Mohamed Salah
Reuters/Phil Noble
Fußball

Wilde Spekulationen in Englands Profiligen

Wird der in der Premier League überlegen führende FC Liverpool von den anderen Clubs zum Meister erklärt? Oder raubt das Coronavirus den „Reds“ den ersten Meistertitel seit 30 Jahren? Gibt es in den englischen Profiligen heuer keine Absteiger? Wilde Spekulationen darüber, ob, wie und wann die derzeit unterbrochene Saison zu Ende gespielt werden könnte, bestimmen den englischen Fußball- und Medienzirkus.

Bis zum 4. April sind die Premier League, die zweithöchste Spielklasse Championship sowie darunter die League One und die League Two vorerst ausgesetzt. Dass man dann schon wieder spielen kann, glaubt aber niemand ernsthaft. Die Spiele werden wegen der weltweiten und momentan vor allem in Europa wütenden Coronavirus-Pandemie möglicherweise viel länger ausfallen als geplant.

„Der Gedanke, dass wir bis dahin (4. April, Anm.) wieder spielen, ist lächerlich“, zitierte die britische Zeitung „The Independent“ am Samstag eine nicht näher genannte Quelle, die dem Nationalen Sicherheitsrat (COBRA) nahestehen soll. Es könnte dem Bericht zufolge zu einem „Fußball-Shutdown“ bis mindestens September kommen.

In den COBRA-Sitzungen beraten Regierungsmitglieder und Experten über die Bekämpfung des Virus. Beim letzten Treffen räumten die Teilnehmer laut „Independent“ ein, dass die Situation und die Folgen für den Fußball unterschätzt worden seien.

Solidarität vielleicht bei Liverpool, aber nicht im Keller

Die englische Tageszeitung „Telegraph“ wiederum will wissen, dass alle Clubs der Premier League dazu bereit wären, wenn nötig die Liga für beendet zu erklären und gleichzeitig den mit 25 Punkten Vorsprung führenden Tabellenführer Liverpool zum Meister zu küren. Die meisten Clubchefs würden nicht davon ausgehen, dass eine Wiederaufnahme der Saison nach dem 4. April sinnvoll ist.

Im Tabellenkeller wäre es mit Solidaritätsüberlegungen allerdings vorbei. Wer die Milliardenliga nach unten verlässt, kann mit Sicherheit nicht von den Clubs bestimmt werden. Aktuell belegen Norwich, Aston Villa und Bournemouth die drei Abstiegsplätze, allerdings haben Watford und West Ham 27 Punkte – gleichauf mit Bournemouth. Als wahrscheinlichste Lösung kristallisiert sich nun offenbar heraus, für diese Saison die Abstiege komplett auszusetzen.

Kenny McLean (Norwich City) und Declan Rice (West Ham United)
Reuters/Action Images/Matthew Childs
West Ham und Norwich wären unter normalen Umständen mitten im Abstiegskampf

Krisensitzung nächste Woche

West-Ham-Vizepräsidentin Karen Brady plädiert überhaupt dafür, die gesamte Saison für null und nichtig zu erklären – auch wenn das für Liverpool „ein enormer Schlag“ wäre, wie Brady in der Boulevardzeitung „The Sun“ betonte. Die Vorstellung, die Liga in den nächsten Wochen fortsetzen zu können, kommt für die West-Ham-Funktionärin aus dem „Traumland“. Man müsse der Saison vorzeitig ein bitteres Ende setzen, das sei aus verschiedenen Gründen alternativlos.

Und diese Maßnahme forderte Brady für alle vier Profiligen. Die einzige Chance, die Saison zu Ende zu spielen, sehe sie darin, die Fußball-EM 2020 sofort abzusagen und damit den nationalen Ligen Zeit in den Sommer hinein zu verschaffen. Allerdings habe man in diese Überlegung den FA-Cup, die Europa League oder Champions League noch gar nicht miteinbezogen. Nächste Woche werden die Premier-League-Chefs und Clubs jedenfalls alle Optionen diskutieren.