Wayne Rooney (Derby County)
AP/Rui Vieira
Fußball

Kritik an Englands Krisenmanagement

In Englands Fußballwelt hat sich Kritik an den bisher nicht lückenlosen und zum Teil späten Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus breitgemacht. Allen voran Wayne Rooney ging mit Politik und den Verantwortlichen der englischen Ligen scharf ins Gericht. In der National League, der fünften englischen Liga, wurde am Wochenende immer noch gespielt, was bei den betroffenen Trainern erst recht auf Unverständnis traf.

Die Premier League, die zweitklassige Championship und auch die dritte und vierte Liga hatten ihren Spielbetrieb vor dem Wochenende bis mindestens Anfang April ausgesetzt – zu spät laut Rooney. „Warum haben wir bis Freitag gewartet? Warum musste erst (Arsenal-Trainer) Mikel Arteta krank werden, damit im englischen Fußball das Richtige getan wird?“, fragte Rooney, der als Spieler-Trainer bei Zweitligist Derby County unter Vertrag steht.

In einer Kolumne der Zeitung „The Times“ beklagte Rooney, dass die Entscheidung, den Spielbetrieb zu unterbrechen, viel zu spät gefallen sei. „Bis dahin hatte man das Gefühl, Fußballer in England wurden wie Versuchskaninchen behandelt“, schrieb der frühere Nationalspieler.

Fehlende Führungsqualität

„Der restliche Sport – Tennis, Formel 1, Rugby, Golf, Fußball in anderen Ländern – alles wurde gestoppt, und uns wurde gesagt, wir sollen weitermachen. Ich glaube, viele Fußballer haben sich das gefragt: Hat das irgendwas mit dem Geld zu tun, um das es hier geht?“, so Rooney.

Der 34-Jährige warf der britischen Regierung, dem Fußballverband FA und der Premier League fehlende Führungsqualität vor und kritisierte auch Premierminister Boris Johnson. „Was er zum Sport gesagt hat, war: ‚Wir treffen später eine Entscheidung‘“, schrieb Rooney. „Da dachte man: ‚Er ist ausgewichen, er hat der FA und der Premier League die Entscheidung überlassen.‘ Als die FA und die Premier League auch keine Entscheidung gefällt haben, war ich nicht überrascht. (…) Ich fand es typisch dafür, wie die Dinge im Fußball geregelt werden.“

Erst nachdem bekanntgeworden sei, dass sich Arsenal-Coach Arteta infiziert habe, hätten die Verantwortlichen gehandelt. Dass zuvor bei drei Spielern von Leicester City über Symptome berichtet worden sei, habe offenbar nicht genügt. Leicester sei offenbar „nicht groß genug, um für Chaos zu sagen“, monierte Rooney. „Aber sobald größere Clubs wie Arsenal betroffen sind, fällt endlich eine Entscheidung.“

Verärgerung in National League

Auch die Trainer der kleinen Clubs der National League gaben sich besonders verärgert darüber, dass trotz der Coronavirus-Pandemie noch immer weitergespielt wird. „Wir müssen uns nicht in diese Lage bringen und trotzdem machen wir es, das ist bescheuert“, sagte John Pemberton, der Trainer des Chesterfield FC, am Samstag dem Sender BBC.

Chesterfield hatte ein Auswärtsspiel im mehr als 200 Meilen entfernten Dover bestritten. „Wir haben alle Familien“, betonte Pemberton. „Ich habe einen 81 Jahre alten Vater, der allein lebt, und ich kann ihn jetzt nicht besuchen, weil ich nicht weiß, wo wir stehen.“

„Nicht die Zeit, um zu streiten“

Auch Alan Devonshire, Coach von Maidenhead United, gab sich irritiert. „Man muss fragen, warum die National League das nicht auch getan hat“, sagte er mit Blick auf den Stopp in den anderen englischen Ligen. Eastleigh-Trainer Ben Strevens kritisierte die Verantwortlichen noch schärfer: „Der Grund, warum weitergespielt wurde, ist, dass jemand im Vorstand der National League nur ans Geld denkt. Sie interessieren sich nicht für das Wohlbefinden der Zuschauer.“

Ligaboss Michael Tattersall wies die Kritik zurück. „Jetzt ist wirklich nicht die Zeit, um zu streiten. Es ist Zeit, zu reflektieren, was in unserer Gesellschaft passiert“, teilte Tattersal mit. „Die National League prüft weiterhin, ob die Saison fortgesetzt wird.“

Einige Clubs sagten ihre Partien am Wochenende selbst ab und begründeten das mit Fällen von Selbstisolation im Kader oder möglichem Kontakt zu Infizierten innerhalb der letzten Wochen. Britische Medien rechnen damit, dass der Spielbetrieb in der kommenden Woche auch in der National League gestoppt wird.