„Jeder fiebert bei solchen Highlights mit“, sagte der entschlossene Münchner Trainer Hansi Flick, der wohl wieder auf David Alaba in der Innenverteidigung setzen wird. „Es ist gerade für den FC Bayern München immer entscheidend, dass man Stärke zeigt. So gehen wir in die Spiele rein. Für viele ist es das sogenannte Endspiel, aber davon möchte ich nichts wissen, weil es sind dann noch 13 Spiele“, so Flick.
Zwar hat das zehnte Kräftemessen zwischen Branchenprimus (42 Punkte) und dem rasanten Emporkömmling (41) nicht den Stellenwert des Clasico Bayern gegen Dortmund. Fesselnd ist das von RB-Coach Julian Nagelsmann für Sonntag spöttisch zum „allerwichtigsten Spiel des Jahres für die Medienlandschaft“ gekürte Match allemal. Bedeutsam ist es nach dem Pokal-Aus gerade für Nagelsmanns Team (mit Marcel Sabitzer und Konrad Laimer im Mittelfeld), das nach einem Vierpunktevorsprung von den Bayern eingeholt wurde.
Bayern-Selbstvertrauen ist wieder da
„Die Mannschaft hat vieles zurechtgerückt“, sagte Flick, der beim Freitag-Training mitkickte. Die Bayern grüßen seit einer Woche wieder von ihrem Lieblingsplatz in der Tabelle und könnten den Konkurrenten durch den neunten Pflichtspielerfolg en suite auf vier Zähler distanzieren. „Unsere Siegesserie beruhigt mich. Das spricht für uns“, kündigte Bayern-Kapitän Manuel Neuer mit rekordmeisterlichem Selbstvertrauen an.
Die Wackler beim DFB-Pokal-Viertelfinaleinzug durch das kuriose 4:3 gegen Hoffenheim nahmen die Münchner gerne als Warnung auf. „Das ist abgehakt, wir haben alles angesprochen und ohne Wenn und Aber die richtigen Schlüsse daraus gezogen“, erklärte Flick. Fünf Tage nach dem Pokal-Aus beim 1:3 in Frankfurt laufen Nagelsmanns Tempofußballer dagegen Gefahr, die zweite Titelchance einer bemerkenswerten Saison zu verspielen.
Bilanz spricht klar für Gastgeber
„Wir freuen uns auf die Bayern, aber es ist kein Endspiel“, stufte es Leipzigs Sportdirektor Markus Krösche wie Flick ein. Zumal auch Dortmund und Mönchengladbach (beide 39) noch oben mitmischen könnten. Trotz einer kleinen Ergebniskrise bleiben die Leipziger vor der schwierigen Auswärtsaufgabe mutig. „Wir wollen zurück an die Tabellenspitze und fahren nach München, um zu gewinnen“, sagte der in der Winterpause verpflichtete Hoffnungsträger Dani Olmo.
In drei Spielen in München konnte RB noch nie punkten, nicht einmal ein Tor glückte bei sechs Gegentreffern – und immer gab es einen Platzverweis. Die Vergangenheit soll die Nagelsmänner aber nicht groß beschäftigen, die Gegenwart ist nach drei sieglosen Spielen am Stück schon Herausforderung genug. „Leipzig ist ein bisschen angeknockt“, stellte Bayerns Mittelfeldchef Joshua Kimmich vor dem Spiel gegen die Ex-Kollegen fest. „Da ist viel Brisanz drin.“
Auch beim Duell der Topstürmer Robert Lewandowski und Timo Werner. Mit 22 bzw. 20 Saisontoren führen die zwei Ausnahmeangreifer die Ligaliste an. Zwar ist es nach Ansicht von Lewandowski noch „ein weiter Weg“ zu der 40-Tore-Marke von Gerd Müller, zu Bestmarken stacheln sich der 31-Jährige und der acht Jahre jüngere Werner in dieser Saison ständig an. „Es muss schon sehr gut laufen, um dranzubleiben“, sagte Werner. „Wenn die Bayern erstmal vorne sind, lassen sie sich das nicht mehr nehmen“, sagte Werner.
Von Zaubern und Fußballspielen
Setzt sich dieser Lauf fort? Oder gelingt Leipzig in der Neuauflage des verlorenen Pokalendspiels die Wende? Als großer Traineraufsteiger der vergangenen Jahre wird sich der 32-jährige Nagelsmann vermutlich etwas Besonderes einfallen lassen. „Er kann gerne zaubern, dann schauen wir, ob wir einen Gegenzauber haben“, witzelte Bayerns Kokapitän Thomas Müller. „Ich glaube, es wird gar nicht so viel gezaubert, sondern Fußball gespielt.“
Wie für Weltmeister-Assistent Flick könnte der Hit auch für Nagelsmann im Kampf um die ersten Meisterehren als Bundesliga-Trainer wegweisend werden. „Es ist kein Spiel der Trainer, es wird alles auf dem Platz entschieden“, ordnete es der 54-jährige Flick ein. Bei den Bayern werden die zuletzt starken Thiago und Leon Goretzka im Mittelfeld zurückerwartet, Müller und Serge Gnabry sollen auf den Flügeln Akzente setzen.
Die Leipziger werden vermutlich trotz jüngster Schwächen auf die Hinrunden-Leistungsträger Sabitzer und Laimer im Mittelfeld setzen. Als zweiter Innenverteidiger neben Dayot Upamecano ist Lukas Klostermann erste Alternative in der Abwehr, die an Stabilität eingebüßt hat. „Unabhängig von den letzten Spielen ist Leipzig eine Spitzenmannschaft“, betonte Flick.