Jubel von Matthias Mayer (AUT) im Zielraum
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Ski alpin

Mayer bringt Leistung auf den Punkt

Mit einem rot-weiß-roten Jubelmeer nach dem Doppelsieg durch Matthias Mayer und Vincent Kriechmayr ist der Höhepunkt der 80. Hahnenkamm-Rennen am Samstag zu Ende gegangen. An Dramatik war die Abfahrt nicht zu überbieten. Letztlich gab es am ersten Heimerfolg auf der berüchtigten Streif seit Hannes Reichelt vor sechs Jahren nichts zu rütteln – Mayer hatte wie schon öfter in seiner Karriere eine Punktlandung hingelegt.

Nur einen Tag nach Platz zwei im Super-G packte er seinen Premierentriumph in der Streif-Abfahrt drauf und den zugleich ersten eines ÖSV-Abfahrers in dieser Saison. Kriechmayr wurde Ex-aequo-Zweiter mit dem Schweizer Beat Feuz, beide waren die ersten Gratulanten von Mayer. Zwei Österreicher auf dem Podest bei der Siegerehrung und die Bundeshymne, besser hätte die Abfahrt nicht inszeniert werden können.

Für Mayer ging der Traum endlich in Erfüllung. „Unfassbar, hier vor Heimpublikum auf der Streif zu gewinnen ist gewaltig und speziell“, sagte der Kärntner, der vom Start bis ins Ziel fokussiert geblieben war. „Ich versuchte so schnell zu fahren wie möglich.“ Da sei keine Zeit zum Nachdenken geblieben.

Abfahrt in Kitzbühel: Die Siegerehrung

Matthias Mayer steht nach dem zweiten Platz im Super-G in der Abfahrt ganz oben auf dem Podest.

„Das Rennen der Rennen für Abfahrer“

Mayer machte ohnehin alles richtig, der Erfolg gab ihm recht. „Kitzbühel ist das Rennen der Rennen für einen Abfahrer. Dass sich das für mich so ausgegangen ist, noch dazu auf so einem großartigen Podium mit Feuz und Kriechmayr, ist einfach nur schön“, erklärte Mayer nach seinem insgesamt achten Weltcup-Sieg.

Matthias Mayer (AUT) während der Abfahrt
GEPA/Andreas Pranter
Mayer tauchte ein ins rot-weiß-rote Jubelmeer von rund 40.000 Fans

Nichts für schwache Nerven

Die Dramaturgie war perfekt. Während sich schon Kriechmayr und Feuz einen Hundertstelkrimi geliefert und im Ziel zeitgleich auf Siegeskurs gewähnt hatten, legte Mayer in der Folge ein Schäuflein drauf. Der Kärntner wurde im Verlauf des Rennens immer schneller, mehr als ein paar Hundertstel lag er aber nie voran. Erst in der Traverse und im Zielschuss legte er den Polster von 0,22 Sekunden zwischen sich und seine Gegner, die fair applaudierten, als Mayer die Führung an sich riss. Zu gut war der Kärntner, der den Jubel im Ziel zum zweiten Mal genoss, sich zuerst vor den Fans verbeugte („Wollte mich für das Daumendrücken bedanken“) und dann seinen Emotionen freien Lauf ließ.

Rückblick auf die Abfahrt

Nach sechs Jahren steht wieder ein Österreicher in der Kitzbühel-Abfahrt ganz oben auf dem Podest. Matthias Mayer fährt auf der Streif den Sieg ein.

Der Erfolg sei auch die logische Folge einer bisher konstanten, aber nicht überragenden Abfahrtssaison gewesen. „Auch wenn es nie ganz für das Podest gereicht hatte, war ich mit dem Verlauf bisher zufrieden. Ich wusste, dass ich sehr schnell sein kann“, sagte Mayer. „Nur müssen alle Teile einmal zusammenpassen. Diesmal probierte ich wirklich alles und versuchte auf mein Skifahren zu vertrauen. Und es hat gepasst. Deshalb konnte ich eine so schnelle Zeit bis ins Ziel runterbringen.“

