Österreichs Handballer Janko Bozovic im Spiel gegen Mazedonien.
GEPA/Philipp Brem
Handball-EM

Kroatien als erster „Kracher“ für ÖHB-Männer

Nach dem umjubelten Siegeszug durch die Vorrunde startet Österreichs Nationalteam bei der Handball-EM in das nächste Level. Das Duell mit dem Titelkandidaten Kroatien ist am Donnerstag (18.15 Uhr, live in ORF1) der erste „Kracher“ für das rot-weiß-rote Heimteam. Laut Papierform ist die Handballgroßmacht Kroatien klarer Favorit, doch mit einer vollen Stadthalle im Rücken wollen die Österreicher die Sensation schaffen.

Getragen von einer Welle der Begeisterung zog die Auswahl des Österreichischen Handballbunds mit Erfolgen über Tschechien, die Ukraine und Nordmazedonien in die Hauptrunde ein. Die Kroaten setzten sich in ihrer Vorrundengruppe in Graz ebenfalls souverän durch, schlugen Montenegro (27:21), Weißrussland (31:23) und Serbien (24:21).

ÖHB-Teamchef Ales Pajovic, Assistenzcoach Erwin Gierlinger und Tormanntrainer Mattias Anderson hatten zusammen mit den Physiotherapeuten alle Hände voll zu tun, die Mannschaft auf diese Herausforderung vorzubereiten. Endrundendauergast und Medaillenkandidat Kroatien wird den Österreichern in körperlicher und mentaler Hinsicht alles abverlangen. „Das wird ein richtig schweres Spiel“, sagte Pajovic, „wir sind realistisch, Kroatien ist Favorit.“

Österreich mit viel Selbstvertrauen in nächste EM-Phase

Der Erfolgslauf des ÖHB-Teams hat Euphorie ausgelöst. Als Gruppensieger rechnet man sich auch zum Start der Hauptrunde gegen Kroatien Chancen aus.

Volle Halle erwartet – Alle ÖHB-Spiele live in ORF1

Auch auf den Tribünen wird es hoch hergehen in Wien, wo in der Hauptrundengruppe I an jedem der vier Spieltage (Donnerstag, Samstag, Montag, Mittwoch) drei Partien ausgetragen werden (Beginnzeiten 16.00, 18.15, 20.30 Uhr). Der Europäische Handballverband (EHF) und der ÖHB als EM-Mitveranstalter dürfen auf eine ausverkaufte Stadthalle hoffen. Alle vier Spiele der Österreicher werden live in ORF1 übertragen. Abgesehen vom Duell mit den Deutschen (Montag, 20.30 Uhr) beginnen die ÖHB-Partien um 18.15 Uhr. Alle anderen Spiele sind live in ORF Sport + zu sehen – außer Tschechien – Weißrussland.

„Mit diesem Publikum im Rücken ist alles möglich“, sagten Pajovic und seine Spieler nach der Vorrunde unisono. „Gänsehaut pur, man will gar nicht aufhören zu spielen. Ich will mich eigentlich gleich wieder aufwärmen und noch einmal raus“, schilderte etwa Flügel Sebastian Frimmel die Atmosphäre in der Stadthalle. Wie schon Nordmazedonien wird allerdings auch Kroatien von einer großen Anhängerschar angefeuert werden. Sollte es den Österreichern daher erneut gelingen, dominant in die Partie zu starten, wäre das enorm wichtig.

Hochkarätiger Gegner

Welch Handballgroßkaliber Kroatien darstellt, zeigt seine Endrundenbilanz. Seit 1994 war man bei jeder EM und WM vertreten. Der Weltmeistertitel 2003 war der Höhepunkt, dazu errang man zahlreiche Medaillen bei Großereignissen. Olympiagold 1996 und 2004 etablierten Handball als Sportart Nummer eins in Kroatien.

Österreichs Cheftrainer Pajovic hat gute Erinnerungen an die Kroaten. Als Spieler gewann er mit Slowenien auf dem Weg ins EM-Finale 2004 das Halbfinale mit 27:25. Die jüngsten Aufeinandertreffen Österreichs mit Kroatien gingen verloren, wenn auch nur knapp: Bei der Heim-EM 2010 unterlag das ÖHB-Team in der Hauptrunde in Wien mit 23:26. Bei der WM 2015 in Katar verlor man in der Vorrunde mit 30:32.

