Salzburg-Trainer Jesse Marsch und Hee Chan Hwang
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Europa League

„Haben viel Potenzial, brauchen aber Zeit“

Nur 80 Tage liegen zwischen dem Ausscheiden des FC Salzburg aus der Champions League und dem Scheitern in der Europa League. Der heimische Meister zog gegen Eintracht Frankfurt mit einem Gesamtscore von 3:6 den Kürzeren. Dem 1:4 im Hinspiel folgte in dem wetterbedingt verschobenen Rückspiel ein 2:2 zu Hause. Insgesamt zu wenig, auch wenn am Freitag eine Steigerung bemerkbar war.

Im Herbst begeisterte Salzburg mit Offensivfußball in der Königsklasse, und nach starken Auftritten schien auch ein Durchmarsch in der Europa League möglich, in die man als Gruppendritter gewechselt war. Eintracht Frankfurt, mit den Ex-Salzburgern Martin Hinteregger und Stefan Ilsanker sowie Coach Adi Hütter, wurde als ideales Los betrachtet.

Ein attraktiver Gegner, mit Salzburg-Bezug und beim Auslosungstermin im Dezember nicht eben in Hochform befindlich. Ende Februar ist jedoch alles anders. Salzburg ist die Mannschaft, die sich erst finden muss, während Frankfurt mit klarem Spielkonzept und den passenden Akteuren dazu sehr gefestigt wirkte.

Forscher Beginn war zu wenig

Dabei hatte Salzburg stürmisch begonnen, ganz so wie Tief „Bianca“ am Donnerstagabend über die Stadt gezogen war und damit erst die Verschiebung erzwungen hatte. Nach zehn Minuten führte die Elf von Trainer Jesse Marsch durch einen Prachtschuss von Kapitän Andreas Ulmer mit 1:0 und drängte zur Freude des Großteils der 29.000 Zuschauer auf das 2:0.

Salzburg verpasst Aufstieg ins Achtelfinale

Im Rückspiel gegen Frankfurt ist das erhoffte Wunder für Salzburg ausgeblieben. Die „Bullen“ scheiden nach einem 2:2 aus.

„Die ersten 25 Minuten waren überragend“, so der 46-jährige US-Amerikaner in seiner Matchanalyse. Dennoch gelang nicht das 2:0, sondern Frankfurt köpfelte durch Andre Silva (30.) zum 1:1 ein. Dadurch erschwerte sich die Situation der Salzburger, die aber nicht aufsteckten und in der 71. Minute durch Jerome Onguene wieder in Führung gingen, ehe Silva mit einem von Albert Vallci abgefälschten Schuss in der 82. Minute zum 2:2 alle verbliebenen Aufstiegshoffnungen zunichtemachte.

Neo-Frankfurter Stefan Ilsanker, der erst in der Winterpause aus Leipzig gekommen war, zollte seinem ehemaligen Team Respekt: „Die Salzburger haben unglaublich Gas gegeben, wir haben gewusst, wie schwer es ist, hier zu bestehen.“ Eintracht-Sportvorstand Fredi Bobic sah das Spiel ähnlich: „In den Minuten nach dem 0:1 sind wir schon geschwommen, danach haben es die Jungs aber gut in den Griff bekommen. Das Tor zum 1:1 hat uns Sicherheit und Stabilität gegeben.“

Leichtigkeit ist harte Arbeit

Bei Salzburg sah die Gefühlslage entsprechend anders aus. „Die Mannschaft war enttäuscht“, berichtete Marsch und setzte fort: „Aber es war trotzdem eine gute Leistung. Wenn wir mit dieser Einstellung in Frankfurt auftreten, sieht alles anders aus.“ Aber nicht nur das verpatzte Hinspiel war am Ende ein Grund für das Scheitern, sondern auch die Findungsphase, in der sich das Team derzeit befindet.

Mohamed Camara (Salzburg) und Evan Ndicka (Frankfurt)
GEPA/Patrick Steiner
Mohamed Camara konnte Trainer Marsch überzeugen

Die Abgänge der Leistungsträger Erling Haaland und Takumi Minamino spielen dabei eine Rolle, aber nicht die einzige. Die Mannschaft war engagiert, viele Aktionen wurden im Vollsprint durchgeführt, dennoch waren nicht das von Salzburg zuletzt gewohnte überragende Gegenpressing und das blinde Verständnis im Umschaltspiel zu sehen.

Viele Abspielfehler im Angriff, überhastete Aktionen im Aufbau: die Mannschaft war bemüht, aber durch die Ausfälle, Abgänge und den Einbau von neuen, jungen Spielern lief das „Werk’l“ eben noch nicht so geschmiert wie in der Vergangenheit. Hier wurde deutlich, wie viel Arbeit immer dahintersteckt, wenn ein Endprodukt besonders leicht und perfekt aussieht.

