Hwang Hee Chan (Salzburg) und Roberto Firmino (Liverpool)
GEPA/Mathias Mandl
Champions League

Salzburg brennt auf großen Coup

Der FC Salzburg bittet am Dienstag (18.55 Uhr) Titelverteidiger FC Liverpool zum großen Showdown um den Aufstieg in die Runde der letzten 16 der UEFA Champions League. Dem österreichischen Meister bietet sich dabei nicht nur die Chance, das Achtelfinale zu erreichen, sondern auch noch den Vorjahreschampion aus dem Bewerb zu kicken. „Wir sind bereit für einen großartigen Moment“, betonte Trainer Jesse Marsch.

Groß ist in jedem Fall das Interesse an diesem „Finale dahoam“. Das Stadion hätte bis zu dreimal ausverkauft werden können. Die beiden Pressekonferenzen wurden am Montag in das VIP-Zelt verlegt, haben sich doch 200 Journalisten aus aller Welt akkreditiert. Es ist auch das bisher größte Fußballspiel in Salzburg, denn das verlorene UEFA-Cup-Finale 1994 mit Vorgängerclub Austria gegen Inter Mailand fand wie die CL-Entscheidungspartie um den Aufstieg ins Achtelfinale gegen den damaligen Titelverteidiger AC Milan im selben Jahr in Wien statt.

Nun brennen die Salzburger „Bullen“ auf den großen Coup. „Es ist verrückt, dass wir diese magische Möglichkeit haben“, meinte Marsch am Montag noch immer ein wenig ungläubig. „Wir müssen frei im Kopf sein und Vollgas geben. Wir haben viel Lust und Leidenschaft für diese Partie.“ An seiner Seite sprach Jungstar Erling Haaland vom „größten Spiel in meiner Karriere“ und unterstrich zudem: „Wir haben nichts zu verlieren. Wir werden mit einem Lächeln hinausgehen.“

Salzburg ist bereit für Liverpool

Zum Abschluss der CL-Gruppenphase empfängt Salzburg den FC Liverpool. Mit einem Heimsieg kann Salzburg den Aufstieg ins Achtelfinale schaffen.

Mehrere Aufstiegsszenarien

Damit Salzburg am Ende das Lachen nicht vergeht, muss der heimische Serienmeister am Dienstag unbedingt gewinnen. Dank der drei Tore, die Österreichs Serienmeister im ersten Duell an der Anfield Road (3:4) erzielt hatte, reicht den Gastgebern fast jeder Sieg. Bei einem Remis abwärts ginge es für Salzburg in jedem Fall im Sechzehntelfinale der UEFA Europa League weiter – den dafür erforderlichen dritten Platz in der Gruppe E hatte man sich mit dem 4:1 bei KRC Genk gesichert.

So kommt Salzburg weiter

  • Mit jedem Heimsieg, wenn Napoli gegen Genk verliert
  • Mit jedem Heimsieg, wenn Napoli gegen Genk remisiert
  • Mit einem Heimsieg mit zwei oder mehr Toren Differenz
  • Mit einem Heimsieg mit einem Tor Differenz, wenn Liverpool dabei nicht mehr als drei Auswärtstore erzielt

Liverpool verpasste hingegen vor zwei Wochen mit einem 1:1 am fünften Spieltag gegen die SSC Napoli den vorzeitigen Aufstieg und muss nun sogar darum kämpfen, nicht als erster Titelverteidiger seit Chelsea vor sechs Jahren bereits in der Gruppenphase auszuscheiden.

Vor den abschließenden Partien – gleichzeitig ist am Dienstag das bereits feststehende Schlusslicht Genk in Neapel zu Gast – liegen die Salzburger mit sieben Punkten hinter Liverpool (zehn) und Napoli (neun) auf Rang drei. Sollten alle drei Aufstiegsaspiranten am Ende bei zehn Punkten halten, hätte Napoli in der Dreiertabelle die Nase vor Salzburg und Liverpool.

