Andy Robertson (Liverpool) und Hee-Chan Hwang (RBS)
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Champions League

Salzburger Spektakel macht Lust auf mehr

Die erste Saison in der UEFA Champions League des FC Salzburg ist am Dienstag mit einer 0:2-Niederlage gegen Liverpool zu Ende gegangen. Österreichs Meister belegte letztlich hinter dem Titelverteidiger sowie SSC Napoli Rang drei in der Gruppe E, der zum Umstieg in die Europa League berechtigt. Das Minimalziel wurde damit erreicht, doch die Leistungen machten den Salzburgern Lust auf mehr Königsklasse in der Zukunft.

Zum insgesamt achten Mal nahm ein österreichischer Club an der Gruppenphase der Königsklasse teil, Salzburg streifte mit sieben Punkten und Rang drei das bisher zweitbeste Ergebnis in der ÖFB-Geschichte ein. Nur Sturm Graz, das 2000/01 seine Gruppe mit zehn Punkten sogar gewann und erst in der damals noch ausgetragenen zweiten Gruppenphase scheiterte, schnitt besser ab.

Dafür sorgte Salzburg, das als erster heimischer Club überhaupt ein positives Torverhältnis in der CL-Gruppenphase verzeichnen konnte, mit 16 erzielten Treffern für einen neuen ÖFB-Torrekord. Erstmals seit 2013, als Titelverteidiger Chelsea vorzeitig scheiterte, reichte diese Anzahl an Toren allerdings nicht für den Aufstieg ins Achtelfinale. Salzburg hat sich in diesem Herbst dennoch einen Namen gemacht.

ZIB2 mit Champions League

Die Zusammenfassung Salzburg – Liverpool ist ab Minute 24:47 zu sehen.

„Haben Salzburg auf CL-Landkarte gebracht“

„Wir haben Salzburg auf die Champions-League-Landkarte gebracht. Wir haben Fußball gespielt, den jeder gerne sieht. Auf das können wir wirklich stolz sein“, sagte Rasmus Kristensen am Dienstagabend nach der Niederlage gegen Liverpool, das man wie schon im ersten Duell beim 3:4 an der legendären Anfield Road forderte. Überhaupt stand Salzburg in dieser Gruppenphase für Spektakel, die Zuschauer bekamen in den sechs Spielen nicht weniger als 29 Tore zu sehen.

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Zuschauer im Stadion
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Die Salzburger Fans sorgten im entscheidenden Gruppenspiel gegen Liverpool für einen würdigen Rahmen
Andreas Ulmer
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Kapitän Andreas Ulmer absolvierte sein bereits 102. Europacup-Spiel für die Salzburger
Szene aus dem Spiel Salzburg – Liverpool
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In der ersten Hälfte entwickelte sich eine ausgeglichene Partie, in der die Salzburger alles in die Waagschale warfen
Sadio Mane im Zweikampf
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Der Ex-Salzburger Sadio Mane konnte an alter Wirkungsstätte in einigen Aktionen nur mit Mühe gestoppt werden
Naby Keita
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Salzburg-Goalie Cican Stankovic konnte sich bei einigen Chancen der Liverpooler auszeichnen und hielt bis zur Pause das 0:0 fest
Jubel von Liverpool-Spielern
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Nach dem Seitenwechsel folgte binnen weniger Sekunden die Entscheidung. Zuerst traf Keita (57.) zum 1:0.
Jürgen Klopp
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In der 58. Minute bejubelte dann Liverpool-Coach Jürgen Klopp den zweiten Treffer durch Mohammed Salah
Erling Haaland
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Die Salzburger blieben erstmals in der Gruppenphase ohne Treffer, für Erling Haaland ging damit die Torserie zu Ende
Enttäuschte Spieler
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Nach dem Schlusspfiff war die Enttäuschung bei den Salzburger groß, auf die Leistung durften sie aber stolz sein
Mannschaften nach dem Spiel
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Salzburg-Coach Jesse Marsch bedankte sich nach der Partie bei allen seinen Spielern

„Wir haben das richtig geil gemacht“, sagte Kapitän Andreas Ulmer, der auf die Leistungen stolz war. Salzburg brachte nach vielen erfolgreichen Spielen in der Europa League seine Art des Fußballspielens auch bei der Premiere in der Königsklasse auf den Platz. „Das ist in den vergangenen Jahren unser großes Markenzeichen geworden, das haben wir auch in der Champions League nicht geändert. Wir treten mutig und stark auf“, analysierte Sportchef Christoph Freund, der hervorhob, dass Salzburg im Sommer sechs Stammspieler und Trainer Marco Rose abgab und dennoch auf hohem Niveau agierte.