Potenzial punktgenau abgerufen

Dass er gerade bei Großereignissen sein Potenzial punktgenau abrufen kann, hatte er schon bei seinen Olympiasiegen in Abfahrt (2014) und Super-G (2018) bewiesen. In Kitzbühel war ihm das bisher neben vier zweiten Plätzen und einem dritten schon beim Super-G-Sieg vor drei Jahren gelungen. „Es fällt mir selbst schon auf, dass ich mir für die Siege die wichtigen Rennen aussuche“, scherzte Mayer, ohne es erklären zu können. „Weil ich bei allen Rennen mein Bestes gebe. Aber die Hundertstelsekunden müssen halt auch immer mitspielen und auf der richtigen Seite liegen.“

Publikum beim Hahnenkammrennen
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Fokussiert und konzentriert bis zum Schluss

Dabei war er ohne konkretes Ziel in die Saison und auch in Kitzbühel gestartet – zumindest ohne ein Ziel, dem er alles hätte unterordnen und dafür alles tun müssen, wie er sagte. Vielmehr wollte er einfach nur gut Ski fahren. „Das ist das Wichtigste für mich. Ich will dabei Spaß haben und den Spaß auch nicht verlieren“, so Mayer, der im Gesamtweltcup acht Punkte hinter dem Norweger Aleksander Aamodt Kilde auf Platz zwei vorrückte. Im Abfahrtsweltcup ist Mayer, in Bormio war er als Dritter auf dem Podest gestanden, nun Dritter, im Super-G-Weltcup hatte er sich mit dem Sieg am Freitag sogar an die Spitze gesetzt.

„Matthias war superstark“

Als Abfahrtszweiter war auch Kriechmayr zufrieden, zumal er erstmals in Kitzbühel auf dem Podest stand. Die entscheidenden Hundertstel verlor er unten, Feuz oben. „Ich wollte zeigen, was ich draufhabe. Das ist mir gelungen. Es war ein starkes Rennen“, so der Oberösterreicher, der genau wusste, wo er es verloren hatte: „Am Hausberg.“ Weil er zu weit gesprungen und einen Meter von der Ideallinie abgekommen war. „Ich versuchte noch rüberzukommen, aber es ist sich nicht ausgegangen. Sonst hätte ich mehr Tempo mitnehmen können“, so Kriechmayr.

ÖSV-Team mit Vincent Kriechmayr und Matthias Mayer (beide AUT)
GEPA/Harald Steiner
Im Ziel wurden Kriechmayr (l.) und Mayer gebührend gefeiert

„Matthias war superstark. Ich freue mich für unser Team, dass einer von uns gewonnen hat. Er ist super drauf und war einfach ein Stück besser. Trotzdem bin ich zufrieden. Auch für die Fans war es ein großartiges Rennen. Wir wollten für sie gut performen“, sagte Kriechmayr. Dass seine Fahrt gut war, sei ihm bewusst gewesen. „Wenn man Erster mit Feuz ist, kann man davon ausgehen. Ich habe es auch selbst während der Fahrt gemerkt. Ich hatte einen fast perfekten Lauf, wenn mir so einer gelingt, bin ich meistens schnell.“ Dass Mayer noch schneller sein würde, überraschte ihn letztlich nicht.

Marschplan genau eingehalten

Mayer hatte seinen Marschplan genau eingehalten. „An die Zeit habe ich überhaupt nicht gedacht. Ich hatte diesmal für jeden Abschnitt, jede Kurve, jeden Meter einen Plan, den ich durchziehen wollte, so gut es geht.“ An die Bestzeit habe er erst beim Zielsprung gedacht, als er die bengalischen Lichter der Fans vor Augen hatte. „Da wusste ich, dass ich schnell bin, sonst würden die nicht brennen“, sagte Mayer, der im obersten Abschnitt noch 25 Hundertstelsekunden hinter Kriechmayr gelegen war.

Im Ziel durfte er sich wieder zufrieden zurücklehnen, obwohl auch seine Fahrt nicht absolut perfekt war. „Ein paar Kleinigkeiten wird man immer irgendwo finden, die nicht so gepasst haben. Aber sicher nichts Grobes. Es war eine gewaltige Fahrt. So muss man es erst einmal ins Ziel bringen. Offenbar war ich genügend fokussiert“, sagte Mayer, dem „eine große Last von den Schultern“ gefallen war. „Weil der Druck groß war. Für dieses Rennen trainieren wir hart. Wenn es dann so weit ist und im Rennen wirklich aufgeht, ist das Gefühl riesig. Und die Hymne bei der Siegerehrung zu hören, ist sowieso der Wahnsinn.“