„Wir müssen erst einen neuen Rhythmus bekommen“

Verteidiger Vallci meinte: „Bis zum 16er war es gut, dann hat der letzte Pass gefehlt oder die Schüsse passten nicht.“ Auch er trauerte den zahlreichen vergebenen Chancen in der Anfangsphase nach: „Bei 2:0 hätte das Spiel anders ausgeschaut. Wir haben im Hinspiel einfach zu wenig gezeigt, haben uns in manchen Situationen die Schneid abkaufen lassen.“ Trotzdem könne man auf der Leistung aufbauen, so der 24-jährige Steirer.

Salzburg-Trainer Jesse Marsch
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Trainer Jesse Marsch sieht seine Mannschaft erst am Anfang ihrer Entwicklung

Das ist auch die Marschrichtung des Trainers. „Es ist kein kompletter Neustart, den wir machen müssen, aber wir haben einige Spieler verloren. Wir müssen erst einen neuen Rhythmus mit dieser Mannschaft bekommen. Es ist eine junge Mannschaft, die im Training immer alles gibt. Wir haben viel Potenzial, brauchen aber noch Zeit. Frankfurt war hingegen eine Mannschaft mit viel Erfahrung“, so Marsch, der weiß, wo er die Hebel ansetzen muss. Dass eine Salzburger Mannschaft im Halbjahresrhythmus neu eingestellt werden muss, hat ja mittlerweile bereits Tradition.

Blick in die Zukunft

„Wir müssen mit der gesamten Mannschaft besser verteidigen. Wenn wir immer drei Tore schießen müssen, wird es schwierig. Trotzdem war es die beste Leistung in diesem Jahr.“ Er freute sich auch über Entwicklungsspieler wie Mohamed Camara. Der 20-jährige Malier kurbelte im Mittelfeld und ist für Marsch eine Zukunftsaktie. „Ich freue mich schon darauf zu sehen, wo diese Spieler in einem halben Jahr oder Jahr sind.“

Noah Okafor (Salzburg) und Daichi Kamada (Frankfurt)
GEPA/Patrick Steiner
Der junge Schweizer Stürmer Noah Okafor gilt als einer der nächsten Hoffnungsträger bei Salzburg

Wie zum Beispiel der eingewechselte Stürmer Noah Okafor. „Das war eine deutliche Steigerung gegenüber zuletzt. Wir haben 100 Prozent gegeben. Es wäre auch alles möglich gewesen. Leider hat das bisschen Glück gefehlt“, so der 19-jährige Millionenkauf aus der Schweiz. Oder Mergim Berisha, der Positives aus dem Spiel zog: „Die Leistung war wichtig für den Kopf. Wir haben Charakter gezeigt und bewiesen, dass wir als Team gut sind.“

Eine Meinung, die auch Verteidiger Andre Ramalho teilt, der mit seinen 28 Jahren schon zu den Routiniers im Team zählt: „Es wäre viel möglich gewesen, vor allem nach dem 1:0. Aber wenn wir an die heutige Leistung anschließen, werden wir in der Liga wieder ins Spiel kommen. Das war heute wieder unser Powerfußball. Unsere Ziele sind jetzt die Meisterschaft und der Cup.“ Den nächsten Schritt zur Ausschöpfung ihres Potenzials kann die Mannschaft am Montag (19.00 Uhr) machen, wohin die Ligapartie gegen Altach verschoben wurde.

UEFA Europa League, Sechzehntelfinale, Rückspiel

Freitag:

Salzburg – Eintracht Frankfurt 2:2 (1:1)

Wals-Siezenheim, Red Bull Arena, 29.000 Zuschauer, SR Bastien (FRA)

Torfolge:
1:0 Ulmer (10.)
1:1 Silva (30.)
2:1 Onguene (71.)
2:2 Silva (83.)

Salzburg: Stankovic – Vallci, Ramalho, Onguene, Ulmer – Mwepu (76./Berisha), Camara, Koita (66./Okafor), Szoboszlai (86./Bernede) – Daka, Hwang

Frankfurt: Trapp – Toure, Abraham, Hinteregger, Ndicka – Ilsanker – Sow, Kamada (73./Da Costa), Rode, Kostic (88./Chandler) – Silva (88./Paciencia)

Gelbe Karten: Koita, Hwang, Okafor bzw. Kamada, Abraham, Ilsanker

Die Besten: Stankovic, Ulmer, Camara bzw. Trapp, Kostic, Silva

Hinspiel 1:4 – Frankfurt mit Gesamtscore von 6:3 im Achtelfinale (12. März daheim, 19. März auswärts) gegen den FC Basel