„Das waren aber eigentlich ganz andere Mannschaften“, relativierte Routinier Janko Bozovic, der 2015 dabei war und seit vielen Jahren den rechten Rückraum im Nationalteam besetzt. Der 34-jährige Linkshänder, der beim VfL Gummersbach in der deutschen Bundesliga spielt, absolvierte eine sehr starke Gruppenphase. Bozovic erwies sich als abgebrühter und treffsicherer Gegenpart zum 23-jährigen Nikola Bilyk (THW Kiel), der auf der linken Aufbauseite glänzte.

Interessantes Trainerduell

Das wurfgewaltige Duo wird auch gegen Kroatien wieder voll gefordert sein – nicht nur wegen Topstar Domagoj Duvnjak, des Welthandballers von 2013 und Kiel-Clubkollegen von Bilyk. „Ein sehr, sehr starkes Kollektiv mit Weltklasseleuten auf jeder Position“, beschrieb Bozovic den Gegner. „Aber wenn wir so spielen wie gegen Nordmazedonien, mit einer guten Deckung und starken Tormannleistung, dann haben wir auf jeden Fall eine Chance.“

Kroatiens Teamchef Lino Cervar ist Bozovic aus seiner Saison bei Metalurg Skopje 2015/16 bestens bekannt. „Ein echter Fuchs, für mich einer der besten Trainer der Welt. Ich habe irrsinnig viel von ihm gelernt. Dass er vor allem auf die Deckung Wert legt, sieht man auch aktuell bei Kroatien“, sagte Bozovic über die 69-jährige Trainerlegende.

ÖHB-Teamchef Pajovic mit großen Ambitionen

In der EM-Hauptrunde bekommt es Österreich mit den großen Brocken zu tun. Das Team von Ales Pajovic steckt sich dafür hohe Ziele.

Kroatische Abwehr als Prunkstück

Dank der zwei Punkte, die Österreich aus der Vorrunde mitbringt, würde sich die Chance auf einen Platz in den Top Drei der Hauptrundengruppe mit einem Sieg wesentlich erhöhen. Eine Teilnahme am Finalwochenende in Stockholm, wo das Spiel um Platz fünf, Halbfinale und Finale ausgetragen werden, wäre für das ÖHB-Team ein Traumziel. Daran wollte Pajovic aber natürlich noch nicht denken.

Ihn beschäftigte in der Matchvorbereitung „die überragende 5-1-Deckung der Kroaten, die Weißrussland, Serbien und Montenegro viele Probleme bereitet hat“. Da müsse man Lösungen finden, so der ÖHB-Head-Coach, „damit wir zu einfachen Toren kommen“. Das Selbstvertrauen der Österreicher ist in den letzten Tagen beträchtlich gewachsen. „Mit einer starken Deckung, Janko (Bozovic, Anm.) und Niko (Bilyk) im Angriff kann alles passieren“, so Pajovic.

Steckbriefe der ÖHB-Gegner in der EM-Hauptrunde

Kroatien:

Teamchef: Lino Cervar

Schlüsselspieler: Domagoj Duvnjak (Rückraum, 31, THW Kiel), Luka Cindric (26, Rückraum, FC Barcelona)

Größte Erfolge: Weltmeister 2003, Olympiasieger 1996 und 2004, EM-Silber 2008 und 2010

14. EM-Teilnahme

Spanien:

Teamchef: Jordi Ribera

Schlüsselspieler: Julen Aguinagalde (Kreis, 37, Kielce/POL), Gonzalo Perez de Vargas (Tor, 29, FC Barcelona)

Größte Erfolge: Weltmeister 2005 und 2013, Europameister 2018

14. EM-Teilnahme

Deutschland:

Teamchef: Christian Prokop

Schlüsselspieler: Uwe Gensheimer (Flügel, 33, Rhein-Neckar Löwen), Julius Kühn (Rückraum, 26, MT Melsungen)

Größte Erfolge: Weltmeister 1938, 1978, 2007, Europameister 2004, 2016

13. EM-Teilnahme

Weißrussland:

Teamchef: Juri Schewzow

Schlüsselspieler: Barys Puchouski (Rückraum, 33, Motor Saporoschje/UKR), Arzjom Karalek (Kreis, 23, Kielce/POL)

Größte Erfolge: EM-Achter 1994, WM-Neunter 1995

Sechste EM-Teilnahme