Salzburg baut auf Heimstärke

Seit zwei Wochen ist der Showdown in Salzburg das sportliche Gesprächsthema Nummer eins, die Protagonisten selbst fieberten dem Duell entgegen. „Jedes Mal vor dem Einschlafen geht mir das Spiel durch den Kopf“, meinte Tormann Cican Stankovic nach dem 5:1 gegen WSG Tirol am Samstag. Der Druck liegt aber aufgrund der Ausgangssituation bei den „Reds“ mit Startrainer Jürgen Klopp. „Für uns ist es eine Art Bonusmatch, das wir genießen wollen. Liverpool hat da viel mehr Druck. Aber man muss auch sagen, dass sie Druck gewohnt sind“, erklärte Marsch im Vorfeld des „Endspiels“.

Im ersten Duell in Anfield holte Salzburg ein 0:3 auf, ehe das Spektakel dank des zweiten Treffers von Mohammed Salah noch mit 4:3 an die „Reds“ ging. „Schon das Hinspiel war etwas ganz Besonderes. Jetzt spielen wir in unserem Stadion und wissen um unsere Heimstärke. Alles kann passieren, wir gehen mit Selbstvertrauen in das Match“, meinte Haaland, der an der Anfield Road den Ausgleich erzielte.

Salzburgs Erling Braut Haaland jubelt nach seinem Ausgleich gegen Liverpool
Reuters/Action Images/Jason Cairnduff
Haaland erzielte im ersten Duell wenige Minuten nach seiner Einwechslung das zwischenzeitliche 3:3

„Zu Hause sind wir eine Macht. Wir werden mit großem Herz und viel Leidenschaft agieren, mutig auftreten und alles reinhauen“, sagte Kapitän Andreas Ulmer. Salzburg hat in drei Jahren nur ein Heimspiel verloren. Bis zum 2:3 gegen Napoli am 23. Oktober war man in 71 Pflichtpartien bzw. 19 Europacup-Matches in Folge vor eigenem Publikum ungeschlagen. „Hier sind wir für jeden Kontrahenten in der Champions League ein sehr unangenehmer Gegner“, erklärte auch Haalands Stürmerkollege Hwang Hee Chan.

Champions League

Gruppe E, sechster Spieltag

Dienstag, 18.55 Uhr:

Salzburg – Liverpool

Salzburg, Stadion Wals-Siezenheim, SR Makkelie (NED)

Salzburg: Stankovic – Kristensen, Onguene, Wöber, Ulmer – Minamino, Mwepu, Junuzovic, Szoboszlai – Hwang, Haaland

Liverpool: Alisson – Alexander-Arnold, Lovren, Van Dijk, Robertson – Keita, Henderson, Wijnaldum – Salah, Firmino, Mane

Haaland wieder im Fokus

Haaland steht wie schon beim Hinspiel im medialen Fokus. Nicht nur in seiner Heimat Norwegen, aus der abermals zahlreiche Journalisten angereist sind, sondern auch in England, wo der 19-jährige Angreifer ebenso begehrt ist wie in jeder anderen Topliga. Denn acht Tore in den ersten fünf Spielen waren noch keinem Stürmer in seinem Alter in der Königsklasse gelungen.

Zumindest einen Salzburger Treffer benötigt es auch gegen Liverpool. Nur Bayern München (21) und Tottenham (17) haben in den ersten fünf Spielen öfter getroffen als Salzburg (16), das mit Haaland (acht) den zweitbesten Torschützen der aktuellen Saison hinter Bayern-Star Robert Lewandowski (zehn) stellt.

