Silhoutte einer Person im UEFA hHauptquartier in Nyon
Reuters/Denis Balibouse
Fußball

UEFA berät über Weg aus der Krise

Im Schatten der Coronavirus-Krise stehen am Dienstag richtungsweisende Entscheidungen für Europas Fußball an. Beim UEFA-Krisenmeeting wird unter anderem über eine Verschiebung der EM 2020 beraten, außerdem geht es um die Fortführung der Europacup-Bewerbe und der nationalen Ligen. Am frühen Nachmittag besprechen die 55 Mitgliedsverbände via Telefonkonferenz die aktuelle Situation.

Derzeit sind in Europa nahezu alle Meisterschaften unterbrochen, darunter auch die fünf Topligen England, Spanien, Deutschland, Italien und Frankreich. Die österreichische Bundesliga pausiert ebenso wie die Champions League und die Europa League.

Um diese Bewerbe eventuell doch noch zu Ende zu bringen, ist eine Verschiebung der EM unumgänglich. Auch die Tatsache, dass die Endrunde in zwölf Ländern quer über den Kontinent bis nach Asien (Baku) ausgetragen wird, spricht klar für eine Verlegung. Zudem stehen vier EM-Starter noch gar nicht fest, weil die Play-offs für Ende März angesetzt sind – die Absage dieser Partien ist zwar noch nicht offiziell, aber nur ein Formalakt.

Winter oder doch Juni 2021?

Zuletzt wurde über eine Verlegung auf Juni 2021 spekuliert. In diesem Fall würde es eine Terminkollision mit der von der FIFA geplanten, finanziell lukrativen Club-WM geben. Wohl auch aus diesem Grund kamen aus den Ländern der größten Vereine Gerüchte über eine EM-Austragung im Winter. Dafür müsste jedoch der Spielplan der Saison 2020/21 massiv geändert werden, zudem scheint der Termin wegen der Witterungsbedingungen Mitte Dezember etwa in St. Petersburg wenig attraktiv.

Der Chef des Organisationskomitees in St. Petersburg, Alexej Sorokin, brachte aber Russland als Ersatzgastgeber ins Gespräch. „Wir sind für einen Schulterschluss bereit“, sagte Sorokin russischen Medien zufolge. „Wir müssen zunächst darüber diskutieren, wie das Format aussehen könnte und wie viele Spiele stattfinden könnten.“ Die endgültige Entscheidung werde die UEFA treffen, meinte Sorokin. „Es besteht einfach die Bereitschaft Russlands, in der schwierigen Situation zu helfen, in der sich die Organisatoren womöglich befinden.“

Grafik zur Gruppenauslosung der EM2020
Grafik: ORF.at/APA

Enges Zeitfenster für Europacup und Ligen

Wann und wo auch immer die EM ausgetragen wird – ihre Verlegung weg vom Sommer 2020 garantiert noch lange nicht, dass alle nationalen und internationalen Bewerbe zu Ende gespielt werden können. Im Moment gilt überwiegend eine Aussetzung der Spiele bis Anfang April, eine Wiederaufnahme um Ostern herum ist aber nach derzeitigem Stand illusorisch.

Nimmt man die NBA als Gradmesser – die nordamerikanische Basketballprofiliga geht von einer Pause bis mindestens Juni aus –, dann bleiben die nationalen Meisterschaften wohl unvollendet. Und selbst wenn die UEFA tatsächlich festlegt, die Europacup-Viertelfinali in einem Match auszutragen und anschließend die Titel in Miniturnieren mit je vier Teilnehmern zu vergeben, würde es dafür nur ein enges Zeitfenster geben.

Clubs droht finanzielle Schieflage

Genau das bringt die Clubs in massive Bedrängnis. Durch die Streichung der Spiele fehlt die Geschäftsgrundlage, europaweit ist bereits von Verlusten in Milliardenhöhe die Rede. In Deutschland warnten Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge und Dortmund-Chef Hans-Joachim Watzke vor massiven Problemen vor allem für kleinere und mittlere Vereine, in Österreich forderten die beiden Rapid-Geschäftsführer Zoran Barisic und Christoph Peschek bereits Unterstützung durch die öffentliche Hand.

Und schließlich stellt sich noch die Frage, wie man im Fall des Falles mit abgebrochenen Meisterschaften umgeht. Dabei geht es darum, ob es einen offiziellen Meister und Absteiger geben soll, selbst wenn nicht alle Runden ausgetragen wurden. Auch die Vergabe der Europacup-Plätze wäre dann offen.

Nationale Diskussionen vorprogrammiert

In diesem Zusammenhang entwickelte sich beispielsweise in England die Diskussion, ob man Liverpool den Titel auch bei einer Absage zusprechen sollte. Die „Reds“ haben derzeit 25 Punkte Vorsprung, sie könnten aber durch die jüngsten Entwicklungen theoretisch um die lange herbeigesehnte erste Meisterschaft seit 30 Jahren umfallen.

In Österreich wäre bei einem kompletten Saisonabbruch wohl vor allem der LASK der Leidtragende. Die Linzer führen nach dem Ende des Grunddurchgangs die Tabelle der tipico-Bundesliga an und hätten zudem noch einen attraktiven Europacup-Auftritt vor sich. Selbst wenn das Auswärtsspiel gegen Manchester United nach der 0:5-Niederlage im Achtelfinal-Hinspiel der Europa League nur noch statistischen Wert hat, würden die Oberösterreicher wohl schon alleine aus Prestigegründen ungern auf ein Gastspiel im Old Trafford verzichten.