Der Titelverteidiger und überlegene Premier-League-Tabellenführer sowie der italienische Vizemeister waren letztlich jeweils eine Nummer zu groß, in vier direkten Duellen setzte es drei Niederlagen, zwei davon allerdings nur mit einem Tor Unterschied. Der belgische Meister KRC Genk wurde hingegen zweimal klar besiegt und damit auch das Ziel Europa League bereits nach dem fünften Spieltag erreicht. Am letzten Spieltag noch ein „Finale“ um den Aufstieg gegen Titelverteidiger Liverpool zu haben, waren für Marsch und sein Team ein Bonus. „Wir haben in diesem Turnier so gut gespielt“, zeigte sich der US-Amerikaner hochzufrieden.

Haaland als Werbeträger

Das Salzburger Gesicht in dieser Gruppenphase war freilich Erling Haaland. Der erst 19-jährige Stürmer avancierte mit seinen acht Toren in den ersten fünf Spielen – das gelang noch keinem Spieler in seinem Alter – zum Shootingstar. Der Norweger zog das Medieninteresse der ganzen Fußballwelt auf sich, der Hype um Haaland nahm in Salzburg noch nie da gewesene Ausmaße an. Beinahe tagtäglich wurde das Interesse eines anderen Topclubs am Ausnahmespieler kolportiert.

Haaland (RBS) am Ball
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Haaland betrieb in der Champions League Werbung in eigener Sache

Doch speziell im letzten Gruppenspiel konnte Haaland nicht komplett an seine Leistungsgrenze gehen. Körperliche Beschwerden im Herbst schafften Probleme, zuletzt schmerzte das Knie. „Er hatte nicht den besten Rhythmus in den vergangenen zwei Monaten, er ist nicht topfit“, erklärte Marsch nach der Niederlage gegen Liverpool, in dem Haaland mit Liverpools Abwehrchef Virgil van Dijk seinen Meister fand. Mit Antoine Bernede fehlte Salzburg zudem ein anderer Schlüsselspieler überhaupt in fünf der sechs Spiele wegen einer Verletzung.

Mehr Erfahrung vonnöten

Naturgemäß haben die Salzburger in dieser Gruppenphase auch viel gelernt. „Wir können von diesen sechs Spielen vieles mitnehmen“, sagte Mittelfeldspieler Dominik Szoboszlai, der sich wie viele andere Talente ins Rampenicht spielte. Vor allem was das Verhalten in der Defensive betrifft, können sich die Salzburger die sechs Spiele noch öfter zu Gemüte führen. In allen Partien kassierte man zumindest ein Gegentor, in vier davon zumindest zwei Treffer, in zwei gar drei.

„Unsere Mannschaft ist jung, hat viel Qualität, braucht aber auch diese großartigen Spiele mehr und mehr“, sagte Marsch, der selbst in seiner ersten Saison als Cheftrainer dazulernte. In den Spielen gegen Liverpool und Napoli lief es zumeist dann besser, wenn Salzburg mit einer Raute im Mittelfeld spielte. So auch nach den ersten 30 Minuten in Liverpool, wo Salzburg eine halbe Lehrstunde erhielt. Am Dienstag wurde sie von Beginn an zur Zufriedenheit von Marsch praktiziert.

Das soll sich im Frühjahr fortsetzen, wenn Salzburg in die Europa League umsteigt. Mit diesem Bewerb sind die Salzburger bekanntlich bestens vertraut, er soll den Spielern auch helfen, die nächsten Entwicklungsschritte zu gehen. „Es ist gut, dass wir die Europa League im Frühling noch haben. Es ist für uns eine Gelegenheit, gegen die besten Gegner zu spielen und unsere Mannschaft zu entwickeln“, sagte Marsch, der wie sein Innenverteidiger Maximilian Wöber das Ziel hat, diesen Bewerb zu gewinnen. „Wir haben eine super Mannschaft, wenn wir uns weiter so verbessern, haben wir eine große Chance, dieses Turnier zu gewinnen. Das ist jetzt unser Ziel“, so der 46-Jährige.

Auch finanziell ein Gewinn

Die Gruppenphase war letztlich für Salzburg nicht nur ein sportlicher Gewinn, sondern auch ein wirtschaftlicher. Startgeld (15,25 Millionen Euro), Erfolgsprämien (6,3 Mio. Euro), die Summe aus dem Koeffizientenranking (12,188 Mio. Euro) sorgten letztlich für zumindest 34 Millionen Euro, die man in der Königsklasse verdiente. Hinzu kommt noch eine Summe aus dem Marketingpool sowie die Einnahmen aus den Heimspielen, dreimal war die Arena in Wals-Siezenheim mit 29.520 Zuschauern ausverkauft.

Dort begann alles mit dem fulminanten 6:2 gegen KRC Genk und endete vorerst mit dem 0:2 im Showdown gegen Liverpool. Sollte Salzburg abermals österreichischer Meister werden, bleibt zu hoffen, dass der Qualifikationsfluch ein Ende hat. Denn anders als in diesem Jahr, als man einen Fixplatz ergatterte, stünde im nächsten Sommer wieder eine Qualifikationsrunde auf dem Programm. Aber nach elf gescheiterten Versuchen sollten die Leistungen bei der Premiere in der Gruppenphase zusätzlichen Antrieb für diese Aufgabe geben.