in die Saisonvorbereitung. Weil ich genau weiß, was ich trainieren muss und was ich verbessern muss. Ich hoffe, dass ich da noch einen Schritt nach vorne mache und voll ready bin, wenn es in Australien losgeht.“

Konzentration auf größere Turniere

Die Saisonplanung ist optimiert. Straka formuliert es so: „Wir werden dieses Wechselspiel aus Pause und Hochleistung ein bisserl stärker inszenieren.“ Also weniger Turniere spielen und alles rund um die größten Turniere ausrichten. Das soll auch helfen, die Achillesferse Thiems, seine Anfälligkeit für virale Infekte, einzudämmen.

Rafael Nadal (ESP) und Dominic Thiem (AUT)
GEPA/Matthias Hauer
Im French-Open-Finale musste sich Thiem zum zweiten Mal in Folge „Sandplatzkönig“ Rafael Nadal geschlagen geben

Thiem bemühte sich, das Thema etwas herunterzuspielen. „Wenn ich ehrlich bin, bin ich echt glücklich mit meinem Körper. Auch Djokovic war in Paris verkühlt, hier auch sehr viele Spieler. Der Mensch ist halt hin und wieder krank“, sagte Thiem und erinnerte an die Belastungen gerade im Tennis, wo die Spieler die ganze Welt bereisen, und in kürzester Zeit Jetlag, Zeitzonen und Klimawechsel verkraften müssen.

„Es läuft für den Lebensstil, den ich führe, eh sehr gut. Wir sind die ganze Zeit an der Grenze mit dem harten Training und den Reisen. Mit einer ein bisserl besseren Planung glaube ich, dass ich da vor allem bei den großen Turnieren keine Ausfälle mehr haben werde.“ Kurz kommen wird auch 2020 die Rasensaison, außer er scheidet in Paris früh aus. Der volle Fokus liegt auf den French Open. Aktuell ist wie dieses Jahr nur Wimbledon selbst eingeplant.

Muster-Engagement als Berater möglich

Einen Boost für Thiem könnte es schon im Jänner durch Berater Thomas Muster geben, der zunächst beim neuen ATP-Cup in Australien als Kapitän für Österreich auf der Bank sitzt. Wie sieht Straka, der ja auch Muster managt, die Chancen? „Die Chemie passt, der wahre Test wird der ATP-Cup sein. Dann wird auch Thomas wissen, ob es was ist, was er sich vorstellen kann. Wir haben auch schon überlegt, welche Aufgabengebiete infrage kommen würden“, sagte Straka zur APA.

Der Job von Nicolas Massu als Hauptcoach sei gar nicht infrage gestellt. „Es geht einfach um ein paar Bereiche, wo er etwas sieht und sich einbringen kann. Das wäre sicher eine Bereicherung, aber es muss Thomas passen“, erläuterte Straka. Der Steirer, der Thiem kurz vor den heurigen French Open als Manager von Günter Bresnik übernommen hatte, sieht den Herbst bei Thiem als „Riesenschritt“.

Dominic Thiem (AUT) und Herwig Straka
APA/Herbert Neubauer
Die Zusammenarbeit von Dominic Thiem mit Manager Herwig Straka läuft bisher hervorragend

Nun geht es für Thiem in den verdienten, wenn auch sehr kurzen Urlaub. „Wir haben keine fünf Wochen Urlaub wie ein normaler Angestellter“, sagte Straka lächelnd. Thiem bleibt noch ein paar Tage in Österreich, urlaubt dann etwas über eine Woche im nicht genannten Ausland. Dann geht es Anfang Dezember in Miami bei Fitnesscoach Duglas Cordero um Fitness und Ausdauer. Am 20. Dezember geht es bereits nach Australien, wo auch Massu zum Team stoßen wird.

Ob dann eine Prophezeiung Thiems (und auch von Alexander Zverev) Realität wird? „Ich bin ziemlich sicher, dass wir nächstes Jahr einen neuen und jungen Grand-Slam-Champion sehen werden.“ Thiem selbst ist ebenso wie Tsitsipas, der Deutsche Zverev und der Russe Daniil Medwedew einer der Topkandidaten, die Dominanz von Nadal, Djokovic und Federer zu beenden.