„Ich bin zuversichtlich, dass wir treffen“, meinte Haaland mit seinem gewohnt verschmitzten Lächeln. Die andauernden Transfergerüchte lassen ihn laut eigener Aussage und jener von Marsch kalt, er sei auf „den Job fokussiert“. Krankheiten und Knieprobleme warfen ihn zuletzt zurück, im Oktober und November stand der bewerbsübergreifend 28-fache Saisontorschütze nur je einmal 90 Minuten auf dem Feld. Auf das Spiel gegen den überlegenen Tabellenführer der Premier League brennt Haaland allerdings: „Man träumt von solchen Spielen. Liverpool ist eine fantastische Mannschaft, aber wir sind auch eine.“

Defensive muss funktionieren

Während das Salzburger Offensivverhalten vorab keine Sorgen bereitet, ist jenes in der Defensive ausbaufähig. Salzburg hat elf Gegentore erhalten, nur fünf Teams in der Gruppenphase bisher mehr. Mit Salah, dem Ex-Salzburger Sadio Mane und Firmino wird die Defensive viel zu tun haben. „Sie sind so gut im Umschalten. Wir müssen immer bereit sein für jede Situation. Wichtig ist, dass wir Selbstvertrauen, Aggressivität, Präsenz am Platz haben. Ganz frei und aggressiv, das ist ein großer, großer Schlüssel für uns“, betonte Marsch.

Salzburg-Trainer Jesse Marsch bei einer Pressekonferenz
GEPA/Mathias Mandl
Trainer Jesse Marsch blickt dem bisher größten Spiel der Salzburger Clubgeschichte entgegen

Der 46-Jährige, dessen Pausenansprache („Das ist nicht ein fucking Freundschaftsspiel“) beim Hinspiel ein Hit in Sozialen Netzwerken war, gab sich optimistisch. „Wir sind begeistert, aber ruhig. Energie und Konzentration sind optimal. Wir können nicht überraschen, sie verstehen unseren Fußball. Aber wenn wir unsere beste Leistung abrufen, haben wir gute Chancen. Wir müssen mit all unserem Selbstvertrauen spielen.“

Der US-Amerikaner hofft dabei auf den nächsten Entwicklungsschritt seiner Mannschaft, die er im Sommer übernommen hat und die ihre erste CL-Saison bestreitet. „Wir müssen sehr konzentriert unsere Chancen suchen und in den kleinen Momenten, in denen sie uns Möglichkeiten lassen, da sein. Auch ein klarer Matchplan ist besonders wichtig. Wir wollen uns nicht zu viele Sorgen um das Ergebnis machen.“ Ob in der Defensive wie am Samstag mit Dreierkette gespielt wird, ließ Marsch offen: „Egal, ob wir mit Dreier-, Fünfer- oder Sechserkette spielen, die Defensive muss gegen so eine Weltklassemannschaft funktionieren.“

Zwölf Millionen Euro stehen auf dem Spiel

Nicht nur sportlich ist für Salzburg am Dienstag vieles möglich, auch wirtschaftlich. Man hat bereits dank Startgeld (15,25 Millionen Euro), Leistungsprämien (6,3) und der Summe aus dem Koeffizientenranking (12,188) rund 34 Millionen Euro eingespielt, bei einem Aufstieg ins Achtelfinale kämen noch rund zwölf Millionen (2,7 für den Sieg, 9,5 für das Weiterkommen, Anm.) dazu. Wie die Einnahmen aus dem Marketingpool sind auch jene noch nicht inkludiert, für die die Zuschauer verantwortlich zeichnen.

Kurz nach der Auslosung war das Stadion mit je 29.520 Zuschauern dreimal ausverkauft. „Das Stadion hat so viel Energie gehabt“, erinnerte Marsch sich an die ersten beiden Heimspiele. „Es ist gut, wenn wir es Liverpool ein bisschen unangenehm machen. Bei diesem Thema können unsere Fans viel helfen“ – um mit dem ersten Salzburger Erfolg gegen ein englisches Team heimische Geschichte zu schreiben und als erster ÖFB-Club nach Sturm Graz 2000/01 (damals zweite Gruppenphase, Anm.) in der Königsklasse zu überwintern.